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„Hey, Schlafmütze“, flüsterten Jennas bleiche Lippen.

Die Panik überrollte mich wie ein startender Düsenjet. Brüllend schoss ich hoch, während sich meine Hände in irgendetwas Weiches krallten. Dann riss ich die Augen auf.

Neben mir hockte Kalyn und wedelte duftende Schwaden, die aus einem riesigen Topf aufstiegen, in meine Richtung.

„Meine Güte, bist du schreckhaft“, kommentierte sie meine Reaktion. „Vielleicht sollten wir beim nächsten Mal das Aphrodisiakum weglassen.“

Innerhalb einer Sekunde erstarrte meine Haut zu Eis. Aber nur, um sich in der nächsten in glühendes Metall zu verwandeln. Eine halbe Ewigkeit stürzte mein Körper von höllischem Feuer in ewigen Frost und wieder zurück.

Bis mir Kalyn sanft ihre Hand auf die Stirn legte.

„Ich hatte auf das Zeug auch schon eine paradoxe Reaktion“, stellte sie besorgt fest, „aber das ist echt heftig.“

So langsam bekam ich mich wieder in den Griff. Dann musste ich unwillkürlich den Kopf schütteln. Ich hatte gerade den abgedrehtesten Albtraum des Jahrhunderts durchlebt! Nur fühlte ich mich noch nicht in der Lage, Kalyn den heißen Kaffee abzunehmen.

„Meine Fresse“, begann ich vorsichtig, „was war das denn?“

Mein Gehirn drehte sich immer noch wie ein Brummkreisel, während ich versuchte das Ganze irgendwie einzuordnen. Wenn ich jetzt Kalyn eröffnen würde, dass ich Jenna im Traum aufgeschlitzt hatte, um an ihre Leber zu kommen, dann landete ich bestimmt in der Klapsmühle. Zumal ich bis auf ein paar verwirrende Bilder absolut keine Ahnung hatte, was auf unserer Privatparty passiert war. Und das hatte sie nun wirklich nicht verdient.

„Die vergangene Nacht, mein Freund“, ließ Kalyn mich wissen, „war ‚The hottest Night ever‘.“

Sie schlang sich ihren halb durchsichtigen Morgenmantel um den Körper, dann stellte sie den Kaffee auf den Nachtisch. Dabei mischten sich die bitteren Aromen mit dem betörenden Duft ihres Shampoos. Offensichtlich hatte sie gerade ausgiebig geduscht, denn ihre nassen Haare waren in ein Handtuch gewickelt.

„Wenn ich es mir recht überlege, dann war das mit dem Stimulans totaler Quatsch“, fügte sie hinzu. Dann kicherte sie mädchenhaft und wackelte mit ihrem kleinen Hintern hin und her. „Wenn wir das weggelassen hätten, dann würde jetzt meine Muschi nicht brennen wie Feuer und meine Nylons wären wohl auch ganz geblieben.“

„Genau!“, pflichtete ich ihr bei, obwohl ich überhaupt nicht wusste, was ich mit ihr – oder sie mit mir – eigentlich angestellt hatte.

„Vielleicht führst du dich dann auch nicht auf wie ein Tier und lässt es ein bisschen langsamer angehen“, fuhr Kalyn fort. Sie runzelte nachdenklich die Stirn und leckte sich langsam mit der Zungenspitze über die Lippen. „Aber verdammt geil war es trotzdem.“

Endlich schaffte ich es, einen Schluck Kaffee zu trinken. Er schmeckte hervorragend und vermittelte mir sofort das Gefühl von Normalität. Nun fehlte nur noch eine heiße Dusche, dann wäre der Horrortraum bestimmt schnell vergessen.

„Und jetzt ab ins Badezimmer!“, kommandierte Kalyn, als hätte sie meine Gedanken erraten. „So solltest du dich besser nicht draußen sehen lassen.“ „Ich habe dir außerdem ein paar vernünftige Klamotten besorgt“, fügte sie hinzu. „Ich nehme an, dass du nicht als Zombie nach Hause wandeln willst.“

„Keinesfalls, Mutti“, bestätigte ich scherzhaft.

Als Antwort warf Kalyn mit einem Kissen nach mir. „Du bist ein Blödmann“, kicherte sie.

Keine Minute später prasselte der heiße Schauer über meinen Rücken und spülte die vergangene Nacht förmlich aus meinem Körper. Wie hatte ich auch nur eine Sekunde ernsthaft glauben können, dass ich fähig wäre, einen Menschen zu ermorden. Schließlich war ich angetreten, um Gutes zu tun und anderen zu helfen. Nur fühlte sich der Traum bedrohlich real an. Jedenfalls als ich noch mitten in ihm gefangen war. Sicher würde ich jedes Mal, wenn mir Jenna über den Weg lief, daran denken müssen.

Genau wie an unsere schräge Aufnahmeprüfung.

Bei dem Gedanken an das Stückchen Leber, das ich mit meinen Zähnen zwischen ihren Schenkeln hervorziehen musste, bekam ich sofort wieder einen Ständer. Hektisch fummelte ich so lange am Wasserhahn herum, bis mir der eiskalte Schauer die Erregung aus dem Kopf blies. Was, verdammt, war nur mit mir los? War das wirklich bloß ein äußerst verwirrender Traum oder vielleicht der Beginn einer ernsthaften psychischen Störung?

Vorsichtshalber wiederholte ich die Heiß-Kalt-Prozedur noch so lang, bis alles langsam verblasste. Sichtlich entspannt trocknete ich mich anschließend ab und zog die Klammotten über, die Kalyn besorgt hatte.

Gerade als ich das Badezimmer verließ, klopfte es.

„Hey Kalyn, hey Alex.“ Vor der Tür stand Audrey, eine von Kalyns Freundinnen, und hatte die Stirn in besorgte Falten gelegt. „Sagt mal, habt ihr zufällig Jenna gesehen?“

„Nein, wieso?“, gab Kalyn arglos zurück. Dann drehte sie sich zu mir herum und schenkte mir einen verheißungsvollen Augenaufschlag. „Wir sind die ganze Nacht hier nicht herausgekommen.“

„Na ja …“, fuhr Audrey nachdenklich fort, „als ich vorhin nach ihr sehen wollte, war sie weg.“ „Wir haben schon das ganze Haus auf den Kopf gestellt, aber nirgendwo eine Spur von ihr gefunden.“

Das war der Moment, in dem sich der Boden unter mir öffnete.

Zerrissen - Das Böse in mir

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