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Kapitel 2 Der Überfall der STYXX

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Wie vereinbart, trafen sich Marek und sein Vater nach der beschwerlichen Arbeit in den Plantagen am nächsten Abend erneut vor ihrer armseligen Wohnbaracke. Und auch der Rest seiner Familie war inzwischen wieder auf Horchposition gegangen, um jedweder Störung des Informationstransfers von Vater zu Sohn vorzubeugen.

Den ganzen Tag über hatte Marek-Than Mühe gehabt, seine wachsende Anspannung vor den STYXX-Wachmannschaften zu verbergen. Wobei zu seiner zunehmenden Nervosität letztlich auch der kryptische Einwand seiner Schwester vor dem Zubettgehen in der letzten Nacht beigetragen hatte.

Gleich nach dem kargen Abendessen saßen Marek und sein Vater deshalb erneut an der gleichen Stelle beisammen, an der sie das gestrige Gespräch unterbrochen hatten. Und ohne viel Zeit zu verlieren, setzte Koro-Than den zweiten Teil seiner Berichterstattung fort.

„Heute will ich dir zuerst noch von einem geheimnisvollen Ereignis erzählen, dass jetzt ebenfalls schon fast 3.000 Jahre zurückliegt. Es geschah also zu einer Zeit, als die STYXX hier schon lange Fuß gefasst, unsere damaligen Ratsmitglieder sowie alle Regierungsbeamten ermordet und die übrigen, von ihnen als von Nutzen eingestuften Menschen versklavt hatten.

Und genau diese Begebenheit hat uns bis heute hoffen lassen, dass es das larojanische Reich noch gibt und dass man sich dort anscheinend irgendwann entschlossen hatte, wieder Kontakt zu uns Nachfahren der vor Jahrtausenden von LARO ausgewanderten Menschen aufzunehmen.

Damals flog nämlich ein kleines unidentifiziertes Raumfahrzeug in unser Planetensystem ein, das unsere Ahnen sogar mit bloßem Auge ausmachen konnten, als es SANTOR 5 umrundete. Und da dieses Schiff – wenn auch in sehr viel kleinerer Form – unseren historischen Generationenschiffen äußerst ähnlichsah, glauben alle unsere Ältesten bis heute, dass es sich dabei um einen kleinen Forschungskreuzer handelte, den man von LARO aus auf die Suche nach den verschollenen ehemaligen larojanischen Aussiedlern entsandt hatte.

Auch, wenn wir danach bis heute nichts mehr von unseren larojanischen Verwandten wahrnehmen konnten, nährt sich daraus dennoch die Hoffnung, dass uns unsere larojanischen Schwestern und Brüder irgendwann zu Hilfe kommen und uns vom Joch der STYXX befreien werden.“

„Ehrwürdiger Vater, das ist eine überraschende und zunächst auch gute Nachricht, die zugegebenermaßen ein bisschen Anlass zur Hoffnung gibt“, pflichtete Marek-Than seinem Vater in diesem Moment bei, ehe er mit skeptischer Miene weitersprach:

„Dennoch stellt sich mir die Frage, warum wir Santoraner nie wieder etwas von unseren larojanischen Verwandten gehört haben. Knapp 3.000 Jahre ist das her, sagtest du. Da müsste man doch meinen, dass die Larojaner uns schon längst zu Hilfe gekommen wären. Nur ist das ja bis heute noch immer nicht passiert.“

„Damit hast du recht, Marek. Aber es gibt dafür zumindest eine Erklärung, die dir wahrscheinlich nicht gefallen wird. Das larojanische Schiff wurde nämlich schon kurz nach der letzten Umrundung unseres Planeten von einer ganzen Schwarmgruppe der offensichtlich von dem Einflug des fremden Kreuzers völlig überraschten STYXX-Pyramidenschiffe verfolgt.

Unsere Vorfahren konnten deren Start von dem inzwischen auf SANTOR 4 angelegten Raumhafen der STYXX aus beobachten, als die STYXX-Kampfschiffe unseren planetennahen Raum passierten.

Wir wissen jedoch nicht, was daraufhin geschah. Fest steht nur, dass diese Pyramidenschiffe nach einer ganzen Weile nahezu allesamt, wenn zum Teil auch leicht beschädigt, zurückkehrten. Das lässt auf einen Kampf im Laro-System schließen, den die STYXX mit ihren furchtbaren Intervallkanonen möglicherweise gewonnen haben.

