Читать книгу Mamma mia! Tagebuch einer Schwangerschaft - Karin Milles - Страница 17
Оглавление10. Woche
Alle Organe im Embryo sind angelegt. Die Gefahr einer Fehlgeburt ist jetzt am größten.
Die werdende Mutter hat möglicherweise Schlafprobleme oder leidet unter häufigem Wasserlassen.
Montag
Lotta hat von einem Trick erzählt, mit dem man herausfinden kann, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird. Wenn einem sehr übel ist, wird es ein Mädchen, ist es weniger schlimm, wird es ein Junge. Aber woher weiß man, wie schlecht einem ist? Wo ist die Grenze zwischen sehr übel und weniger übel? Wir mussten feststellen, dass wir so klug wie zuvor waren.
H. und ich glauben, dass wir einen Jungen bekommen. Es gibt Fakten, die dafür sprechen. In meiner Familie, sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits, war in neun von zehn Fällen das erste Kind ein Junge. In H.s Familie, die ja wichtig ist, weil er für das Geschlecht des Kindes entscheidend ist, gibt es fast überhaupt keine Mädchen, nur Jungen.
Außerdem spricht für einen Jungen, dass uns nur Jungennamen einfallen. Mir gefällt Wilhelm, so hieß ein kleiner Junge in Kanada, auf den ich als Kindermädchen aufgepasst habe. Und vielleicht Aron. H. ist ganz anderer Meinung, ihm gefällt Felix viel besser. Mädchennamen fallen uns überhaupt keine ein.
Dienstag
Gestern haben wir es H.s Familie erzählt, zuerst seiner Mutter. Genau wie meine Großmutter hatte sie uns in den Ohren gelegen, dass wir Kinder bekommen sollten – aber jetzt, wo sie endlich Großmutter wird, schien sie bloß erstaunt. Sie hat vielleicht gedacht, dass wir keine Kinder bekommen können. Aber sie hat sich natürlich gefreut.
Nachdem H. es seiner Mutter erzählt hatte, rief er seinen Vater an. Der gratulierte ihm und erzählte, wie er selbst sich bei H.s Geburt gefühlt hatte. Er sagte, er hätte H. in die Augen geschaut und gewusst, dass er nun nicht mehr die Nummer eins in seinem eigenen Leben sein würde, sondern bestenfalls die Nummer zwei. Das fand ich süß.
Jetzt muss ich es also auch meinen Eltern erzählen. Muss, schreibe ich, denn so empfinde ich es. Ich bin ziemlich aufgeregt. Was, wenn sie sich nicht freuen? Was, wenn sie keine Enkelkinder wollen? Besonders unsicher bin ich bei meiner Mutter. Denn im Unterschied zu meiner Schwiegermutter hat sie nie etwas gesagt, sie hat in all den Jahren kein einziges Mal gefragt. Einmal, vor einigen Jahren, habe ich gehört, wie sie zu einer Freundin sagte, sie sehne sich nicht sehr nach Enkelkindern. Hat sie Angst, dass sie dauernd auf das Baby aufpassen soll? Außerdem wird sie sechzig, da kommt man in die Sechziger-Krise, und durch Enkelkinder fühlt man sich vielleicht nur noch älter. Was weiß ich. Ich bin jedenfalls aufgeregt.
Mittwoch
Jetzt habe ich es ihnen endlich erzählt! Und beide waren so überrascht wie meine Schwiegermutter.
Meine Mutter habe ich heute auf der Arbeit angerufen. Ich habe einfach die Nummer gewählt, und als sie abnahm, habe ich es einfach gesagt. Sie hat sich gefreut! Und natürlich will sie Enkel, sie wollte uns bloß nicht damit in den Ohren liegen. Aber genau wie meine Schwiegermutter war sie auch ein wenig schockiert. Erst hat sie gesagt, dass sie sich nach einem Enkelkind sehnt, dem sie all die bekannten Kinderbücher vorlesen kann, aber dann sprach sie von etwas anderem, und schließlich haben wir aufgelegt. Vielleicht muss sie die Nachricht erst verdauen.
