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Warum Tüfteln?

Die Zukunft wird kreativ – so seid ihr bereit!

Sicher habt ihr euch auch schon mal die Frage gestellt, was ist es eigentlich, was unsere Kinder in der Schule lernen sollen? Worauf kommt es tatsächlich an? Klar: rechnen, schreiben, lesen – und dann? Was brauchen unsere Kinder, um ein gutes Leben zu führen? Wie entwickeln sie die Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit? Wir haben darauf eine Antwort: Kreativität!

Kreativität meint die Fähigkeit, Probleme von einer neuen Seite zu betrachten, Dinge anders einzusetzen, als ihr ursprünglicher Verwendungszweck war, und gelernte Schritte bewusst über den Haufen zu werfen.

Wenn wir kreativ sind, dann gestalten wir unsere Umgebung und erschaffen etwas Neues. Meist sind wir dabei von einer inneren Energie, einem Schaffensdrang angetrieben, der uns beflügelt, mehr Wissen und Können zu erwerben. Dies können wir dann sinnstiftend zu etwas Kreativem, Neuem verbinden. Und dabei muss es nicht immer gleich die nächste Marssonde sein, die wir erfinden – auch beim Backen oder bei der Gestaltung des Balkonbeetes können wir kreativ sein.

„Bei Kreativität geht es nicht einfach nur um künstlerisches Tun; vielmehr ist sie der Kern jeglicher Innovation“1, so Balder Onarheim, Professor für Kreativität an der Technischen Universität Dänemark.

Deshalb ist Kreativität auch unerlässlich für unser Überleben und dafür, dass wir uns ständig weiterentwickeln. Indem wir Dinge in neue Zusammenhänge setzen, gewohnte Nutzungen hinterfragen, neu kombinieren und weiterentwickeln, also indem wir frei herumtüfteln und experimentieren, erschaffen wir Neues.

Das Gute dabei: Wir Menschen sind von Natur aus kreativ. Das erleben wir auch regelmäßig in unseren Veranstaltungen, so z. B., als wir mit Kindern in einem unserer Workshops leuchtende Luftballons gebaut haben (das Projekt findet ihr auch hinten im Praxisteil). Während wir gerade ganz vertieft mit ein paar Kindern tüftelten, sahen wir, dass der fünfjährige Kolya neben uns aus den herumliegenden Materialien einfach ein leuchtendes Luftschiff baute – ohne dass ihn jemand dazu ermuntert hätte oder es eine Anleitung dafür gegeben hätte.


Jede und jeder hat die einzigartige Fähigkeit, sich Dinge auszudenken und vorzustellen, die bisher noch nicht existieren. Kreativität ist wie ein Muskel, den wir regelmäßig trainieren müssen, um in Übung zu bleiben, doch leider tun wir das in unserem Alltag viel zu wenig. Daher haben einige Vordenker erkannt, dass Schule genau der richtige Ort ist, um Kreativität zu üben und sich Methoden anzueignen, sie auch ein Leben lang zu erhalten. Diese wichtigen Zukunftskompetenzen werden auch als 21st Century Skills bezeichnet. Neben Kollaboration, selbstständigem Handeln und kritischem Denken zählen auch Kreativität und Digital-Kompetenzen dazu.

Dabei reichen Letztere über den reflektierten Einsatz von digitalen Medien hinaus. Es geht darum, die digitale Welt zu gestalten. Neben dem Verständnis über die Anwendung, also der Frage „Wie nutze ich das?“, und der Reflexion hinsichtlich der gesellschaftlichen Bedeutung, also der Frage „Wie wirkt das?“, umfasst die Gestaltungskompetenz auch die technische Perspektive, also die Frage „Wie funktioniert das?“. Entsprechend weit verbreitet ist die Forderung, die bisherigen drei Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen um die vierte Kulturtechnik des Programmierens zu ergänzen. Ziel ist es dabei nicht, dass alle Kinder später einmal Informatikerinnen werden. Wir erwarten ja auch nicht, dass unsere Kinder alle Schriftsteller werden, nur weil sie schreiben lernen. Vielmehr geht es darum, dass sie die grundlegenden Modelle des Programmierens verstehen und eigenständig Programme erstellen können, um in einer digitalen Welt gestaltend mitzuwirken.

Doch was genau sind die Bedingungen, die Voraussetzung dafür sind, dass es gelingt, Zukunftskompetenzen in die Schule zu integrieren, und wie stellt man das eigentlich an? Mit unseren Workshops liefern wir hier eine Antwort, wie diese neue Lernkultur umgesetzt werden kann.

Tüfteln. Eine neue Kultur des Lernens


Als wir 2015 mit unseren Tüftel-Workshops anfingen, wagten wir einen Blick in die Schule, und was wir sahen, beunruhigte uns: uniforme Tische und Stühle, in Reih und Glied ohne jegliche Materialien, die zum Bauen oder Experimentieren anregten. Zu der Zeit waren wir des Öfteren in FabLabs und Makerspaces unterwegs: kreative, offene Werkstätten mit einfachem Zugang zu Maschinen und einer einladenden Atmosphäre, um freudig draufloszutüfteln. Der Zugang zu verschiedenen Materialien und Maschinen einerseits sowie der Austausch mit Gleichgesinnten andererseits förderte eine kreatives Miteinander: Wir kombinierten leitfähige Garne mit Stoffen in Webmaschinen, wir experimentierten mit 3-D-Druckern und Lasercuttern und wir löteten verschiedenste Bauteile an Mikrocontroller. Es entstanden Kleidungsstücke, die zu blinken begannen, wenn sich Menschen näherten, Armbänder, die beim Händedrücken Sounds machten, oder einfach nur Nonsense-Maschinen, die zufällig Wasser spritzten. Warum? Einfach, weil es möglich war!

