Читать книгу Mamma mia! Tagebuch einer Schwangerschaft - Karin Milles - Страница 15
Оглавление8. Woche
Der Embryo ist jetzt über zwei Zentimeter groß und mit vaginalem Ultraschall zu erkennen. Schon jetzt ist eine gewisse Gehirnaktivität messbar. Finger und Zehen bilden sich.
Die werdende Mutter hat oft das Gefühl, alles sei geschwollen wie in den Tagen vor der Menstruation. Manche Frauen bekommen ungefähr zu dem Zeitpunkt, wenn normalerweise die Menstruation begonnen hätte, eine schwache Blutung. Wenn man nicht sicher ist, ob das so eine Blutung oder das Vorzeichen einer Fehlgeburt ist, sollte man den Arzt aufsuchen.
Montag
Das könnte ja passieren. Dass ich das Kind verliere. Es ist noch viel zu früh, hurra zu schreien, das habe ich inzwischen verstanden.
Ich habe nämlich nach der Rückkehr in die Stadt einen großen Fehler gemacht. Als alter Bücherwurm bin ich in die Bücherei marschiert und wollte alles über Schwangerschaft lesen. Studieren war angesagt! Und welches Buch ziehe ich als Erstes aus dem Regal? Genau, ein Buch mit dem Titel «Fehlgeburt». Ich habe am Regal gestanden und es ganz durchgelesen, ich konnte nicht aufhören.
Da stand u. a., dass von acht Schwangerschaften eine mit einer Fehlgeburt endet. Eine von acht! Das sind ja fast alle! Wenn ich richtig nachdenke, hatten auch einige Frauen aus meinem Bekanntenkreis eine Fehlgeburt. In diesem Buch stand außerdem, dass in einer bestimmten Phase der Schwangerschaft die Fehlgeburtsrate besonders hoch ist. Nämlich zwischen Woche neun und elf. Also in zwei Wochen. Man muss sich darauf einstellen, nehme ich an.
Aber das überlebe ich nicht, eine Fehlgeburt! Allein die Vorstellung, wie die Autorin des Buches eine Fehlgeburt nach der anderen zu haben! Ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte, es noch einmal zu versuchen, wenn ich auch nur eine Fehlgeburt gehabt hätte! Ich verstehe nicht, wie man danach wieder Sex haben kann, wie man überhaupt noch einmal Sex mit jemandem haben kann, wenn man ein werdendes Kind verloren hat. «Jetzt schlafen wir miteinander und erregen uns gegenseitig und machen ein neues Kind anstelle von dem, das gerade gestorben ist. Streichle meine Brüste, Liebling.» Nein, dann gehe ich lieber ins Kloster.
Mit der fast unausweichlich drohenden Fehlgeburt als Damoklesschwert über uns trauen wir uns nicht, es vielen Leuten zu erzählen. Wir wollen es auch unseren Eltern nicht sagen, sie wären sonst so enttäuscht. Erst ab der zwölften Woche ist es relativ sicher, dass es klappt, bis dahin müssen wir es für uns behalten, auch wenn es schwer fällt. Das Dumme ist nur, dass ich in der neunten Woche zu einem Junggesellinnenabend eingeladen bin – in einer der gefährlichsten Fehlgeburtswochen also. Bei Tag kann ich sagen, dass ich noch Auto fahren muss und deshalb nichts trinke, aber bei diesem Abendessen wird es schon schwieriger, weil da alle etwas trinken, das ist ja schließlich der Sinn der Sache.
Es war dumm von mir, das Buch zu lesen. Jetzt überschattet die Angst die Freude, die ich empfinden sollte. Das Idealbild einer Schwangeren schreibt einem vor, den ganzen Tag mit einem Lächeln auf den Lippen herumzulaufen. Aber mir ist nur schlecht, und ich habe Angst. Ist das ein guter mentaler Start für das kleine Lis?
Das Lis, ja. So heißt das Baby jetzt. Vor ein paar Wochen hatte ich gelesen, dass das Baby nun so groß wie ein Reiskorn war. H. und ich haben alle Lorrysketche vorwärts und rückwärts gesehen und mussten an den denken, in dem Dalle und Ulveson zwei Chinesen spielen, die einen Sack Reis (auf Schwedisch «ris») fallen lassen, verzweifelt die Hände ringen und – sie können ja als Chinesen kein «r» aussprechen – sagen: «Das kleine Lis.» Also nannten wir es das kleine Lis. Und ein Name ist prima, weil man nicht er oder sie sagen muss. Aber vielleicht ist es ein dummer Name. Wenn wir es nun verlieren und dann selber die Hände ringen? Oder bin ich bloß abergläubisch?
Mittwoch
Schlafe die meiste Zeit wie ein Stein. Habe gestern zwei Stunden Mittagsschlaf gemacht, und um zehn bin ich wieder ins Bett gefallen und habe bis acht Uhr morgens durchgeschlafen. Ich bin allerdings beim Aufwachen genauso müde wie beim Einschlafen.
Tagsüber liege ich meistens zu Hause und lese abwechselnd Schwangerschaftsbücher und Romane. Es ist ganz angenehm, endlich eine Ausrede zu haben, um einfach nur auf dem Sofa liegen und lesen zu können. Das habe ich schon immer am liebsten gemacht, aber nur mit einem schlechten Gewissen. In allen Handbüchern steht, dass eine Frau, die gerade schwanger geworden ist, sich vor allem schonen soll. Endlich hat meine angeborene Faulheit einen Sinn.
Die Ernährungstipps in den Handbüchern sind allerdings eher ärgerlich. Man darf ja überhaupt nichts mehr essen! Keinen Weichkäse, keinen Schimmelkäse, keine Leber, keinen Spinat. Keine fetten Fische wie Makrele und Hecht. Keinen rohen Fisch – also kein Sushi und Gravad Lachs. Und rotes Fleisch muss gut durchgebraten sein. Nicht genug damit, dass ich keinen Alkohol trinken darf, essen darf ich auch nichts mehr.
Aber die Katzen gebe ich nicht her! In einem dieser Schwangerschaftsbücher stand, dass Katzenstreu irgendwie gefährlich ist, Bakterien oder so was drin sind. Solange ich die Katzenkacke nicht esse, besteht doch keine Gefahr, meine ich. Aber erschrocken war ich schon, wie immer. Jetzt mache ich mir auch noch deshalb Sorgen.
Ich habe gedacht, werdende Mütter sollten sich möglichst keine Sorgen machen, weil der Fötus die Gemütsverfassung der Mutter spürt? Aber wie soll man sich denn nicht aufregen bei dieser Panikmache? Und am Ende ist immer die Mutter schuld, wenn dem Kind etwas fehlt – entweder weil sie sich keine Sorgen gemacht und damit das Kind allen möglichen Gefahren ausgesetzt hat oder weil sie sich Sorgen gemacht und so dem Kind geschadet hat.