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Kapitel 5 Ein ereignisreicher Julisonntag
ОглавлениеAm nächsten Morgen gab es beim Frühstück zunächst einmal eine Vater-Kind-Diskussion im Hause Korte. „Nöh, Papa – ich will nicht schon wieder mit in die Frühmesse gehen. Da ist es immer so langweilig“, meinte Katie zu ihrem Vater, als der auch schon vehement seinen Kopf schüttelte.
„Nix da – du kommst mit mir. Schließlich wollen wir ja anschließend noch das Grab deiner Mama und deiner Tante besuchen. Ein paar frische Blumen für sie habe ich bereits besorgt. Und ein bisschen Unkraut jäten und neue Kerzen aufstellen müssen wir ebenfalls, wobei ich gehofft hatte, dass du mir dabei hilfst.“
„Na gut, das wusste ich ja nicht. Und natürlich helfe ich dir mit dem Verschönern von Mamas Grab. Aber danach fahren wir gleich rüber nach Aschau und dann mit der Kampenwand-Seilbahn zum Startplatz der Gleitschirmflieger. Versprochen?“
„Genauso machen wir das, mein Schatz. Und ehe wir aufbrechen, ziehst du dich noch ein wenig wärmer an. Da oben auf dem Berg ist es nämlich auch in dieser Jahreszeit deutlich kälter, als hier bei uns unten im Tal.“
***
Nachdem Kirchgang und der Besuch an den Gräbern ihrer Mutter und ihrer Tante Magda absolviert waren, kamen Vater und Tochter gegen 11:00 Uhr auf der Bergstation der Kampenwandseilbahn an.
„Schau hin, da vorne stehen schon ein paar von den Fliegern“, rief Katie sofort, als sie sich an der Hand ihres Vaters dem unmittelbar benachbarten Paragliding-Startplatz neben der Gipfelstation der Bergbahn näherte.
„Darf ich mal zu denen hingehen und mit ihnen reden?“
„Ich denke, dass die Leute sich über dein Interesse an ihrem Sport freuen werden. Also ja, frag sie ruhig – aber bitte bleib dabei höflich, okay?“
„Alles klar, Papi – dann lass uns mal zu diesen Fliegern rübergehen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, was sie mir erzählen werden.“
Kurz darauf standen Vater und Tochter vor einer jungen Frau im hellblauen Flugoverall, die sich gerade auf den Start vorbereitete. Während sie ihre Ausrüstung gewissenhaft überprüfte, ging die kleine Katie mutig auf sie zu.
„Darf ich Sie etwas fragen – oder störe ich Sie bei Ihren Flugvorbereitungen?“, flüsterte Katharina zaghaft, als sie sich der unmittelbar vor ihr stehenden und in ihrer enganliegenden Fliegerkombination ausgesprochen hübsch anzusehenden Sportlerin jetzt noch weiter näherte.
„Natürlich, kleine Lady. Was möchtest du denn gerne wissen?“ „Na ja, wenn ich größer bin, würde ich gerne auch mal lernen, wie man mit so einem Schirm durch die Luft zu fliegt. Ich heiße übrigens Katie und wohne mit meinem Papa drunten in Schleching.“
Damit deutete Katharina auf den lila- und gelbfarbenen Gleitschirm, den die junge Frau bereits auf dem Boden ausgebreitet hatte und dessen Fangleinen sie gerade kontrollierte.
„Du scheinst mir ungewöhnlich couragiert zu sein, kleine Katie. „Aber das ist gut, denn das ist nämlich eine der Grundvoraussetzungen für diesen Sport. Ich heiße übrigens Jessica Winter und ich habe schon mit 16 Jahren in der Süddeutschen Gleitschirmschule in Unterwössen das Paragliden erlernt. Wie alt bist du eigentlich?“
„Ich bin erst zehn und wechsele im nächsten Jahr in die 5. Klasse eines Gymnasiums. Da ich in der neuen Schule ziemlich viel lernen muss, heißt das wohl, dass ich noch ein bisschen abzuwarten habe, bis ich auch so elegant wie du durch die Lüfte gleiten kann“, meinte Katharina Korte ein bisschen enttäuscht.