Und uns wurde klar: Kreativität braucht einen Raum, um sich zu entfalten. Es ist wichtig, einladende Umgebungen zu gestalten, die offen sind und in der Menschen angstfrei miteinander tüfteln und sich austauschen können oder auch mal für sich alleine werkeln.

Jetzt mag der eine oder die andere denken: Werkstätten zum Herumschrauben und Tüfteln haben doch bei uns schon sehr lange Tradition. Vom Werkbund haben bestimmt schon einige gehört. Er wurde bereits 1907 gegründet und die Werkstätten gibt es heute noch. Hier wurde zum Beispiel die Idee „form follows function“ umgesetzt.

Warum braucht es dafür jetzt englische Begriffe wie FabLabs oder Makerspaces? Ganz einfach: Zwischen Makerspace und der guten alten Schrauberwerkstatt besteht ein wesentlicher Unterschied: Bei den Makerspaces geht es immer auch um die Gemeinschaft. Die Devise lautet: Wir machen es gemeinsam! Inspiriert aus Amerika, ist die Maker-Kultur durchdrungen von einem offenen Ansatz des Teilens und dem freien Zugang zu Wissen und Maschinen für alle.

Im Gegensatz zu Patenten und Schutzrechten von Ideen hat sich daher in Amerika ein besonderes Lizenzmodell etabliert, das global gültig ist: Creative Commons Licences, was man frei mit Lizenzen des kreativen Gemeingutes übersetzen kann. Dahinter verbergen sich Standard-Lizenzverträge, mit denen ein Rechteinhaber umfassende verschiedene Nutzungsrechte einräumt. So wird es anderen möglich, das Werk in großem Umfang und sehr vielseitig zu verwenden. Das Gute daran: Damit können das Werk oder auch nur einzelne Teile und Inhalte wieder weiter genutzt, bearbeitet und verändert werden, ohne dass hierfür Gelder bezahlt werden müssen. Wenn wir also mithilfe von Scratch interaktive Geschichten programmieren oder Stop-Motion-Filme mit den Kindern gestalten, dann greifen wir hierbei oft auf Bildmaterial aus dem Internet zurück, das unter einer CC-Lizenz steht. So können wir die Dinge gut verwenden. Wenn wir eines gelernt haben, dann das: Egal, welche Frage wir haben – irgendjemand da draußen hat bestimmt schon mal vor einem ähnlichen Problem gestanden und seine Lösung dazu mit der Community geteilt.

In diesem Buch findet ihr Anleitungen, bei denen wir uns von Ideen anderer Makerinnen oder Tüftler haben inspirieren lassen und diese weiterentwickelt haben. Wir sind selbst super neugierig zu erfahren, wie ihr unsere eigenen Projekte angeht und was ihr daraus macht. Wir laden euch ein, unsere Beispiele zu verwenden und weiterzuentwickeln. Und wenn ihr Lust habt, uns zu schreiben, dann freuen wir uns riesig darüber, von euch Post zu bekommen, in der ihr eure Erfahrungen und Ergebnisse mit uns teilt.


Beim Tüfteln ist es essenziell, dass man ausprobieren und herumexperimentieren kann, um Erfahrungen zu machen und dabei ganz spielerisch zu lernen. Wir werden beim Tüfteln also jedes Mal auch wieder ein bisschen schlauer. Dabei hat das gemeinsame Herumtüfteln auch noch einen guten Nebeneffekt: Unsere Kinder erwerben dabei wichtige Kompetenzen, die ihnen später auch beruflich helfen, denn Dinge wie Teamfähigkeit, problemlösungsorientiertes Denken und Kreativität sind Schlüsselkompetenzen, auf die es im Berufsleben ankommt.

Routinearbeiten werden mehr und mehr von Robotern und Maschinen übernommen. Die Anforderungen an unsere Arbeitsplätze ändern sich in einem so rasanten Tempo, dass wir nicht wissen können, welche Berufe unsere Kinder einmal ausüben werden, denn die Hälfte der in Zukunft existierenden Berufe ist noch nicht einmal erfunden.

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kinder dazu befähigen, ihre schöpferischen Potenziale zu entfalten, und ihnen das Werkzeug an die Hand geben, die Welt kreativ mitzugestalten. Computer und Technologien sind in diesem Prozess wichtige Tools, die uns helfen können, unsere Fantasie zu beflügeln. Dabei ist wichtig, sie auch sicher und sinnvoll einzusetzen. Auf den kommenden Seiten geben wir euch dazu unsere Tipps und Empfehlungen.

Gemeinsam tüfteln statt einsam glotzen

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