Читать книгу Zu neugierige Mörder: 9 Krimis - Karl Plepelits - Страница 10

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Bount Reiniger war sicher, dass sich der flüchtige Verbrecher hier unten verkrochen hatte. Er ärgerte sich, dass er es noch so weit hatte kommen lassen. Eigentlich hätte er ihn schon draußen auf der Straße erwischen müssen, doch dann war die Frau mit den beiden Kindern dazwischen gelaufen, und er hatte unmöglich schießen können.

Skrupellos hatte Jil Fernay diesen sekundenlangen Vorteil genutzt und war in dem gähnenden Schlund der Tiefgarage verschwunden.

Das hilft dir nichts, dachte Bount. Ich habe dich nicht wochenlang gehetzt, zweimal schon fast gehabt, wieder aus den Augen verloren und nach nervenaufreibender Suche doch erneut aufgespürt, um dich jetzt sang und klanglos untertauchen zu lassen.

Die Automatic lag kühl in der Hand. Sein scharf geschnittenes Gesicht wirkte hart und entschlossen.

Er war nicht gewillt, dem Gegner eine Chance einzuräumen.

Er musste sich beeilen. Die Tiefgarage bot nicht nur glänzende Verstecke, sondern auch verschiedene Ausgänge, die er nicht gleichzeitig im Auge behalten konnte. Er war allein.

Um Hilfe anzufordern, war es zu spät. Er musste das Äußerste wagen.

Von irgendwo klangen Schritte. Er konnte die Richtung nicht genau bestimmen.

Hier unten hallte jedes Geräusch und wurde von den Wänden zurückgeworfen. Bount glaubte nicht, dass Jil Fernay solchen Lärm verursachte.

Oder wollte er ihn zu einer Unvorsichtigkeit verleiten? Wollte er ihn in eine Falle locken?

Der Gangster war bewaffnet. Er hatte bereits eindringliche Kostproben seiner Schießkunst bekommen.

Bount Reiniger hastete vorwärts. Das Labyrinth von Gängen, Auffahrten und Stellplätzen nahm ihn auf. Alles war in ein trübes Halbdunkel getaucht.

Hinter jeder Biegung, hinter jedem lackglänzenden Wagen konnte der zu Allem entschlossene Gangster lauern.

Wieder die Schritte. Jetzt war deutlich zu hören, dass sie sich unmittelbar vor ihm befanden.

Bount durchzuckte es eiskalt. Das war nicht Jil Fernay. Irgendein Ahnungsloser ging zu seinem Auto.

Wenn der Verbrecher ihn mit seinem Verfolger verwechselte, musste es zu einer schrecklichen Bluttat kommen.

„Schieß nicht, Jil Fernay!“ schrie er. „Du hast einen Unschuldigen vor dir.“

In der gleichen Sekunde füllte eine Detonation die weiträumige Etage.

Unmittelbar darauf folgte eine zweite.

Der Schrei war nur ganz kurz. Dann hörte Bount ein Gurgeln und endlich das Aufklatschen eines Körpers.

Bount Reiniger nahm keine Rücksicht mehr auf sich und auf die tödliche Gefahr, in die er hineinrannte. Irgendwo schlug eine Tür zu.

Jemand stöhnte. Bount raste um die Biegung, prallte um ein Haar gegen einen massiven Pfeiler, schlug gerade noch rechtzeitig einen Haken und stürzte der Länge nach über den Körper, der auf dem Boden lag.

Im Nu raffte er sich wieder auf.

In der gleichen Sekunde wusste Bount Reiniger, dass er die Partie zum dritten Mal verloren hatte. Der Angeschossene lebte noch. Sein Röcheln ging stoßweise. Er musste sich unbedingt um ihn kümmern. Alles andere war jetzt von untergeordneter Bedeutung.

Er beugte sich herab und legte die Automatic neben den Verletzten, damit er sie notfalls sofort zur Hand hatte. Doch er glaubte nicht, dass Jil Fernay noch einmal auftauchen würde. Der war längst über alle Berge.

Der Atem des Mannes ging schwach. Seine Augen waren geschlossen, doch die Lider flatterten. Er war um die fünfzig. Familienvater vermutlich.

Bount stieg ein bitterer Geschmack in den Hals.

Diese Bestie! Für solche Lumpen spielte es keine Rolle, ob ihre Kugel einen Unschuldigen traf, wenn sie dadurch ihre Haut retten konnten.