„Nicht unbedingt, Katie. Wenn du noch zwei Jahre zuwartest und meinen Einweisungslehrgang im übernächsten Frühjahr hier oben auf der Kampenwand besuchst, dann dürftest du mich bei einem Tandemflug begleiten. Natürlich nur, falls dir deine Eltern die Teilnahme erlauben.
Und wenn dir das gefällt könntest du mit sechzehn selber das Fliegen bei mir erlernen. Ich habe nämlich auch ‘ne Berechtigung als Fluglehrerin. Wäre das für dich eine Option?“
„Das wäre ja superklasse, Jessica. Und bis dahin lese ich mir alles durch, was ich im Internet über das Gleitschirmfliegen finden kann. Versprochen!“, rief Katie ihrer neuen Bekannten begeistert zu.
„Sehr gut, dann sind wir uns ja einig. Aber jetzt will ich endlich zur Talstation in Aschau runterfliegen. Wir sehen uns sicher wieder, Katie – und nimm deinem Papi bis dahin die Angst. So, wie er mich gerade zweifelnd anschaut, kann ich nur hoffen, dass er uns beide irgendwann mal zusammen fliegen lässt.
Übrigens starte ich am späten Nachmittag noch einmal. Wenn ihr bis dahin wieder daheim in Schleching seid, könnt ihr meinen Gleitschirmflug zur Landezone in Aschau dann für eine gewisse Zeit vom Tal aus bewundern.“
„Das machen wir, Jessica. Und vielen Dank für die Infos. Wir sind zwar heute Nachmittag in der Nachbarschaft zum Kuchenessen eingeladen, aber auch von Onkel Alois Hof aus können wir euch Gleitschirmflieger ganz gut beobachten. Zumindest, bis ihr zur Talstation der Bergbahn in Aschau abdreht.“
„Schön, dann will ich mal weitermachen, Katie. Ach so – und nenn mich bitte künftig Jessy, weil das alle meine Freunde so machen. Heute Nachmittag bin ich beim nächsten Start übrigens mit einem Kollegen aus meiner Firma unterwegs, der bisher erst 10 Flugstunden hinter sich gebracht hat. Und da er von mir noch was lernen will, werdet ihr also gegen 15:00 Uhr zwei Schirme sehen, die von hier aus in Richtung Aschau ins Tal segeln.“
„Danke Jessy. Ich werde am Nachmittag ganz bestimmt gut aufpassen – ein Fernglas habe ich ja schließlich auch. Naja, eigentlich hat mein Paps so ein Ding, das er mir aber bestimmt ausleiht. Und jetzt schau ich dir zu, wie du startest, okay?“
„Aber lauf mir bitte nicht hinterher und komm nicht zu nahe an die Bergklippe – da vorne ist es nämlich ziemlich gefährlich. Ich freue mich schon darauf, dich und deinen Vater irgendwann mal wiederzusehen.“
Damit schlüpfte Jessica Winter in das bereitliegende Gurtzeug ihres Schirms, verzurrte es mit einem nochmaligen Blick auf ihren am Arm befindlichen Höhenmesser und nahm gleich darauf das Ende der am Boden ausgelegten Steuerleinen in beide Hände, ehe sie mit einem Juchzen in Richtung der Klippe losrannte und kurz darauf mit ihrem vom Wind aufgeblähtem Gleitschirm von der Bergkante abhob.
„Das ist so toll Papa. Hast du gesehen, wie elegant Jessy gerade abgeflogen ist. Wenn man das ordentlich lernt, ist das bestimmt auch nicht gefährlich. Und ich verspreche, dass ich das erst machen werde, wenn ich ganz genau weiß, wie man das richtig hinbekommt – okay?“
„Wir werden sehen, Katie. Wäre sicher schön, wenn wir deine neue Freundin bald mal wiedertreffen würden. Willst du noch hierbleiben, oder fahren wir jetzt mit der Seilbahn wieder runter ins Tal, damit du ihren zweiten Flug heute Nachmittag beobachten kannst?“, fragte Jonas Korte, während er sich die von der eng anliegenden Pilotenkombi verdeckte attraktive Figur der jungen Frau noch einmal in Erinnerung rief.
