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Einleitung

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Beatrix Smit ist wegen eines Artikels in der Zentralschweiz am Sonntag zum Thema Kindesentführung aufgewühlt. Es geht um eine Schweizerin, die ihrer beiden Söhne beraubt wurde. Ihr Ex-Partner hat diese 2010 in seine Heimat zu seinen Eltern in eine tunesische Kleinstadt verschleppt. Die Chancen, dass die Mutter ihre Söhne bald wieder in die Arme schliessen kann, stehen schlecht. Tunesien hatte damals das Haager Übereinkommen zu internationalen Kindesentführungen noch nicht unterzeichnet. Dies tat der nordafrikanische Staat erst 2018. Das Haager Übereinkommen besagt, dass entführte Kinder möglichst rasch wieder zu jenem Elternteil zurückkehren sollen, bei dem sie vorher gelebt haben. Juristisch sind der Mutter also die Hände gebunden: Das Schweizer Urteil, das ihr die Kinder zuspricht, wird in Tunesien nicht anerkannt.

Beatrix ist dieses Szenario vertraut. 1981 entführte ihr Ex-Mann den damals zweieinhalbjährigen Asheesh nach Indien. Auch sie hatte das Sorgerecht für ihren Sohn erhalten. Auch ihr Ex-Partner, ein Inder, missbrauchte das Besuchsrecht, um mit dem kleinen Buben in seine Heimat zu fliegen. Indien ist dem Haager Übereinkommen bis heute nicht beigetreten. «Das Recht auf mein Kind hört offenbar an der Schweizer Grenze auf»: Diesen Satz schrieb Beatrix 1982 an Bundesrat Kurt Furgler.

Pro Jahr werden in der Schweiz rund 100 Kindesentführungen durch einen Elternteil registriert. Werden die Kinder in Nichtvertragsstaaten verschleppt, hat das Bundesamt für Justiz keine rechtlichen Möglichkeiten, deren Rückgabe zu verlangen. Betroffene Schweizer Väter und Mütter können zwar das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten einschalten. Die Schweizer Botschaft vor Ort kann zum Beispiel versuchen, den Kontakt zum Entführer herzustellen. Sie kann aber weder Schweizer Gerichtsurteile durchsetzen noch eine Ausreiseerlaubnis für das Kind erwirken. Mit anderen Worten: Wenn der entführende Elternteil nicht kooperiert und die Kinder versteckt, hat der alleingelassene Elternteil praktisch keine Chance, die geliebten Kinder wiederzusehen.

Nach einem langen Marsch durch Behörden und Institutionen stand Beatrix genau an diesem Punkt. Sie resignierte aber nicht, sondern engagierte einen professionellen Kindesrückführer, der eng mit der damals frisch gegründeten Schweizer Gruppe gegen die Entführung von Kindern zusammenarbeitete. Beatrix scheute keinen Aufwand und kämpfte um ihr Kind. Heute will sie betroffene Elternteile ermuntern, es ihr gleichzutun – mit ganzer Kraft und vollem Elternherz. Einige der Kapitel in diesem Buch ergänzt sie mit persönlichen Bemerkungen.

Berichte über betroffene Eltern haben mich stets tief berührt. Ich habe jeweils mitgelitten und mir überlegt, wie ich helfen könnte. Vielleicht kann ich für das Thema sensibilisieren, wenn hier – unter anderen – die abenteuerliche Geschichte von mir und meinem Sohn erzählt wird.

Nicht ohne Simon

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