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1. Marktmissbrauchsverordnung
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Im Zentrum der aktuellen Entwicklung der Kapitalmarkt-Compliance steht der Kampf des Europäischen Gesetzgebers gegen den Marktmissbrauch. Die „neue“ Marktmissbrauchsverordnung[34] und die damit einhergehende Überarbeitung der Marktmissbrauchsrichtlinie[35] wurde am 16.4.2014 beschlossen und ist seit dem 3.7.2016 in Kraft. Die MAR löst die Richtlinie ab, da die Bestimmungen veraltet und nicht mehr effektiv und ausreichend waren, um die Bedürfnisse eines funktionierenden und sicheren Marktes heutzutage zu gewährleisten.[36]
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Bereits am 23.1.2003 hatte der Europäische Gesetzgeber die Marktmissbrauchsrichtlinie verabschiedet. Ziel dieser Richtlinie war es, einheitliche Regelungen in Bezug auf Insiderhandel und Marktmanipulation im europäischen Rechtsraum zu schaffen.[37]
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Schon die Marktmissbrauchsrichtlinie als Vorgänger der nun geltenden Verordnung galt als wesentlichster Baustein auf EU-Ebene für die Emittenten-Compliance. Sie umfasste u.a. Regelungen bzgl. der Ad-hoc-Publizität, des Verbots von Marktmanipulation und Insidergeschäften und der Offenlegung von Directors' Dealings.[38] Die vormals bestehenden Insider-[39] und Börsenzulassungsrichtlinien[40] (bzgl. der Ad-hoc-Publizität) wurden damit ersetzt, und andere Verhaltens- und Publizitätspflichten, wie etwa die Directors' Dealings, wurden erstmals geregelt. Ziel war es, durch die Schaffung eines einheitlichen europäischen Regimes, in diesen Bereichen das Vertrauen in die Kapitalmärkte wieder zu stärken. Neben der Richtlinie selbst, hatte die EU-Kommission, auf der Grundlage von Empfehlungen des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden – ehemalig CESR,[41] heute ESMA – verschiedene Durchführungsrichtlinien erlassen sowie die Verordnung zu Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen,[42] welche unmittelbar in Deutschland galten.
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Die Marktmissbrauchsrichtlinie sowie die deutschen Gesetze zur Umsetzung sollten jedoch ersetzt werden, um das Ziel einer funktionierenden „Kapitalmarktunion“ in der Europäischen Union mit einem sicheren und funktionierenden Markt zu erreichen.[43] Am 20.10.2011 legte die EU-Kommission nach einer Konsultationsphase einen ersten Entwurf einer Marktmissbrauchsverordnung vor, welche in den Mitgliedstaaten unmittelbare Anwendung findet. Ziel der neuen Regelung ist die Stärkung der Aufsicht und Regulierung und die maximale Harmonisierung der Vorschriften zum Markmissbrauch. Investoren sollen besser geschützt werden, unter anderem durch die Ausweitung von Insider- und Marktmanipulationsregeln, strengere Regelungen im Bereich der Publizitätspflichten zu Ad-hoc-Mitteilungen und Eigengeschäften von Führungspersonen sowie der Erweiterung des Insiderinformationsbegriffs. Im Zuge des Bekanntwerdens der LIBOR-Manipulationen wurde zudem vorgesehen, Referenzwertmanipulationen zu untersagen. Außerdem wurde die Erweiterung des Geltungsbereichs der Regelungen auf OTC-Geschäfte vorgesehen. Nach verschiedenen Änderungen und Anpassungen wurde am 10.9.2013 veröffentlicht, dass das Parlament sich mit einem Entwurf der neuen Verordnung einverstanden erklärt hatte.
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Die Marktmissbrauchsrichtlinie wurde mit Wirkung zum 3.7.2016 aufgehoben.[44] Die seit dem geltende MAR verfolgt neben einer Steigerung der Marktintegrität insbesondere eine Harmonisierung des Kapitalmarktes, um Handelshemmnisse abzubauen.[45] Neben einem erweitertem Anwendungsbereich auch für Freiverkehrsemittenten sieht die MAR u.a. eine Verschärfung der Verwaltungsstrafen vor: So sind Strafen für Unternehmen in Höhe von bis zu 15 % des Konzernumsatzes bei Verstößen gegen das Verbot von Insidergeschäften oder der Marktmanipulation[46] und daneben die Abschöpfung bis zum dreifachen der durch den Verstoß erlangten Gewinne eingeführt worden. Zudem werden Verstöße und Sanktionengrundsätzlich auf der Internetseite der nationalen Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht („naming and shaming“). Dies kann neben den hohen Bußgeldern einen Reputationsschaden der Gesellschaft zur Folge haben. Die Umsetzung dieser unternehmensbezogenen Vorgaben in Deutschland erfolgt im Bußgeldrecht, da das deutsche Recht „Strafen“ gegen Unternehmen (bislang) nicht vorsieht.
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Aber auch den handelnden Führungskräften im Unternehmen selbst drohen seit Inkrafttreten der Verordnung deutlich schärfere Sanktionen.