Читать книгу Zu neugierige Mörder: 9 Krimis - Karl Plepelits - Страница 27

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Er besaß jetzt eine echte Chance, das Leben von Linda Rogers und Bob Randy zu retten. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als zurückzufahren. Wenn die Gangster Gold sahen, mussten sie ihr Versprechen einlösen.

Bount Reiniger hatte nun nicht mehr viel Zeit. Die Leibesvisitation hatte zwar keine Waffen zutage gefördert, aber ihm war klar, dass er unbedingt etwas brauchte, um gegen die vier Gangster zu bestehen.

Natürlich hüteten sie ihre Revolver eifersüchtig. Es war unmöglich, unbemerkt an einen heranzukommen.

Sie schliefen auch nun nicht mehr. Keiner wollte versäumen, wenn sie am sehnsüchtig erwarteten Ziel anlangten. Jeder misstraute seinen Kumpanen und fürchtete, um seinen Anteil betrogen zu werden.

Bei der Geschichte mit den angeblich versteckten Sprengladungen handelte es sich natürlich lediglich um einen Trick, um die Gangster von dem Goldversteck fernzuhalten und einen Trumpf gegen sie zu haben. Je länger Bount Reiniger allerdings darüber nachdachte, um so stärker setzte sich der Gedanke in ihm fest, dass Jil Fernay seine Beute tatsächlich auf irgendeine Weise gesichert haben könnte.

Diese Erkenntnis gefiel ihm absolut nicht. Was eben noch wie ein Pluspunkt für ihn ausgesehen hatte, bereitete ihm nun Unbehagen.

Während er den Jeep lenkte, grübelte er über die letzten Gespräche mit dem Goldräuber nach. War nicht bis zuletzt etwas wie Hohn in seiner Stimme gewesen? Hatte er nicht zuversichtlich die Überzeugung geäußert, dass er, Bount Reiniger, ihm auf dem Weg zur Hölle vorangehen würde.

Das mochten lediglich ohnmächtige Hasstiraden gewesen sein. Jedenfalls nahm sich Bount vor, äußerste Vorsicht walten zu lassen.

Nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrt, während der kaum gesprochen wurde, tauchten vor ihnen die niedrigen, viereckigen Schatten von Hütten auf.

Die Gangster wurden schlagartig aufgeregt, und wie es in Linda Rogers und Bob Randy aussah, konnte sich Bount lebhaft vorstellen, war er doch selbst alles anders als ruhig.

Aber gerade das musste er jetzt sein. Ihm durfte kein Fehler unterlaufen. Zumindest nicht solange, wie sich die beiden Geiseln in der Gewalt der Verbrecher befanden.

Er wandte sich an Bark Fernay und sagte: „Ich kann nicht garantieren, dass man uns freundlich empfängt. Diese einfachen Araber können sehr gastfreundlich sein, aber auch voller Argwohn und Feindseligkeit. Es kann passieren, dass man auf uns schießt. Es ist in diesem Fall besser, sie nicht zu provozieren. Sie müssen merken, dass wir sie nicht berauben wollen.“

„Sollen wir uns etwa abknallen lassen?“, brauste Bark Fernay auf. „Mit diesen zerlumpten Halunken werden wir schon fertig.“

Bount Reiniger antwortete nicht. Er zeigte ein verschlossenes Gesicht. Er war wirklich nicht sicher, wie man sie begrüßen würde. Jil Fernay konnte hier viel Porzellan zerbrochen haben. Andererseits hätte er sich kaum diese ärmliche Siedlung als Versteck für seine Beute ausgesucht, wenn er mit den Eingeborenen in Streit geraten wäre.

„Hast du ein Foto deines Bruders, Fernay?“, erkundigte sich der Detektiv.

