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2. Insiderverzeichnis
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Dementsprechend hat auch das Instrument zur Sicherung der Emittenten-Compliance im Bereich der Insiderhandelsverbote, das Insiderverzeichnis, drei Funktionen:[36]
– | Es soll der Aufsichtsbehörde die Überwachung und der Nachweis von Insidergeschäften erleichtert werden, indem sie Kenntnis über die Insider im Unternehmen erhält (externe Überwachungs- und Sanktionsfunktion). |
– | Es soll die Aufgabe derer erleichtern, die intern den Fluss der Insiderinformationen und die Einhaltung von Geheimhaltungspflichten überwachen müssen (Organisations- und interne Überwachungsfunktion). |
– | Es bezweckt die Aufklärung der Insider über ihre Rechte und Pflichten und beinhaltet damit eine gewisse Abschreckungswirkung (Sensibilisierungsfunktion). |
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Nach Art. 18 Abs. 1 lit. a MAR haben Emittenten und in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Personen eine Liste aller Personen aufzustellen, die Zugang zu Insiderinformationen haben, wenn diese Personen für sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages oder anderweitig Aufgaben wahrnehmen, durch die diese Zugang zu Insiderinformationen haben, wie Berater, Buchhalter oder Ratingagenturen.
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Ein entscheidender Unterschied zu den früheren Regelungen des WpHG ist, dass die MAR die Emittenten grundsätzlich verpflichtet, projekt-/ereignisbezogene Insiderlisten zu führen. Das bislang oft praktizierte Führen einer Liste der permanenten (funktionsbezogenen) Insider ist weiterhin freiwillig möglich, aber definitiv nicht mehr ausreichend.[37] Die Aufbewahrungsdauer der Verzeichnisse wurde von sechs auf nunmehr fünf Jahre verkürzt, und es besteht keine Pflicht mehr zur Vernichtung der Liste nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist.
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Für die Informationen, die die Insiderliste enthalten soll, das Format und die Aktualisierung macht die „Durchführungsverordnung (EU) 2016/347 der Kommission vom 10.3.2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards“ in Anhang I genaue Vorgaben. Aufzunehmen sind danach alle Personen, die kraft Arbeitsvertrag oder Aufgabe Zugang zu Insiderinformationen haben und für den Emittenten tätig sind. Sie erfolgt in elektronischer Form und umfasst nunmehr auch Geburtsname, dienstliche und private Telefonnummern (Festnetz und mobil) sowie Datum und Uhrzeit der Erlangung von sowie des Endes des Zugangs zu Insiderinformationen. Nach Art. 18 Abs. 4 MAR sind Insiderlisten unverzüglich zu aktualisieren. Dies gilt auch dann, wenn sich am Grund für die Erfassung etwas ändert.
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Übersicht über die anzugebenden Personendaten WpAIV[38] (alt)/MAR (neu)
§ 14 WpAIV | Art. 18 Abs. 7 MAR |
---|---|
Vor- und Nachname | Wie bisher, sofern abweichend auch Geburtsname |
Tag und Ort der Geburt | Geburtsdatum Nationale Identifikationsnummer (wenn vorhanden, sonst zusätzlich Geburtsort) |
Privat- und Geschäftsanschrift | Wie bisher, zusätzlich sämtliche private und berufliche Telefonnummern (Festnetz und Mobiltelefon) |
Grund für die Aufnahme | Position und Grund für Insidereigenschaft |
Datum der Kenntniserlangung von der Insiderinformation | Datum und Uhrzeit (in UTC) der Kenntniserlangung von der Insiderinformation Datum und Uhrzeit (in UTC) der Erstellung des jeweiligen Abschnitts der Insiderliste |
Datum ab dem Zugang nicht mehr besteht | Datum und Uhrzeit (in UTC), ab dem der Zugang nicht mehr besteht |
Datum der Erstellung und der letzten Aktualisierung der Liste | Datum und Uhrzeit der letzten Aktualisierung |
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Die Struktur des Insiderverzeichnisses über die gesetzlichen Vorgaben hinaus bleibt dem Emittenten überlassen.[39] In einem funktionsbezogenen Verzeichnis können auch ohne konkreten Anlass Mitarbeiter erfasst werden, die aufgrund ihrer Funktions- und Verantwortungsbereiche typischerweise mit Insiderinformationen in Berührung kommen, beispielsweise Vorstand und Aufsichtsrat, Investor-Relations, M&A, aber auch die Rechts- und Compliance-Abteilung (Function Insider). Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Bezeichnung so konkret ist, dass die Informationen dem entsprechenden Personenkreis zugeordnet werden können und die Personen, die Zugriff haben, jederzeit identifizierbar sind.
