Читать книгу Tod in Andeer - Juon Rita - Страница 12
Einige Wochen vorher
ОглавлениеBlanka sass am Schreibtisch und prüfte, ob Rechnungen zu bezahlen waren. Sie war nicht ganz bei der Sache, denn gleichzeitig lauschte sie in den Gang hinaus, um ihre Chefin beim Betreten des Hauses nicht zu verpassen.
Endlich. Sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und erkannte problemlos, dass die eintretende Person Marlene war. Ihre Schritte waren leichtfüssig, und die Duftwolke, die sie umgab und sich bald bis zu Blanka ausbreitete, verkündete, dass sie direkt aus dem Stall kam. Mit einigem Gerumpel tauschte sie die Stiefel gegen Hausschuhe aus. Blanka wusste, dass Marlene gern barfuss unterwegs gewesen wäre, aber die kalten Steinböden in den einen und die groben Holzriemen in den anderen Räumen liessen das nicht zu. Nun kündigten die Schritte an, dass Marlene aus dem Entrée in den weiten Flur hineintrat. Blanka erhob sich rasch, packte das dicke Couvert und stellte sich wortlos in den Gang.
Abrupt hielt Marlene inne. Blankas düsteres Gesicht und der Umschlag konnten nur eines bedeuten. «Post für Liese?», fragte sie.
Blanka nickte und überreichte ihr die Sendung.
Marlene bedankte sich und musterte die Anschrift: Liese Haller, c/o Marlene Bernard, Haus Rosales, Andeer. «Damit war zu rechnen», seufzte sie. «Roos hat bei ihrem Besuch im Frühling angekündigt, dass ihre Freundin Liese zwei, drei Sendungen erwarte, die sie hierherschicken lasse, damit Roos sie im Herbst mitnehmen könne.»
«Liese Haller?», fragte Blanka verächtlich.
«Ein Name ist so gut wie der andere», meinte Marlene achselzuckend. «Diese Person wird wohl kaum existieren. Die Sendungen sind für Roos selbst.»
Blanka biss die Zähne zusammen und nickte. «Sie geht ein grosses Risiko ein. Sie bringt uns damit in Gefahr.»
«Nein, ich denke nicht», widersprach Marlene.
«Und wenn plötzlich einer der Absender hier auftaucht?», wandte Blanka ein.
«Sie ist nicht dumm», meinte Marlene und strich ihr sanft über den Arm. «Ihr System ist raffiniert. Die Absender können die Verbindung zu uns nicht herausfinden. Roos weiss genau, dass wir sie nicht schützen würden, wenn wir selbst in Gefahr wären.»
Widerwillig musste ihr Blanka recht geben.