„Bist du verrückt? Meinst du, ich schleppe ein Familienalbum mit mir herum? Der Kerl kann mir gestohlen bleiben. Dem war ich nie ganz grün. Er bildete sich immer ein, gerissener zu sein.“

„Ein Foto würde uns helfen“, beharrte Bount. „Ich muss gestehen, dass mein Arabisch miserabel ist. Wir wüssten gleich, wie wir uns zu verhalten haben. Reagieren sie auf das Gesicht deines Bruders sauer, könnten wir behaupten, ihn wegen eines Verbrechens zu suchen. Sind sie ihm aber freundlich gesinnt, könntest du dich als sein Verwalter zu erkennen geben. So oder so würden sie uns wahrscheinlich die Hütte zeigen, in der er sich aufgehalten hat.“

„Was soll das heißen, Reiniger? Ich denke, du kennst das Versteck genau. Fängst du vielleicht schon wieder mit deinen Ausflüchten an?“

Bount Reiniger beruhigte ihn. „Ich weiß alles, was Jil mir erzählt hat. Aber es könnte doch sein, dass er mich tatsächlich hereinlegen wollte. Damit müssen wir rechnen.“

Hugh, der hinter ihm saß, räusperte sich ungeduldig.

„Merkst du was, Boss“, fauchte er. „Der Typ sucht ein neues Schlupfloch.“

„Das kann er meinetwegen suchen, bis er schwarz ist“, gab Bark Fernay böse zurück. „Unsere Vereinbarung gilt. Die beiden Geiseln kriegen ihre Freiheit, wenn er uns einen Teil des Goldes bringt. Ist das nicht innerhalb der nächsten Stunde geschehen, schenke ich euch die Biene.“

Hugh lachte rau. „Fast wünsche ich, dass er es in der Zeit nicht schafft. Die Puppe macht mich gewaltig an.“

„Mich macht das Gold viel mehr an, Hugh. Damit kannst du dir soviel Weiber leisten, wie du nur willst.“

„Das ist wahr, Boss. Vielleicht bietet sie sich sogar noch freiwillig an.“ Der Gangster lachte, und seine Augen glitzerten begehrlich.

Die kleine Siedlung, die nur aus zwölf Lehmhütten bestand, lag nun schon so nahe, dass ihre Bewohner längst auf die beiden in Staubwolken gehüllten Fahrzeuge aufmerksam geworden waren.

Ein paar Männer mit verschlossenen Gesichtern näherten sich ihnen. Einer hielt ein langläufiges Gewehr in der Hand. An den anderen waren keine Waffen zu entdecken, doch hatten sie sicher unter ihrem Burnus Revolver und Messer versteckt.

Der Mann mit dem Gewehr schien der Anführer zu sein, denn er rief ein paar laute Worte zurück, die niemand in den Jeeps verstehen konnte.

Bei den Hütten entstand eine neue Bewegung. Ein paar Kamele wurden zusammengetrieben. Frauen holten ihre Kinder in die primitiven Unterkünfte.

„Es ist vielleicht besser, wenn erst ein Wagen hinfährt“, meinte Bount. „Die Männer könnten sich bedroht fühlen.“

Bark Fernay nickte und rief einen entsprechenden Befehl zu Boiler hinüber, der ihn an Bob Randy weitergab.

Das zweite Fahrzeug blieb zurück, und Linda Rogers sah sich besorgt um. Die Frau wusste, dass Bob Randy sehr leicht zu provozieren war. Wenn Bount Reiniger nicht vermittelnd eingriff, konnte er im letzten Augenblick noch alles aufs Spiel setzen.

Aber Bob Randy verhielt sich ruhig. Auch er hatte wohl endlich begriffen, dass der Detektiv keineswegs feige war, sondern im Gegenteil sehr genau wusste, wie man diese Lumpen behandeln musste.

Bount Reiniger steuerte den Wagen bis kurz vor die Gruppe, die ihnen entgegengekommen war. Dort hielt er an und stellte erleichtert fest, dass die Araber ebenfalls eine abwartende Haltung einnahmen. Sie schienen nicht aggressiv zu sein. Ließ man sie in Ruhe, blieben sie auch friedlich.

„Wer spricht mit ihnen?“, fragte Bount Reiniger den Gangsterboss.