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Beispiele für Funktionen oder Tätigkeiten, bei denen bestimmungsgemäßer Zugang zu Insiderinformationen denkbar ist:
– | Mitgliedschaft in Organen der Gesellschaft, |
– | Mitgliedschaft im Offenlegungskomitee,[40] |
– | Vor- und Nachbereitung von Unterlagen für oder von Sitzungen der Organe oder des Offenlegungskomitees, |
– | Mitarbeit bei der Erstellung, Prüfung oder Veröffentlichung von Quartals- und Jahresberichten, |
– | Vorbereitung von Ad-hoc-Meldungen und dazugehörigen Pressemeldungen, |
– | Bearbeitung von Compliance-Sachverhalten mit potentieller Kursrelevanz, |
– | Entwicklung der Unternehmensstrategie, |
– | Mitarbeit bei M&A- und Joint Venture-Projekten, |
– | Projekte der Konzernfinanzierung. |
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Mit dem Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es hingegen unvereinbar, schlicht alle Mitarbeiter des Unternehmens in das Verzeichnis aufzunehmen.[41]
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Beispiel mit notwendigen Angaben einer Insiderliste mit „permanenten Insidern“
VORLAGE 1 |
Insiderliste: Abschnitt in Bezug auf [Bezeichnung der geschäftsspezifischen oder ereignisbasierten Insiderinformation] |
Datum und Uhrzeit (der Einrichtung dieses Abschnitts der Insiderliste, d. h., wann diese Insiderinformation identifiziert wurde): [JJJJ-MM-TT; hh:mm UTC (Koordinierte Weltzeit)] |
Datum und Uhrzeit (letzte Aktualisierung): [JJJJ-MM-TT, hh:mm UTC (Koordinierte Weltzeit)] |
Datum der Übermittlung an die zuständige Behörde: [ JJJ-MM-TT ] |
Vor- name(n) des Insiders | Nachname(n) des Insiders | Geburtsname(n) des Insiders (falls abweichend) | Dienstliche Telefonnummern(n) (Durchwahl und mobil) | Name und Anschrift des Unternehmens | Funktion und Grund für die Einstufung als Insider | Erlangung des Zugangs (Datum und Uhrzeit der Erlangung des Zugangs zu Insiderformationen) | Ende (Datum und Uhrzeit der Beendigung des Zugangs zu Insiderinformationen) | Geburtsdatum | Nationale Identifikationsnummer (falls zutreffend) | Private Telefonnummern (Festnetz und mobil) | Vollständige Privatanschrift (Straße; Hausnummer; Stadt; Postleitzahl; Land) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
[Text] | [Text] | [Text] | [Nummern (kein Leerzeichen)] | [Anschrift von Emittent/Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate/Versteigerungsplattform/Versteigerer/Auktionsaufsicht oder Drittem des Insiders] | [Text mit Beschreibung von Rolle, Funktion und Grund für die Aufnahme in diese Liste] | [JJJJ-MM-TT, hh: mm UTC] | [JJJJ-MM-TT, hh: mm UTC] | [JJJJ-MM-TT] | [Nummer und/oder Text] | [Nummern (kein Leerzeichen)] | [Text: genaue Privatanschrift des Insiders – Straße und Hausnummer – Stadt – Postleitzahl – Land] |
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Relevanz gewinnt die Führung eines projektbezogenen Insiderverzeichnisses (Project Insider) nicht zuletzt dadurch, dass nunmehr explizit auch Zwischenschritte durch die Insiderregelungen erfasst werden. Gerade bei größeren M&A-Projekten sind in der Regel nicht nur Stabsabteilungen, die regelmäßig schon unter die Funktionsinsider fallen dürften, sondern auch operative Bereiche auf den verschiedensten Ebenen und die hinzugezogenen externen Berater betroffen. Ergänzend empfiehlt es sich eine Watchlist zu führen, auf der anstehende oder im Gang befindliche Projekte mit Kursbeeinflussungspotential gelistet sein sollten. Diese erlaubt es frühzeitig Mitarbeiter, die voraussichtlich mit sensiblen Projektdaten in Berührung kommen werden, zu erfassen und entsprechend zu schulen.[42]
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Beispiel mit notwendigen Angaben einer Insiderliste hinsichtlich einer geschäftsspezifischen oder ereignisbasierten Insiderinformation
VORLAGE 2 |
Abschnitt „Permanente Insider“ der Insiderliste |