Ob es ihnen damals allerdings gelungen ist, das Laro-System tatsächlich vollständig zu vernichten, oder ob sie dabei letztendlich doch keinen dauerhaften Erfolg hatten, ist nach wie vor ungewiss.

Daher bleibt uns heute nur die Hoffnung, dass es den Mörderbestien damals nicht gelungen ist, die Larojaner entscheidend zu schlagen. Und deswegen macht es auch Sinn, dass ich dir unsere Geschichte heute Abend zu Ende erzähle. Allerdings fehlt noch eine letzte Sache, die du wissen musst. Und das ist die traurige Geschichte der STYXX-Invasion selbst.“

Der santoranische Dorfälteste Koro-Than lehnte sich in diesem Moment ein wenig zurück und schien eine Weile zu überlegen, wie er den Rest seines Berichts einleiten sollte. Doch dann begann er mit leiser, aber dennoch klarer Stimme zu reden, während er seinen Sohn fest an sich drückte.

„Wir Santoraner hatten nach der Besiedelung unserer heutigen Heimat viele friedliche Jahre, in denen es unserem Volk ausgesprochen gut ging. Alles das, was sich die ursprünglichen Auswanderer erhofft hatten, war im Lauf der langen Zeit Realität geworden.

Hier auf SANTOR 5 entstand während dieser Zeit eine großartige Agrarwelt, die es bisher im ganzen Universum in dieser Weise sonst nirgendwo anders gegeben hatte. Und auf SANTOR 4 errichteten die dortigen Bewohner eine auf ökologisch verträgliche Industrie eingestellte Welt, die beiden Planeten zugutekam.

Unsere santoranischen Vorväter lebten also Jahrtausende lang ausgesprochen komfortabel und glücklich. Insbesondere, weil sie sich, nach den beschwerlichen Anfangsjahren, inzwischen allesamt schicke Häuser oder Wohnungen in den Kommunen der beiden vereinten Planeten leisten konnten. Und der gemeinsame Regierungsrat auf dem Geschäfts- und sonnigeren Urlaubsplaneten SANTOR 4 sorgte dafür, dass sich die Menschen in ihrem selbst geschaffenen Paradies sogar bei Streitigkeiten einig blieben.

Doch dann fiel vor etwa 10.000 Jahren die Insektenrasse der STYXX über unsere beiden friedlichen Planeten her. Sie kamen mit Aberhunderten von Pyramidenschiffen und sie zerstörten mit ihren Intervallgeschützen schon während der ersten Umrundungen den größten Teil der Oberflächeninfrastruktur unserer Planeten.

Schon allein dabei kamen viele hunderttausend Santoraner ums Leben. Und diejenigen, die den Angriff überlebt hatten, wurden von den Invasoren gleich nach ihrer Landung zusammengetrieben und selektiert.

Jeder, der über technische oder landwirtschaftliche Kenntnisse verfügte, wurde verschont – aber die gesamte Regierung und alle, die bis dahin in Behörden oder in der Verwaltung gearbeitet hatten, wurden in großen Schauprozessen als potenzielle Aufrührer hingerichtet.

Unsere Ahnen auf SANTOR 5 hatten zwar als Landwirte das zweifelhafte Glück, von den STYXX weitestgehend in Ruhe gelassen zu werden. Jedoch zwangen diese Verbrecher unsere Vorfahren nach der Invasion umgehend dazu, die landwirtschaftliche Produktion auf die Bedürfnisse ihrer Insektenrasse umzustellen.

Das ist auch der Grund, warum wir auf unseren Plantagen heutzutage vor allem Süßfrüchte anbauen müssen. Denn das scheint noch immer die bevorzugte Nahrung dieser Killerwespen zu sein, die wir seither in der geforderten Menge in ihre regelmäßig ankommenden Transportshuttles verladen müssen.

Doch im Vergleich zu unserem Planeten, scheinen die Zustände auf SANTOR 4 inzwischen noch schlimmer geworden zu sein, als sie das in der Vergangenheit jemals waren. Alle von uns haben nämlich Angst, zur Bestrafung dorthin gebracht und wegen geringfügiger Verfehlungen zum Tode verurteilt zu werden.

Die einzigen Menschen, die bislang von solchen Zwangsbesuchen wieder zu uns zurückkehrten, waren ausgewählte Dorfälteste unseres Planeten, die zur Warnung an die hiesigen Dorfbewohner an fürchterlichen Hinrichtungszeremonien teilzunehmen hatten.