„Ich kann auch kein Arabisch. Wir müssen uns irgendwie anders verständlich machen. Das ist deine Aufgabe. Je schneller du das schaffst, um so mehr Zeit bleibt dir, das Gold zu holen.“

Bount blickte suchend zu den Hütten hinüber. Jil Fernay hatte ihm das Versteck ziemlich exakt beschrieben. Er fand die örtlichen Gegebenheiten zumindest bestätigt. Das konnte er als Beweis werten, dass der Goldräuber tatsächlich hier gewesen war. Ob er ihm allerdings auch die richtige Hütte bezeichnet hatte, musste dahingestellt bleiben.

Bount warf einen kurzen Blick auf Linda Rogers, die total verängstigt auf ihrem Sitz neben Hugh saß und ihn flehentlich anstarrte. Hoffentlich gelang es ihm, ihr zu helfen!

Er versuchte es zunächst auf englisch, indem er sich nach einem Mann erkundigte, der vor einigen Wochen hier gewesen sein musste.

Die Araber steckten die Köpfe zusammen und schüttelten sie schließlich. Sie hoben die Schultern und redeten nun lautstark auf sie ein. Leider in einem völlig unverständlichen Kauderwelsch.

Bount beherrschte verschiedene Sprachen. Unter anderem auch Russisch, doch auch damit hatte er kein Glück.

Er protzte mit Spanisch und Portugiesisch, doch erst als ihm ein französischer Brocken entfuhr, hellten sich die finsteren Mienen der Araber geringfügig auf. Ihr Wortschwall wurde noch stärker, und der Mann mit dem Gewehr rief deutlich ein paar Worte, die zwar auch arabisch klangen, wenn sie auch französisch sein sollten.

„Wir haben offenbar Glück“, raunte Bount seinem Nachbarn zu.

„Du hast Glück“, korrigierte Bark Fernay. „Wie du es anstellst, interessiert mich nicht besonders. Ich will nur das Gold. Und zwar das ganze Gold. Ich weiß genau, wie viel es sein muss. Die Zeitungen haben ja lang und breit darüber berichtet. Versuche also gar nicht erst, uns mit einem Almosen abzuspeisen.“

„Erst muss ich unsere Gastgeber mal überzeugen“, bremste Bount Reiniger seine Goldgier.

Er verließ nun den Wagen, zeigte den dunkelhäutigen Männern seine leeren Hände und ging auf sie zu.

Der Anführer machte keinen schlechten Eindruck auf ihn. Er hätte gewünscht, sich besser mit ihm verständigen zu können. Vielleicht wäre es möglich gewesen, mit seiner Hilfe die Gangster zu überwinden.

So aber war überhaupt nicht daran zu denken. Er musste froh sein, wenn es ihm gelang, in die bezeichnete Hütte einzudringen, ohne dass er von Araberkugeln durchlöchert oder von einer Sprengladung zerfetzt wurde.

Das folgende Gespräch verlief sehr mühselig. Doch endlich stellte sich heraus, dass diese Leute durchaus intelligent waren. Sie hatten sich schon gedacht, dass die Weißen jenen Mann suchten, dem sie vor einiger Zeit Gastfreundschaft gewährt hatten.

Gastfreundschaft! Dieses Wort zählte unter den meisten arabischen Stämmen noch etwas. Bount Reiniger durfte sich keineswegs als Feind Jil Fernays zu erkennen geben. Er hätte sämtliche Bewohner dieser Siedlung gegen sich aufgebracht.

Deshalb erfand er eine rührende Geschichte, in der viel von Familienbanden die Rede war, was auf diese Leute einen nicht geringen Eindruck machte.

Der Anführer lud sie endlich in sein Dorf ein. Allerdings bestand er darauf, dass Linda Rogers ihr Gesicht verhüllte.

Bount Reiniger ging zum Wagen zurück und erstattete Bericht.

Bark Fernay triumphierte.

„Gut gemacht, Reiniger!“, sagte er. „Du bist anscheinend doch ein gerissener Hund. Aber vergiss nicht, dass du es bei uns nicht mit primitiven Arabern zu tun hast. Wir klopfen dir gehörig auf die Finger, falls du uns verschaukeln willst.“

Er winkte das zweite Fahrzeug heran, und die Araber geleiteten die beiden Wagen bis zu der Siedlung.

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis

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