Der Privatdetektiv suchte die beiden Einschüsse, ohne den Mann zu bewegen. Er fand nur einen, doch dieser befand sich in der Brust, in gefährlicher Nähe des Herzens.

„Ich besorge einen Arzt“, sagte er, aber er glaubte nicht, dass der Mann ihn überhaupt hörte.

Er steckte die Pistole im Aufspringen zu sich und rannte zu einem der Aufzüge, der sich gerade in diesem Stockwerk befand.

Er drückte auf irgendeinen Knopf und wartete ungeduldig, dass sich der Lift endlich in Bewegung setzte.

Als der Aufzug nach nur kurzer Zeit hielt, hatte Bount keine Ahnung, wo er sich befand. Er sah sich in einem langen Gang mit vielen gleich aussehenden Türen. Er wählte die nächst erreichbare und riss sie ungestüm auf.

Eine schrille Stimme kreischte.

Ein rothaariges Girl rutschte vom Schoß eines fetten Glatzköpfigen, der Lippenstiftspuren auf der Wange hatte. Es zog sich den knappen Rock zurecht, der etwas in Unordnung geraten war.

„Was fällt Ihnen ein, Sie Flegel?“, tobte der Glatzkopf. „Können Sie nicht anklopfen? Wer sind Sie überhaupt?“

Das Mädchen kicherte albern.

Bount Reiniger kümmerte sich um beide nicht. Er hatte das Telefon auf dem Schreibtisch entdeckt und war mit zwei Schritten zur Stelle.

Während er den Hörer abhob, fragte er knapp: „Was ist das für ein Büro?“

Der Dicke zeigte sich nicht gewillt, Rede und Antwort zu stehen. Er brachte seine verschobene Krawatte in Ordnung und strich sich über das nicht vorhandene Haar.

„Sag Lendley Bescheid, Karmin!“, keuchte er. „Er soll sicherheitshalber Brooks mitbringen.“

Bount sah Schwierigkeiten auf sich zukommen. Seine Wut war durchaus geeignet, um sie bei einer handfesten Schlägerei abzubauen. Doch er durfte keine Zeit verlieren. Hier ging es um ein Menschenleben.

Er riss die Automatic aus der Halfter und befahl unfreundlich: „Hiergeblieben!“

Der Dicke wurde kreidebleich und begann zu schwitzen.

Das Mädchen hielt einen hysterischen Aufschrei für angemessen. Doch es gehorchte.

Bount wählte die Nummer und sah sich suchend in dem Büro um. Mühelos entdeckte er, was er wissen wollte.

Als die Verbindung hergestellt war, sagte er hastig in die Muschel: „Wir brauchen hier sofort einen Arzt. Aber beeilen Sie sich! Es geht um Leben und Tod. Wo? Ich erwarte Sie Achtundneunzigste Ost Nummer hundertzweiunddreißig im Büro der Willington Agentur.“

Er warf den Hörer auf die Gabel zurück und atmete erst mal aus.

„Ma ... machen Sie sich nicht unglücklich, Mister Potter“, stammelte der Glatzkopf weinerlich. „Ich kann Ihnen alles erklären. Es ist nicht, was Sie vielleicht glauben.“

Jetzt lachte die Rothaarige.

„Hör auf, Arthur!“, sagte sie. „Das ist doch nicht mein Mann. Der will ganz was anderes als uns eine Eifersuchtsszene machen.“

„A ... aber wenn Sie Geld wollen. Die Kasse ist nicht hier.“ Der Mann war total aufgelöst.

„Mein Name ist Reiniger“, stellte sich Bount Reiniger nun endlich vor. „Ich bin Privatdetektiv.“

„Also steckt doch dein Mann dahinter, Karmin“, keuchte der Dicke. „Er lässt dich beobachten. Aber Sie können uns nichts ...“

„Ihre Sorge ist völlig unbegründet“, beruhigte ihn Bount. „Alles, was ich von Ihnen wollte, habe ich bereits erledigt. Entschuldigen Sie meinen Überfall, aber unten in der Garage wurde geschossen. Jetzt kann nur noch ein Arzt helfen. Hoffentlich.“

Arthur Willington schluckte. „Geschossen? Haben Sie etwa ...?“

Bount Reiniger winkte ab. Er erzählte genau soviel, wie er glaubte, den beiden Erschreckten schuldig zu sein.

Dann wartete er auf den Arzt und informierte in der Zwischenzeit die Polizei.

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis

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