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a)Betriebliche Mitbestimmung

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Nachdem 1848 erste politische Versuche des Volkswirtschaftlichen Ausschusses der Paulskirche ein Mitbestimmungsgremium zu schaffen, nicht umgesetzt worden waren, kam es erst Jahrzehnte später zu einer Mitwirkung der Arbeitnehmer auf betrieblicher Ebene. Die 1891 novellierte Gewerbeordnung sah auf freiwilliger Basis zu errichtende Arbeiterausschüsse mit ganz begrenzter Kompetenz in Betrieben mit mindestens 20 Arbeitern vor.189 Eine obligatorische Einrichtung derartiger Ausschüsse sah das 1916 geschaffene Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst190 vor. Das Gesetz enthielt Vorschriften über die Gründung von Arbeiter- und Angestelltenausschüssen in Betrieben, die Schaffung eines Systems paritätisch besetzter Schlichtungsausschüsse sowie die Erweiterung gewerkschaftlicher Kompetenzen. § 11 des Hilfsdienstgesetzes regelte, dass alle Betriebe mit mindestens 50 Arbeitern oder 50 Angestellten Arbeiter- und/oder Angestelltenausschüsse einzurichten hatten. Diesen Ausschüssen oblag es nach § 12, das gute Einvernehmen innerhalb der Arbeiterschaft des Betriebs und zwischen der Arbeiterschaft und dem Arbeitgeber zu fördern. Die Arbeiter- und Angestelltenausschüsse waren befugt, sich zu Lohn- und Arbeitsbedingungen zu äußern.191 Zudem sah § 13 eine Konfliktlösung durch Anrufung eines Schlichtungsausschusses vor. Die Bestimmungen des Hilfsdienstgesetzes bedeuteten einen „neuen Eckpfeiler in dem System organisierter Mitwirkung der Arbeiterschaft in den Fragen des Arbeitsverhältnisses“192 und können rückblickend als Fundament eines modernen Betriebsverfassungsrechts bezeichnet werden.193

Mit der Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 und der Etablierung der parlamentarischen Demokratie ging auch die Niederlage der Rätebewegung einher. Die damalige Reichsregierung wollte dennoch die revolutionären Tendenzen der Rätebewegung auffangen und sah in Art. 165 Abs. 2 WRV eine hierarchische Organisation von Arbeiter- und Wirtschaftsräten (Rätesystem) vor, welche dann aber nicht vom Gesetzgeber umgesetzt wurde.194 Das Betriebsrätegesetz vom 04.02.1920195 blieb vielmehr erheblich hinter den Forderungen der Rätebewegung zurück.196 Die Betriebsräte nach dem Betriebsrätegesetz waren eine Fortentwicklung der vor 1918 geschaffenen Arbeiterausschüsse.197 Die Befugnisse der Betriebsräte überschritten die Befugnisse der Angestelltenausschüsse im Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst von 1916198 und das BRG schaffte für Betriebe ab einer Größe von 20 Beschäftigten die Verpflichtung, Betriebsräte wählen zu lassen.

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