Читать книгу Die Mensch-Erklärungsformel (Teil 3) - K. Ostler - Страница 5
Wie kann man Identität genau definieren?
ОглавлениеIdentität ist grundsätzlich ein Zustand, der sich aus Erfahrungen und Entwicklungen des Menschen ausbildet und der seine Wurzel und Wichtigkeit aus der Existenz der Urangst und des menschlichen Baukastens bezieht.
Mit der Geburt ist die identitätsgemäße Verfassung noch in einem rudimentären Stadium und nur durch Rahmenbedingungen wie u.a. Familienkonstellation, Lebensumfeld und -bedingungen vorgezeichnet. In der Folge ergibt sich Identität als Ergebnis- bzw. Bilanzsumme vieler unterschiedlicher Faktoren in einem langfristigen Entwicklungsprozess. An dessen Ende steht der spezielle Status quo der Persönlichkeit, wobei immer die Basis - im Sinne eines Fundaments - im frühkindlichen Zeitfenster geschaffen wird.
Wenn die entsprechenden Grundlagen durch Grundbedürfniserfüllungen nicht gelegt werden, dann kann sich in den anschließenden Entwicklungsphasen keine gesunde und ausgewogene Identität bilden, da der Grundstein fehlt, um weiter identitätsgemäße Substanz aufbauen zu können und der Betroffene ein lebenslanges Mangelgefühl hat, welches nach Ersatz/Kompensation verlangt (Stichwort: Suche nach Gleichartigkeit).
Hier ist als besonders erforderliche Voraussetzung die bedingungslose Annahme des Kindes durch die Eltern zu nennen, also explizit die Akzeptanz von Geburt an ohne irgendwelche Gegenleistungen und Erfüllungsmuster wie Aussehen, Geschlecht oder Verhalten seitens des Kindes. Konkrete Vorstellungen der Eltern darf es nicht geben.
Das Produkt respektive Ergebnis „Identität“ gibt nicht nur das Wissen um die eigene Person wieder, sondern definiert diese Person auch für seine Umwelt (Innen- und Außensicht). Eine gesunde identitätsgemäße Verfassung führt – im Optimalfall – die eigentlich von ihrem Grundsatz konträren und gespaltenen Existenzformen – nämlich das Bewusstsein und das Rationale einerseits, das Unbewusste und das automatisch Gesteuerte andererseits -, zu einer Einheit zusammen und hebt diesbezügliche Widersprüche auf (Stichwort: integrativer Moment).
Überspitzt formuliert: Die Identität ist der Kern, die Essenz und die Substanz (geistiger und psychischer Natur) eines jeden einzelnen Menschen und die jeweilige Konstitution spiegelt die Menge, Qualität und Stärke der Bedürfnis erfüllenden und identitätsstiftenden Faktoren wider, die ein Mensch während seines Werdegangs erhalten hat.
Die Grundlage der Identität stellt deshalb die ausreichende Befriedigung der essenziellen, vom menschlichen Baukasten vorgegebenen Grundbedürfnisse dar, auf dem aufbauend dann die weiteren individuellen Lebensumstände (siehe „das Gebilde Mensch und die vier Identitätsproblematiken“) ihre Wirkung entfalten können.