Читать книгу Zerrissen - Das Böse in mir - J.S. Ranket - Страница 9
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ОглавлениеIrgendwann in der Nacht erwachte ich mit einem unbestimmt seltsamen Gefühl. Vorsichtig löste ich mich aus Kalyns Umarmung, streifte mir Owens zerfetzte Hosen über und verließ leise das Zimmer.
Im ganzen Haus herrschte eine gespenstige Ruhe. Nur der Geruch nach schalem Bier und kalten Joints zeugte davon, dass hier vor Kurzem noch eine irre Party im Gange war. Etwas trieb mich im Zwielicht den Flur entlang. Irgendetwas Dämonisches, das bereits vorhin in Kalyns Schoß von mir Besitz ergriffen hatte und jetzt die Führung übernahm.
Immer wieder erschien mir Jennas halbnackter Körper, zwischen dessen Schenkeln das blutige Stückchen Leber steckte, und der mich nun anzog wie ein Magnet. Gerade als ich an der großzügig ausgestatteten Küche vorbeikam, legte sich eine dunkle Wolke wie ein schützender Mantel um mich. Doch statt davor zurückzuschrecken, fühlte ich mich plötzlich unbesiegbar. So wie ein Phantom, das keine Gegner fürchten musste.
Mit schlafwandlerischer Sicherheit fand ich auch sofort die Schublade mit den Messern und wählte das, das mir für meine Zwecke am geeignetsten schien. Auch war Jennas Zimmer nicht zu verfehlen. Irgendjemand hatte einen großen Zettel mit dem Wort Freshman auf das Holz geklebt.
Lautlos öffnete ich die Tür.
Sie lag auf dem Bett, hatte sich die Decke fast weggestrampelt und offensichtlich immer noch mit den Folgen des Alkohols zu kämpfen. Eine fürsorgliche Freundin hatte dafür vorsichtshalber vor ihrem Bett einen Eimer platziert.
Mit kribbelnder Erregung trat ich näher. Dann zog ich Zentimeter für Zentimeter das Laken von dem halbnackten Körper.
Jenna trug noch immer die hautfarbene Unterwäsche. Ihre Brust hob sich stetig im Rhythmus ihres Atems, so dass ihre zarten Nippel unter dem Stoff immer wieder einen flachen Schatten auf die weiche Haut ihres Bauches warfen. Es würde nicht sonderlich schwer werden, die richtige Stelle zu finden.
Trotzdem musste ich sicher sein, dass ich keine verräterischen Spuren hinterließ.
Genetisches Material war da noch das geringste Problem. Sicher würden jede Menge Leute bestätigen, dass ich während des Aufnahmerituals Jennas Körper förmlich abgeleckt hatte. Da war es nur logisch, wenn man meine DNA auch in ihrem Zimmer fand. Aber das mit dem Blut war eine ganz andere Sache.
Eine breite Schleifspur bis zum Parkplatz, von dem aus ich Jenna auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen würde, konnte ich mir nicht leisten. Deshalb hob ich prüfend den großen Bettvorleger an. Aber die gummierte Unterseite erschien mir nicht dicht genug. Schnell eilte ich zurück in die Küche und kehrte kurz darauf mit zwei großen Müllsäcken zurück, die ich anschließend überlappend auf den kleinen Teppich legte.
Jetzt musste ich nur noch entscheiden, wo es passieren sollte.
Wenn ich Jenna lebend auf den Boden legte, bestand die Gefahr, dass sie aufwachte und das ganze Haus zusammenbrüllte. Doch im Bett waren Spritzer kaum zu vermeiden.
Außer wenn ich sie mit dem Laken auffing.
