Читать книгу Reich mir den Apfel, Eva! - Julianne Becker - Страница 13
Wir müssen mal über GOTT reden
ОглавлениеAls mein neuer Drache mit dieser Buch-Idee das erste Mal vorbeikam ("Lass uns doch mal über den Garten Eden schreiben."), ging es da draußen in der Welt grade auch wieder um Gotteskrieger, die sich ISIS nannten oder kurz IS. Und wie viele andere fragte ich mich, ob es da tatsächlich eine Instanz über uns gibt, die helfen, einschreiten und das Drama endlich beenden könnte. Sollte ich zu ihm beten? Ich wollte endlich Frieden auf der Welt! Und ich wünsche mir, dass alle miteinander gedeihen, Menschen, Natur und Erde. Genug ist genug! Wie lange wollte Gott da noch zusehen? Es wurde doch Zeit! Aber hatte Gott sich jemals eingemischt, und wenn er es heute täte, auf welcher Seite stände er? Oder hat er immer schon mitgespielt und wir haben es nicht bemerkt?
Wenn ich von Frieden und Beten spreche, so nenne ich dieses Höhere Wesen 'Gott' und nicht 'GOTT', weil ich da zwei ganz unterschiedliche Instanzen wahrnehme, die beide in der Bibel auftauchen und gemischt werden. Da ist einerseits diese Quelle von allumfassender Weisheit und Liebe (Gott) und andererseits eine brutale, narzistische Herrscherpersönlichkeit (GOTT der HERR), der absoluten Gehorsam fordert und den man um Gnade anflehen muss. Vielleicht ist dir auch schon dieser krasse Unterschied aufgefallen.
Martin Luther war ein großer Genius, der die Menschen aus einer engen und dunklen mittelalterlichen Vorstellung von Religion befreite. Luthers wichtigste These war: Jeder hat in sich selbst eine Verbindung zu Gott, er braucht keine Mittelsmänner da draußen. Luther dachte dabei an alle, die die Bibel auslegten, wie es für sie gerade günstig war, und die den Gläubigen dann das Blaue vom Himmel erzählten. Vor allem aber wetterte er gegen den Ablasshandel. Die einfachen Leute hatten bis dahin keine Chance, selbst das Buch der Bücher zu lesen. Alles wurde ihnen von der Kanzel nacherzählt. Und weil Luther wollte, dass jeder selbst das heilige Buch lesen sollte, setzte sich dieser mutige Ketzer jahrelang daran, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Er warf auch alle Heiligenstatuen raus aus den Gotteshäusern mit der Behauptung, alle Menschen seien bereits heilig, auch da brauche man keine Anbetung oder Vermittlung durch ganz besondere Menschen.
In diesem Sinne fühle ich mich immer noch als evangelischer Protestant, obwohl ich aus der Kirche schon lange ausgetreten bin. Ich tat dies, weil ich Luther in diesem Punkt noch ernster genommen habe: Dass es nichts zwischen dieser liebenden Schöpfungsinstanz in meinem Inneren (Gott) und mir geben sollte. Auch kein Buch und keine netten Interpretationen von der Kanzel.
Du merkst, wir müssen über Gott reden. Und ich will dieses Alles-Was-Ist mal weder Gott noch Allah nennen, denn in diesem Namen sind schon viele grausamen Dinge passiert. Ich nenne dieses allumfassende, liebende und nährende Wesen, dem wir unsere Existenz verdanken, das wunderbare, schöpferische Universum oder die Quelle allen Seins. Die meisten Menschen kennen dieses Gefühl von erhabener Großartigkeit und staunender Ehrfurcht und Liebe zu der ganzen Schöpfung, es hat sie vielleicht ergriffen bei der Betrachtung des Sternenhimmels oder des Grand Canyon. Und sie erlebten eine ganz große Verbundenheit mit allem was ist. Seitdem wissen sie, dass es da mehr gibt, eine erste Ursache, die Quelle allen Seins.
Und vor dieser verneige ich mich ausdrücklich in großer Dankbarkeit und Zuneigung. Ich fühle mich innig mit ihr verbunden, getragen und genährt. Ich empfinde sie als umfassende Liebe und grenzenloses Urvertrauen. Wenn ich in sie eintauche, bin ich Zuhause. Ich verdanke ihr alles. Und ihr gedenke ich in großer Dankbarkeit.