„Klar Papi – immerhin müssen wir ja noch was zum Mittagessen spachteln und dann suchst du mir bitte dein Fernglas heraus, damit ich Jessy bei ihrem zweiten Flug zuschauen kann. Außerdem wird’s mir – trotz meiner dicken Strickjacke – auch mittlerweile ein bisschen zu kalt hier oben.“
***
Nach dem in Mitzi Hubers Pensionsküche genossenen Mittagsmahl und einer Partie Mensch-ärgere-dich-nicht sowie einer Partie Mau-Mau machten sich Jonas und seine Tochter mit dem Golden Retriever Henry gegen 14:00 Uhr zu Fuß zum benachbarten Hof von Mitzis Schwager Alois auf.
„Kommt rüber in meinen Garten, dort hat Gretel bereits unter unserem großen Kirschbaum eingedeckt. Bei dem warmen Juliwetter brauchen wir uns schließlich nicht ins Haus reinzusetzen. Außerdem sind Katie und Henry sicher froh, wenn sie vor dem Kaffeetrinken noch ein bisschen draußen herumtollen dürfen, ehe wir meinen beiden Pferden den obligatorischen Besuch abstatten“, wurden sie von ihrem Gastgeber Alois Huber begrüßt.
„Auh fein, Onkel Alois – und danke für die Einladung. Soll ich dir erzählen, wo wir heute Morgen schon alles gewesen sind?“
„Aber klar, Katie. Bin schon ganz neugierig zu hören, was ihr heute bereits erlebt hat“, grinste der Landwirt das kleine Mädchen jetzt an, während er zugleich die Hand seines still vor sich hinlächelnden Nachbarn schüttelte. „Aber warte noch bis Gretel und mein Max aus der Küche kommen. Die beiden sind sicher auch daran interessiert, was du zu berichten hast.“
Kurz drauf traten Gretel und ihr ebenfalls 10-jähriger Sohn Max Huber aus dem hübschen Bauernhaus heraus. „Schön, dass ihr schon da seid. Mein Zwetschgendatschi braucht noch ungefähr ‘ne Dreiviertelstunde und bis dahin können wir Erwachsenen ja noch ein wenig ratschen.“
„Super, ich hole meinen Fußball – oder willst du dir lieber zuerst mal mein neues Baumhaus angucken?“, fragte Max seine Schulkameradin umgehend. Seine Freundin Katie, mit der er bei ihren zeitweisen Aufenthalten schon öfter die gemeinsame Freizeit verbracht hatte, meinte dazu:
„Das wäre prima, Max. Aber zuallererst muss ich euch noch von unserem heutigen Ausflug zum Startplatz der Gleitschirmflieger oben auf der Kampenwand berichten. Und danach zeigst du mir dein Baumhaus – das will ich mir unbedingt anschauen.“
„Okay, Katie – dann erzähl mal“, beeilte sich Max zu sagen, als Katie auch schon zu reden anfing:
„Also, mein Papa und ich sind nach der Messe heute Morgen mit der Seilbahn dort hinaufgefahren und hatten Gelegenheit mit einer Gleitschirmfliegerin zu sprechen. Sie heißt übrigens Jessica Winter und will mich in zwei Jahren mal bei einem Tandemflug mitnehmen. Natürlich nur, wenn mir mein Papa das erlaubt.
Und wenn ich erst mal sechzehn bin, will sie mir das Gleitschirmfliegen richtig beibringen, damit ich nach einer Prüfung auch mal alleine fliegen darf. Sie ist nämlich auch Fluglehrerin, müsst ihr wissen. Nachher gibt sie noch einem Arbeitskollegen ‘ne Flugstunde und wir können ihr von hier unten zugucken. Gegen 15:00 Uhr startet sie mit ihrem lila Fallschirm wieder runter nach Aschau, hat sie uns gesagt.“
„Dann müssen wir uns beeilen, denn es ist bereits viertel vor drei. Kommt, wir gehen alle zusammen auf meine Wiese rüber. Von dort aus kann man die Gleitschirmflieger am besten beobachten, sobald sie vom Startplatz bei der Kampenwand abheben“, meinte Alois Huber mit einem verhaltenen Lächeln. „Aber zuerst hole ich noch mein Fernglas, in Ordnung?“
„Ich hab‘ meines schon dabei“, erwiderte Katie prompt, während sie auf ihre mitgebrachte Umhängetasche zeigte.
„Mann oh Mann Paps, da sind ja auch noch die Pralinen drin, die wir Tante Gretel wegen ihrer netten Einladung zum Kuchenessen als Dankeschön schenken wollten. Hättest mich ja ruhig mal daran erinnern können“, fügte sie dann noch altklug hinzu, als sie die Schachtel aus ihrer Tasche kramte und ihrer Gastgeberin überreichte.