Worauf die Mörderbestien dabei jedoch nicht achteten ist, dass unsere Dorfältesten bei der Landung auf SANTOR 4 die Umgebung des Raumhafens und den direkt benachbarten Wespenbau der STYXX-Königin in allen Einzelheiten zu Gesicht bekamen.

Ich selbst war als Dorfältester bei einem der letzten Zwangsbesuche dabei. Was ich dabei erlebt habe, ist so widerlich, dass ich darauf nicht näher eingehen möchte.“

„Das mag zwar sein, ehrwürdiger Vater. Aber dennoch musst du mich darüber aufklären. Vor allem kannst du jetzt nicht mit deinem Bericht aufhören, ohne dass ich weiß, was mich als dein potenzieller Nachfolger irgendwann ebenfalls erwartet.

„Du hast recht, Marek. Aber ich hatte gerade wieder die schrecklichen Szenen vor Auge, die wahrscheinlich auch ein stückweit zu meiner gegenwärtigen Kreislaufschwäche beigetragen haben. Aber du, mein Sohn, bist noch stark. Und deshalb sollst du auch wissen, was dir bevorsteht, falls man dich zukünftig einmal zum Mitflug nach SANTOR 4 zwingt.“

Bei diesen Worten schien der Dorfälteste Koro-Than wieder in seinen, die ganze Zeit schon zur besseren Erinnerung eingeübten tranceartigen Zustand zu versinken. Es dauerte auch noch ein paar Minuten, ehe Mareks Vater endlich leise weitersprach.

„Nun, Marek. Soviel sei noch gesagt. Selbst, wenn unsere zum Tode verurteilten Mitmenschen im Kampf gegen die körperlich eher schwächeren STYXX-Kämpfer wenige Male mit bloßen Händen erfolgreich waren, konnten sie deren plötzlich ausgefahrenen Giftstacheln nichts entgegensetzen.

Das, was diese Mörder nach der endgültigen Ermordung unserer Landsleute dann laut schreiend von sich gaben, konnte ich nur verstehen, weil sie rund um die Kampfarena sogenannte Translatoren aufgestellt hatten, die das Geschrei und die pfeifende Sprache der STYXX in unsere Sprache übersetzten.

„Heil MAROOX, wir schulden dir unsere Geburt und wir kämpfen für dich bis zum Tod“, war die ständig wiederholte Huldigung der im Rund der Arena angetretenen STYXX-Mörder, ehe sie unter dem Applaus ihrer Genossen wieder einmal einen chancen- und wehrlosen Menschen umgebracht hatten.

Von daher weiß ich auch, dass die Insektenkönigin dieser Bestien MAROOX heißt und dass sie sich zum ständigen Eierlegen in einem riesigen Insektenbau verbirgt, den unsere Leute, genauso wie die widerliche Kampfarena, am Ort des ehemaligen Regierungspalasts auf SANTOR 4 errichten mussten.

Beim Heimflug konnte ich damals übrigens einen direkten Blick auf dieses wabenförmige Gebilde werfen, habe das jedoch mit einem blauen Auge bezahlt. Also, mein Sohn, falls du nach deinem Amtsantritt als Dorfältester später auch einmal zu einem Besuch auf unserem Nachbarplaneten gezwungen wirst, weißt du jetzt hoffentlich, wie du dich zu verhalten hast.“

„Danke, verehrter Vater. Vor allem, weil du mir am Ende noch viel mehr offenbart hast, als du wahrscheinlich vorhattest. Ich weiß das zu würdigen. Und du brauchst keine Angst zu haben, dass ich mit deinen Informationen unverantwortlich oder gar leichtfertig umgehe.

Vielmehr sollten unsere Verwandten – und vor allem meine medizinisch talentierte Mutter – alles daransetzen, dass du noch viele Jahre am Leben bleibst. Warten wir also weiter auf unsere larojanischen Brüder und lassen wir vor allem die Hoffnung nicht sinken.“

Was die Menschen im Santor-System zu diesem Zeitpunkt im Spätsommer des terranischen Jahres 2024 jedoch nicht ahnten, war, dass die Vorbereitungen zu ihrer Rettung längst im Gange und die in geheimen Zirkeln der Dorfältesten am Leben gehaltenen Wünsche und Erwartungen somit durchaus berechtigt waren.

Kampf um SANTOR, Teil 2 - Die Befreiung

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