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Es war einmal ... eine Quelle

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Wer davon trank, erlangte Unsterblichkeit. Sie war die Quelle für allumfassende Liebe, allumfassendes Wissen und vollkommene Gesundheit. Als sich die Nachricht herumgesprochen hatte, suchten natürlich viele Menschen nach dieser Quelle und tranken davon. Die meisten starben auf der Stelle. Aber immer mal wieder schaffte es ein Mensch, den Trunk zu überstehen und lebte von da an glücklich und zufrieden.

Die Menschen fragten jeden, der es geschafft hatte: "Sag, wie hast du das gemacht?"

Die Trinker wurden zu Gründern einer Religion oder Sekte und ihre ersten Anhänger leiteten aus den Berichten Rezepte ab, wie es anderen auch gelingen könnte, den Trunk zu überleben und damit unsterblich zu werden. Die Rezepte sollten Körper und Geist so vorbereiten, dass es ganz sicher war, von der Quelle des Lebens zu trinken. Mit der Zeit entwarfen sie große Lehrgebäude zur Vorbereitung darauf. Es entstanden heilige Bücher und Kommentare und Rituale dieses Glaubens. Doch leider stand bald die Verehrung (ihres Gründers und der Quelle selbst) im Vordergrund und die Menschen glaubten auch immer weniger, dass sie das auch selbst schaffen könnten. In ihren Gebeten ging es nur noch um alltägliche Angelegenheiten.

So kam es, dass die Quelle selbst mit der Zeit in Vergessenheit geriet. Denn als man die verschiedenen Glaubensgebäude errichtet hatte, versperrten sie auch die freie Sicht auf die Quelle. Irgendwann schloss sich sogar der weitläufige Kreis um sie herum ganz und keiner konnte mehr direkt zur Quelle, man brauchte nun den Gang durch die Häuser. Die Vorbereitungshäuser umgaben die Quelle mit einem Wall aus menschlichen Konzepten, Gedanken und Gefühlen, während im Innenhof das Wasser des Lebens weiter so vor sich hin sprudelte und auf die Menschen wartete. Jede Religion besaß ein Haus in der Runde und ohne ein solches zu durchqueren konnte nun keiner mehr zur Quelle gelangen. Bald kam man nicht einmal mehr auf die Idee, sie zu suchen!

Die Quelle war nun also vollständig umgeben von all diesen auch recht widersprüchlichen Systemen und sprudelte einfach so vor sich hin. Und in jedem Tempel, jedem Heiligtum, jeder Kirche, jeder Moschee, jeder Synagoge wurden die Menschen ein wenig anders darauf vorbereitet, durch die Hintertür hinaus in den sonnigen Innenhof zu treten und von dieser Quelle zu trinken. Denn die Quelle selbst war für alle gleich.

Im Laufe der Geschichte hatten es dann aber trotzdem nur ganz wenige Menschen geschafft, wirklich von ihr zu trinken. Und so vergaß man mit der Zeit die Tür und den Innenhof mit der Quelle in jeder Religion und dass sie der eigentliche Grund für die Religionsgründung gewesen war. Dafür rückte der Altar neben der Tür in den Mittelpunkt, um wenigstens ein gottgefälliges Leben zu führen, und dann stellte man in der unbenutzten Ecke vor der Tür auch immer mehr Zeugs ab. Einen Tisch für Kerzen, Räucherwerk und alles, was man sonst noch so für die wichtigen Rituale brauchte. Schließlich vergaßen die Menschen sogar, dass es da überhaupt eine Tür gab und dass es eigentlich um das Trinken aus einer Quelle ging. Noch später hielt man sogar die ganze Geschichte von der Quelle des Lebens, aus der man trinken könne, um das ewige Leben zu erlangen, für erfunden und belächelte diejenigen, die noch immer nach dem Gral suchten.

Alle Glaubenssysteme konnten nur vorbereiten. Das Gerümpel beiseite räumen, die Tür in seinem eigenen Glaubensgebäude finden, entschieden hinaustreten und von der Quelle trinken, das konnte ein jeder Mensch nur alleine, wenn er dazu bereit war und sich durch nichts und niemanden mehr davon abhalten ließ.

Mündliche Überlieferung nach Danaan Parry, spiritueller Lehrer, Atomphysiker und klinischer Psychologe, verstorben 1996.

Reich mir den Apfel, Eva!

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