Datum und Uhrzeit (der Einrichtung des Abschnitts „Permanente Insider“) [JJJJ-MM-TT; hh:mm UTC (Koordinierte Weltzeit)] |
Datum und Uhrzeit (letzte Aktualisierung): [JJJJ-MM-TT; hh:mm UTC (Koordinierte Weltzeit)] |
Datum der Übermittlung an die zuständige Behörde: [ JJJ-MM-TT ] |
Vorname(n) des Insiders | Nachname(n) des Insiders | Geburtsname(n) des Insiders (falls abweichend) | Dienstliche Telefonnummern(n) (Durchwahl und mobil) | Name und Anschrift des Unternehmens | Funktion und Grund für die Einstufung als Insider | Aufnahme (Datum und Uhrzeit der Aufnahme in den Abschnitt „Permanente Insider“) | Geburtsdatum | Nationale Identifikationsnummer (falls zutreffend) | Private Telefonnummern (Festnetz und mobil) | Vollständige Privatanschrift (Straße; Hausnummer; Stadt; Postleitzahl; Land) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
[Text] | [Text] | [Text] | [Nummern (kein Leerzeichen)] | [Anschrift von Emittent/Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate/Versteigerungsplattform/Versteigerer/Auktionsaufsicht oder Drittemdes Insiders] | [Text mit Beschreibung von Rolle, Funktion und Grund für die Aufname in diese Liste] | [JJJJ-MM-TT, hh: mm UTC] | [JJJJ-MM-TT] | [Nummer und/oder Text] | [Nummern (kein Leerzeichen)] | [Text: genaue Privatanschrift des Insiders – Straße und Hausnummer – Stadt – Postleitzahl – Land] |
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Rein aus der Aufnahme in ein solches funktions- oder projektbezogenes Verzeichnis folgt jedoch nicht, dass bereits eine Insiderinformation vorliegt, die eine Ad-hoc-Publizität auslöst. Vielmehr gebietet es die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers, ein Verzeichnis bereits zu einem Zeitpunkt anzulegen, in dem die Insiderinformation noch nicht den erforderlichen Konkretisierungsgrad erreicht hat, um seinen Pflichten aus Art. 18 Abs. 2 MAR nachkommen zu können. Dieser schreibt vor, dass Emittenten oder die für sie handelnden Personen alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, um dafür zu sorgen, dass alle auf der Insiderliste erfassten Personen die aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften erwachsenden Pflichten schriftlich anerkennen und sich der Sanktionen bewusst sind, die bei Insidergeschäften, unrechtmäßiger Offenlegung von Insidergeschäften Anwendung finden. Entscheidend ist, dass die darin erfassten Meldepflichtigen Kenntnis von dieser Pflicht und den möglichen Auslösern haben und dies bestätigen. Dies kann auch in elektronischer Form erfolgen. Genauere Hinweise, wie eine solche Belehrung aussehen kann, gibt u.a. die BaFin auf ihrer Homepage in sog. Q&A´s.[43] Der Vorteil einer schriftlichen Belehrung liegt insbesondere darin, dass der klarstellende Hinweis aufgenommen werden kann, dass ein Verstoß gegen Insiderhandelsverbote einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten beinhaltet und disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen kann. Hierbei ist insbesondere an das Abmahnungserfordernis und dessen denkbare Entbehrlichkeit bei verhaltensbedingten Kündigungen zu denken.[44] Da eine einmalige Belehrung auch für mehrfache Einträge ausreicht, gilt der Grundsatz: Einmal belehrt ist für immer belehrt.
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Die Aufklärungspflicht richtet sich an das emittierende Unternehmen sowie an die eingeschalteten Beratungsfirmen, die im Rahmen ihres Auftrags bestimmungsgemäß mit Insiderinformationen in Kontakt kommen. Diese sind im Rahmen ihrer Tätigkeit nach Art. 18 Abs. 1 MAR als eine im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnde Person verpflichtet, ebenfalls Insiderverzeichnisse zu führen und ihre Mitarbeiter entsprechend zu belehren. Diese Pflicht sowie die Möglichkeit der Kontrolle ihrer Einhaltung sollte ebenfalls aus Gründen der Dokumentation bereits in den Vertrag, der die Geschäftsbeziehung regelt, aufgenommen werden.