Und dann mein Vater. Ich bin nach der Arbeit zu ihm gefahren, unter dem Vorwand, dass ich etwas im Gemüsegarten machen wolle. Wir redeten über die Pläne für seinen sechzigsten Geburtstag, auch er wird dieses Jahr sechzig. Ich wusste erst nicht, wie ich mit der Sprache herauskommen sollte. Aber als er beschloss, das Geschirr für den Geburtstag lieber doch zu leihen, holte ich endlich tief Luft und sagte einfach, dass er Großvater wird. Er antwortete, da hätte die Wahrsagerin also doch Recht gehabt, und erzählte, ihm sei geweissagt worden, dass er bald Großvater wird. Ich dachte bei mir, dass die Wahrsagerin sich wohl nicht allzu weit vorwagt, wenn sie einem Mann mit drei erwachsenen Kindern erzählt, er wird Enkelkinder bekommen. Aber dann redete er von etwas anderem, genau wie meine Mutter. Schließlich sagte ich, ich müsse nach Hause, und ging. Als ich zu Hause unter der Dusche stand, rief er an und ließ mir durch H. ausrichten, dass er total überrascht gewesen sei und erst nicht gewusst habe, wie er reagieren solle, aber er freue sich riesig. Irgendwie ist es süß, dass alle so durcheinander sind.
Donnerstag
Heute habe ich beim «Mütterzentrum» angerufen und einen Termin vereinbart. Ich musste eine Weile im Telefonbuch suchen, ehe ich das richtige Stichwort fand. Ich wusste nicht, zu welchem Bezirk ich gehöre, und landete ein paar Mal an der falschen Stelle. Und als ich endlich an der richtigen war, wusste ich nicht, was ich sagen soll. Es kam mir irgendwie bescheuert vor, zu sagen, dass ich ein Kind bekomme, aber mir fiel nichts Besseres ein. Ich dachte schon, nun sagen sie womöglich: «Ja, und was erwarten Sie jetzt von uns?» Aber das geschah nicht. Ich habe erst für nächste Woche einen Termin bekommen. Sie wollen wohl abwarten, bis die Gefahr einer Fehlgeburt einigermaßen vorbei ist, damit sie nicht unnötig Zeit verlieren, denke ich.
Mir ist immer noch ständig übel. Ich fahre mit der U-Bahn zur Arbeit, zur Hauptverkehrszeit bekommt man selten einen Sitzplatz. Es ist so unangenehm, in einer U-Bahn zu stehen, die schaukelt und ruckelt, man wird hin und her geschleudert. Heute Morgen war ich ziemlich wackelig auf den Beinen und hatte Angst, es nicht bis nach draußen zu schaffen, falls ich mich übergeben müsste. Ich wäre fast zwischendurch ausgestiegen, um mich über einen Papierkorb zu beugen, aber ich habe dann doch durchgehalten.
Freitag
Ich bin total geschockt! Heute hat H. in seiner Schule erzählt, dass er Vater wird. Seine Kollegen waren jedoch von unseren Plänen, den Elternurlaub zu teilen, überhaupt nicht begeistert. Ein richtiger Mann nimmt offenbar keinen Elternurlaub. Einer hat sogar zu H. gesagt, er solle die Hosen anziehen. Wo sind wir eigentlich – im Mittelalter?
Nicht einmal die Frauen haben ihn unterstützt. Eine meinte, er solle mir nicht «den innigen Kontakt, den nur Mütter zu ihren Neugeborenen haben», abspenstig machen. Daran glaube ich keine Sekunde. Warum sollten nur Mütter Nähe zu ihren Kindern empfinden können? Wenn Väter dies nicht können, liegt es daran, dass sie früher keine Möglichkeit bekamen, sich um sie zu kümmern, und nicht daran, dass sie nicht dazu in der Lage sind!
Ich war stinksauer. Und das in einem schwedischen Gymnasium – geäußert von denjenigen, die unsere Erwachsenen von morgen erziehen. Kein Wunder, dass die Gleichstellung in einer Krise ist! H. war natürlich auch enttäuscht, er hatte gedacht, die Leute würden seine Entscheidung positiv aufnehmen, und dann das ...
Im Übrigen ist mir nur noch schlecht. Wann ist das endlich vorbei?