Vorsichtig rollte ich das Tuch zu einem dicken Ring zusammen und platzierte es auf Jennas Brust. Dann atmete ich tief ein und zählte lautlos die kleinen Täler zwischen ihren Rippen. Irgendwo hatte ich einmal gelesen, dass der Mensch eine natürliche Tötungshemmung besitzt. Nur eigenartigerweise spürte ich davon nichts. Im Gegenteil. Ich konnte es kaum erwarten, ihr Innerstes mit eigenen Augen zu sehen und davon zu kosten.
Wie von selbst drang die blitzende Klinge bis in ihr Herz. Jenna kam nicht mehr dazu, die Augen auf zuschlagen. Ihr schöner Körper zuckte noch ein paar Mal im fahlen Mondlicht, dann war es vorbei.
Aber das war lediglich die Ouvertüre, die eigentliche Sinfonie stand noch bevor.
Unendlich langsam zog ich den kalten Stahl aus der bleichen Haut. Das schlierige Blut, das daran klebte, erinnerte mich dabei an die leckere Kirschmarmelade meiner Großmutter. Es bildete ebenfalls einen roten Film auf meinem Brötchenmesser. Jedenfalls solange, bis ihn ableckte.
Zum Glück hatte meine Vorsichtsmaßnahme funktioniert, so dass ich nur ein schmales Rinnsal von Jennas Brust wischen musste und das Bett war sauber geblieben war. Dann ließ ich sie behutsam auf die Müllsäcke gleiten.
Ein Rippenbogenrandschnitt diente früher dazu, sich Zugang zu einer entzündeten Gallenblase zu verschaffen. Doch er wird heutzutage, im Zeitalter der minimalinvasiven Eingriffe mit einem Endoskop, nur noch sehr selten angewendet. Allerdings erwies er sich für meine Zwecke als geradezu perfekt. Ich musste ihn nur großzügig nach links und zum Nabel hin erweitern. Dann lag Jennas Leber vor mir. Fast wie in einer Fischhalteverpackung im Fleischregal.
Nachdem ich meinen Hunger gestillt hatte breitete sich eine fast schon meditative Befriedigung in mir aus. So, als würde ich unter dem Sternenzelt in einem warmen Whirlpool treiben. Ein bisschen verwundert stellte ich fest, dass ich überhaupt keine Schuldgefühle hatte. Es war, als wären sie einfach ausgeschaltet worden. Darum ging ich auch völlig unbeschwert in das Badezimmer, um mich zu säubern. Das besudelte Handtuch und das Laken könnte ich ja gleich zusammen mit Jenna verschwinden lassen.
Vorsichtig spähte ich anschließend auf den leeren Flur. Es war immer noch dunkel, auch wenn ein winziges Fitzelchen Grau die nahende Dämmerung ankündigte. Nun durfte ich keine Zeit mehr verlieren.
Ich packte den Teppich, auf dem Jennas bleicher Körper lag, und zog ihn in Richtung der hinteren Treppe. Eigenartigerweise hatte ich überhaupt keine Angst, dabei überrascht zu werden. Nur mit Mühe konnte ich der Versuchung widerstehen, ein fröhliches Liedchen zu pfeifen.
Jetzt musste ich auf dem Parkplatz nur noch ein geeignetes Fahrzeug finden. Aber auch das dürfte nicht sonderlich schwer werden. Recht viele Studenten versteckten ihre Schlüssel vorsichtshalber in kleinen Kästchen, die sie hinter die Stoßstangen oder an den Unterboden pappten. Und zwar bevor sie im Suff verlorengingen.
Gerade als ich die halbe Treppe bewältigt hatte, kam die sterbliche Hülle auf den glatten Mülltüten ins Rutschen. Verzweifelt versuchte ich den Fall zu bremsen, doch dann verlor ich das Gleichgewicht. In einem wirren Knäul stürzten wir die Stufen hinab. Bis ich direkt auf Jenna liegenblieb.
Ich starrte in ihre toten Augen, während mir aus ihrem leicht geöffneten Mund ein Hauch von Kaffee entgegenschlug.
Und zwar von frisch gebrühtem Kaffee!