„Danke Katie, das ist wirklich sehr aufmerksam von euch“, entgegnete Gretel Huber freundlich, ehe sie zu ihrem Ehemann sagte: „Loisl, bitte nimm die Pralinen mit rein ins Kühle – hier draußen werden sie bei diesen Temperaturen sonst noch zu lauter Schokoladenbrei.“
***
Als die beiden Familien wenig später auf der bereits gemähten Wiese neben dem Bauernhof ankamen, segelten schon etliche Gleitschirmflieger in der klaren Luft dieses ausgesprochen sonnigen Sommertages ihrem Ziel in Aschau entgegen.
„Da, der lila Schirm mit den gelben Rändern und der schwarzblau gestreifte daneben – ich glaub‘ das sind sie. Jessy und ihr Flugschüler meine ich“, rief die kleine Katie, während sie sofort wieder ihren Feldstecher hochnahm und weiter beobachtete.
Nach einer kleinen Weile schrie Katie entsetzt auf. „Papi schau doch mal – ich glaube da stimmt was nicht mit Jessys Schirm. Sie hängt plötzlich so schräg in ihrem Gurtzeug.“
„Du hast recht. Mir kommt das auch nicht normal vor“, knurrte Jonas Korte, während er jetzt durch das von Katie angereichte Fernglas starrte.
„Ich seh sie auch – mein Gott, der lila Schirm steht ja fast hochkant in der Luft ... und jetzt – ach du liebe Zeit – jetzt fängt die Springerin zu trudeln an. Sieht fast so aus, als wenn sie hier bei uns in Schleching zu landen versucht, während der schwarzblaue Schirm soeben nach rechts abgedreht hat und weiter in Richtung Aschau fliegt.
Außerdem kommt eure Jessy viel zu schnell runter“, brüllte Alois Huber, der die ungewöhnliche Szene ebenfalls mit seinem Fernglas beobachtete, jetzt mit lauter Stimme.
„Das wird wahrscheinlich eine schlimme Bruchlandung werden. Ich ruf sofort die Rettung und die Feuerwehr an. Passt auf, wo genau sie aufsetzt“, sagte Gretel Huber, ehe sie auch schon zum Telefonieren ins Haus rannte.
Als sie wieder zurückkam, hüpfte Katie in ihrem bunten Sommerkleidchen mit schwenkenden Armbewegungen wie wild über die freie Wiese. Und kurz darauf schlossen sich auch ihr Freund Max und die drei Erwachsenen an, um die Gleitschirmfliegerin auf diese alternative Landemöglichkeit aufmerksam zu machen.
„So ein Mist – wie’s aussieht haben sich ihre linken Fangschnüre gelöst. Ein paar von denen hält sie jedoch noch mit ihrer Hand fest“, schrie Jonas Korte in dem Moment, in dem er noch einmal durch sein Fernglas schaute.
„Ich glaub‘ sie hat uns gesehen. Ja, jetzt versucht sie anscheinend, den Schirm in unsere Richtung zu drehen. Aber sie hat immer noch viel zu viel Tempo drauf“, knurrte Alois Huber ganz aufgeregt, als der unvermeidbare Crash auch schon passierte.
Anstatt auf der Wiese zu landen, krachte die junge Gleitschirmfliegerin just in diesem Moment nämlich entsetzt schreiend in den riesigen Kirschbaum, in dessen Schatten die zwei Familien noch vor wenigen Minuten an der gedeckten Kaffeetafel gesessen hatten.
Während die Beobachter zurück zu dem hohen Baum rannten, rief Jonas Korte sofort: „Sie ist in den oberen Astgabeln hängengeblieben. Alois hol deinen Traktor – den mit dem Frontlader meine ich. Wir müssen sie schnellstens von dort oben herunterbekommen.“
Dann wandte er sich an seine Tochter und sagte: „Und du, mein Schatz, läufst ganz schnell nachhause und holst mir meine Arzttasche aus meinem Büro. Du weißt ja, wo du die findest.“
„Kannst mein Fahrrad nehmen – und ich nehme das von meinem Papa und begleite dich“, ließ sich jetzt ihr Schulkamerad Max vernehmen, als er auch schon Katie bei der Hand nahm und mit ihr seinem Vater zur Maschinenhalle des Bauernhofs hinterhereilte.
