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1.3 Gründe für Unternehmen Handel zu betreiben

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Die Vorteile für Unternehmen ähneln den bereits diskutierten volkswirtschaftlichen. Entscheidend sind vor allem die folgenden.

A) Verfügbarkeit und Mangel von Produkten

B) Nutzung der Preisvorteile internationaler Märkte

C) Steigerung von Umsatz / Gewinn / Rentabilität

D) Risikostreuung bzw. Unabhängigkeit von der Binnenkonjunktur

E) Image-Gewinn beim Aufbau globaler Marken

A) Verfügbarkeit mit Produkten

Der internationale Handel ermöglicht die Versorgung mit Produkten, die in der eigenen Volkswirtschaft nicht bzw. nicht ausreichend vorhanden sind. Hier geht es sowohl um die absolute Verfügbarkeit (Bsp.: Rohstoffe, Südfrüchte, Mikrochips) oder auch um eine größere Auswahl an Varianten (Bsp.: Maschinen, Filme, Schmuck).

Bei den Investitionsgütern bzw. Vorprodukten ist hier vor allem die Versorgung mit Rohstoffen entscheidend. Fast den gesamten Bedarf an Öl, Erdgas sowie Erzen führt die deutsche Wirtschaft ein. Auch viele Vorprodukte wie Mikrochips oder Solarzellen werden kaum noch hierzulande produziert. In den letzten Jahrzehnten gewinnt auch die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte im Rahmen der Migration wieder an Bedeutung.

Bei den Konsumgütern geht es besonders um Produkte, die nicht in Deutschland produzierbar sind bzw. dann ihren „Charakter“ verlieren würden. Beispielhaft dafür stehen Bollywoodfilme, japanische Anime/Manga sowie bestimmte landwirtschaftliche Produkte wie Stör, Champagner oder Olivenöl.


Abbildung 03: Importanteil verschiedener Komponenten des BIP (Lindner 2018)

Die deutschen Exporte beruhen zu über 40 Prozent auf Importen. Ursachen sind einerseits die internationalen Produktionsstrukturen der transnationalen Konzerne. Sie wickeln sie den Hauptanteil der Exporte ab und können am ehesten die globalen Kosten- sowie Produktionsvorteile wahrnehmen. Andererseits besteht oft die Notwendigkeit Produkte an den Exportmarkt anzupassen. Dafür importieren Unternehmen entsprechende Vorleistungen ein.

B) Nutzung von Preisvorteilen internationaler Märkte

Über den internationalen Markt können viele Produkte preiswerter bezogen werden. Das liegt einerseits an anderen Preis- und Kostenstrukturen im Ausland (Steuersystem, staatliche Vorschriften, Infrastruktur, natürliche Bedingungen, Lohnniveau…). Andererseits ist die globale Arbeitsteilung von entscheidender Bedeutung. Regionen der Welt spezialisieren sich auf bestimmte Produktgruppen. Kennzeichen dieser sogenannten Cluster ist die Ansiedlung einer Vielzahl von Firmen auf verschiedenen Produktionsstufen derselben Branche. Die Unternehmen realisieren durch die gegenseitig Nähe Größen- und Verbundvorteile. Sie können Produkte tendenziell in einer höheren Qualität und/oder einem niedrigeren Preis produzieren. Ebenfalls wirkt der internationale Wettbewerb zusätzlich preissenkend.

Beispiel: Globale Cluster

Auf globaler Ebene haben sich zahlreiche Cluster von unterschiedlicher Bedeutung herausgebildet. Bekannte Beispiele sind:

- USA: Hollywood (Medienindustrie)

- USA: Silicon Valley (Computer- und Softwaretechnologie)

- Europa: Blaue Banane (Maschinen- und Automobilbau)

- Ost-Asien - Taiwan, China, Südkorea, Japan (Elektrotechnik, Chips / Wafer)

- Deutschland: Berlin (Medien, Startups-Internet)

C) Steigerung von Umsatz, Gewinn und Rentabilität

Durch die Erweiterungen des Absatzmarktes können mehr Kunden angesprochen werden. Der erhöhte Absatz von Produkten führt zu einer Steigerung des Umsatzes.

