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VORWORT

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Indien ist eine Herausforderung. Es überwältigt unsere Sinne, lässt uns hinschmelzen angesichts der Kraft und Schönheit der Natur, dem Zauber der Paläste und Tempel, der Lebendigkeit und Liebenswürdigkeit der Menschen, während es uns gleichzeitig abstößt durch das Elend, das grausame Kastensystem, durch Chaos, Schmutz und Lärm in den Städten. Indien überfällt uns, verunsichert uns, macht uns oft hilflos und manchmal auch wütend.

Irritierend, das ist das Wort, das vielleicht am besten bezeichnet, wie das Rätsel Indien auf uns wirkt. Tatsächlich stimmt, was immer wieder gesagt wird: Auf Indien trifft jede Aussage ebenso zu wie ihr Gegenteil. Die gesellschaftlichen Gegensätze und die inneren Widersprüche sind extrem verwirrend. Indien ist für unseren westlichen Verstand eine Zumutung. Uns fehlen Kategorien, mit denen wir das, was wir erleben und wahrnehmen, einordnen und sicher verwahren können. Wir können uns nicht auf bereits Gewusstes und bereits gemachte Erfahrungen beziehen. Denn, so fragen wir mit dem indischen Autor und Politiker Shashi Tharoor: Wie können wir uns wirklich einem Land der Schneegipfel, Dschungel, Wüsten und Meere nähern, einem Land mit über 20 Amtssprachen, Hunderten von Regionalsprachen und unzähligen Dialekten, einem Land von über einer Milliarde Menschen der verschiedensten Religionen und Kulturen? Wie können wir ein Land verstehen, dessen Bevölkerung einerseits zu mehr als einem Viertel aus Analphabeten besteht und das andererseits in der Vergangenheit unschätzbare wissenschaftliche Leistungen und heute einen sich rasant entwickelnden IT-Sektor hervorgebracht hat? Wie wollen wir die Realität der aus den Nähten platzenden Städte erfassen, während gleichzeitig vier von fünf Indern ihren Lebensunterhalt mühselig der nackten Erde abringen?

Indien ist anders!

»Indien ist ein Land voller Gegensätze, ein gigantischer Subkontinent, der in vielen Jahrhunderten gleichzeitig existiert.« So beschreibt die indische Historikerin und Feministin Urvashi Butalia ihr Land. Unser Maßstab des Western Way of Life ist ungeeignet, um sich diesem Land zu nähern. Indien funktioniert aus anderen Tiefen der Geschichte. Jahrtausendealte Mythen und Bilder sind heute noch immer lebendig und prägen das Bewusstsein des ganzen Volkes, ob im Norden oder Süden, ob arm oder reich, ob hochgebildet oder ohne jede Bildung.

Wenn wir wirklich bereit sind, uns für diese fremde Welt zu öffnen, kann es gelingen, uns mit dem Anderssein, dem Fremden zu verbinden. Es besteht die Chance, im Austausch unserer Verschiedenheit mit den Menschen dort Gemeinsamkeit zu schaffen und so Indien wirklich zu begegnen. Dann wird Indien uns aufnehmen und uns beschenken. Und vielleicht geht es uns dann wie Hermann Hesse: »Wer einmal nicht nur mit den Augen, sondern mit der Seele in Indien gewesen ist, dem bleibt es ein Heimwehland.«

Fettnäpfchenführer Indien

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