„Bleiben sie ruhig, gute Frau – Hilfe ist bereits unterwegs“, rief Gretel Huber der jetzt nur noch leise vor Schmerzen wimmernden Gestalt zu, die mit verrenkten Gliedmaßen samt den zerfetzten Resten ihres Fluggeräts in ihrem mächtigen Kirschbaum hing.
Minuten später hielt Alois Huber seinen Traktor kurz vor dem mächtigen Stamm des altehrwürdigen Kirschbaums an. Als er gerade aus seinem Fahrersitz springen wollte, kam bereits die von seiner Frau alarmierte Freiwillige Feuerwehr Schleching mit ihren beiden Einsatzfahrzeugen unter Blaulicht und Sirene auf dem Bauernhof an.
Deren Kommandant lief sofort auf Alois und Jonas zu und schaute sogleich nach oben, wo die offensichtlich Verletzte in rund 15 Metern Höhe inzwischen reglos in den Resten ihres Gurtzeugs hing.
„Fahr deinen Schlepper weg, Alois – deine Frontschaufel reicht nicht bis da oben hin. Wir bergen die Person lieber mit unserer Leiter.“ Sofort drehte er sich zu seinen Leuten um und rief: „Wir brauchen unseren Leitersatz und zur Sicherheit noch unser Sprungtuch. Und macht die pneumatische Rettungstrage klar. Ausführung Männer, gebt Gas, es pressiert!“
„Gleich darauf wandte sich der Gruppenführer der Feuerwehr an Jonas Korte und meinte trocken: „Wie ich sehe, kommen dir deine Patienten inzwischen direkt in deine Arme geflogen. Aber Spaß beiseite, das dort oben sieht sehr schlimm aus. Die Verletzte blutet aus mehreren Schnittwunden, das sehe ich schon von hier unten aus.“
„Hast recht, Sepp, das ist mir ebenfalls schon aufgefallen. Ich hoffe nur, dass der von Gretel angeforderte Krankenwagen bald bei uns eintrifft.“
„Könnte aber noch dauern. Von der Leitstelle habe ich auf der Herfahrt erfahren, dass die Rettungswägen und Notärzte aus der Umgebung gerade so ziemlich alle zur A8 bei Frasdorf unterwegs sind. Da hat’s vor ‘ner halben Stunde eine Massenkarambolage mit vielen Verletzten gegeben. Deshalb ist es gut, dass du für die Erstversorgung hier vor Ort bist, verehrter Doktor. Keine Sorge, wir werden das Kind schon gemeinsam schaukeln.“
„So ein Mist!“, fluchte Dr. Korte umgehend los. Dann fasste er sich wieder und sagte mit ruhigerer Stimme: „Holt mir die junge Frau nur rasch, aber trotzdem vorsichtig von da oben runter und nehmt einen Stiffneck4 mit rauf. Möglicherweise hat sie bei dem Aufprall in der Baumkrone ja auch ein Halswirbeltrauma davongetragen. Und vergesst eure Kappmesser zum Durchschneiden der Leinen und Gurte nicht.“
„Wir sind allesamt ausgebildete Feuerwehrleute und nicht von den Pfadfindern“, gab der Anführer der Feuerwehrleute Sepp Leitner jetzt ein bisschen vergrätzt zurück. „Das weißt du doch von unseren früheren gemeinsamen Einsätzen her.“
„Ist schon gut, Sepp – entschuldige bitte. So hab‘ ich das grad nicht gemeint. Und ich ruf‘ gleich mal im Klinikum Traunstein an und frage, ob deren Rettungshubschrauber zur Verfügung steht. Wenn mich nämlich nicht alles täuscht, hat sich die junge Frau da oben zudem eine Astspitze in den linken Oberschenkel gerammt.
Könnte ‘ne Schlagaderverletzung sein. Von der kommt wahrscheinlich auch das viele Blut, dass von da oben auf uns heruntertropft. Sag also deinem Frontmann auf der Leiter, dass er diese Stelle oberhalb der Wunde zuallererst mit einem provisorischen Druckverband abbinden muss, ehe er den Ast möglichst weit weg von der Verletzung abschneidet.“