Beispiel: Telekom (Kort und Scheuer 2020)

Der Telekomkonzern plant den Sprint-Konzern in den USA zu übernehmen. Der drittgrößte Spieler übernimmt den viertgrößten. Es entsteht ein Mobilfunkkonzern mit 140 Mio. Kunden und 80 Mrd. US-$ Umsatz - mehr als das Vierfache der Telekom Deutschland. Damit wird ein völlig neues Marktgleichgewicht in der EU bzw. Deutschland geschaffen.

Gleichzeitig sinken mit einer Ausdehnung der Produktion tendenzielle die Kosten pro Stück. Diese Stückkostendegression beruht einerseits auf der sogenannten Erfahrungskurve. Mit der Ausdehnung der Produktion wird die inner-betriebswirtschaftlichen Spezialisierung der Arbeitsplätze bzw. Angestellten vorangetrieben. Dies führt tendenziell zu einer geringeren Fehlerzahl sowie höherer Produktivität. Andererseits bedeutet die höhere Auslastung der Produktion eine Verringerung der Rüstzeiten. Maschinen/Anlagen sowie Gebäude erreichen damit eine höhere Auslastung, leisten einen höheren Deckungsbeitrag und sind deutlich rentabler. Ebenfalls weisen innerhalb der Kapazitätsgrenzen die Fixkosten eine (weitgehende) Stabilität auf. Dadurch können diese tendenziell über eine größere Anzahl von Gütern verteilt werden - die Kosten pro Stück sinken. Selbst bei einer vollständigen Weitergabe der Einsparungen an den Kunden steigen die Gewinne.

Zusätzlich ermöglicht der internationale Handel mehr solvente Käufer anzusprechen. Tendenziell lassen sich dadurch auch Preiserhöhungen durchsetzen. In Kombination mit den gesunkenen Kosten führen diese Faktoren zu Gewinnmargen, die im ausschließlich nationalen Rahmen kaum zu erzielen sind.

D) Risikostreuung bzw. Unabhängigkeit von der Binnenkonjunktur

Ähnlich wie eine Volkswirtschaft können sich Unternehmen durch international Handel von nationalen Entwicklungen unabhängig machen. Sie verringern ihr Risiko einseitiger Schocks.

E) Image-Gewinn durch Aufbau globaler Marken

Internationale Expansion und Markenimage stehen im wechselseitigen Verhältnis. Einerseits erleichtert eine zugkräftige Marke das Vordringen in neue Märkte. Andererseits verleiht die internationale Positionierung der Marke auch im Binnenmarkt zusätzlichen Glanz. Insbesondere die führenden Hidden Champions haben es geschafft, charismatische Marken aufzubauen und im Binnenmarkt sowie auf den internationalen Märkten durchzusetzen.

Um es in den Worten von Hans-Peter Wild, früher Besitzer von Rudolf Wild - ein bedeutender Zulieferer von Geschmacksstoffen für die Lebensmittelindustrie - zu sagen: „Eine gute Marke hilft, die Unternehmenswerte bekannt zu machen. Darüber hinaus schafft die Marke Vertrauen. Das ist ein kostbares Gut […] Denn in den USA oder in Asien […] wissen nicht alle potenziellen Kunden auf Anhieb, wofür das Unternehmen steht.“ (Schnitzler 2011)

Beispiel: Neupositionierung Otto Bock (Schnitzler 2011)

Otto Bock baut hochwertige Prothesen. 2011 deckte die Firma ungefähr die Hälfte des Weltmarktes in diesem Segment ab. Diese Dominanz konnte Otto Bock auch deshalb erreichen, weil das Image in Richtung Hightech, Sport und Internationalität neu positioniert wurde. Aus Sicht des Inhabers Hans Georg Näder steht die Marke „vor allem für Technik, Aktivität und Kraft.“

Entsprechend zeigt das Marketing, statt nur die üblichen Behinderten, auch Athleten der Paralympics und des Ausdauersports. Dafür lieferten auch internationale Events wie in Peking 2008 die Kulisse. Zusätzlich baute Otto Bock an internationalisierten Orten wie dem Potsdamer Platz „Science Center“ - Dauerausstellungen zum Thema Hochleistungsprothesen - auf. In diesen tritt die Marke weitgehend hinter die Produkte zurück - wirkt dadurch aber noch stärker.

Aus Sicht von Näder ist ein wesentlicher Treiber des Marktes, dass Behinderte zunehmend bereit sind, mehr Geld für leistungsfähige Prothesen auszugeben. Eine international positionierte Marke kommt dieser Bereitschaft entgegen.

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