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Tavernen als Treffpunkte der kleinen Leute

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Nimmt man diesen Urteilen die polemische Spitze, so bleibt das objektive Faktum, dass römische Wirtshäuser in der Tat ganz überwiegend von Angehörigen der unteren sozialen Schichten frequentiert wurden. Die Kriminalisierung dieses Publikums ist unangebracht; sie entspringt vor allem dem Unverständnis und der Abscheu der feinen Gesellschaft vor den sozialen Niederungen dieses Ambientes, mit dem man nichts zu tun haben wollte und durfte.

Es war tatsächlich in der Regel schlicht und volkstümlich, weil dort einfache Leute verkehrten. Viele von ihnen hatten keine andere Möglichkeit, geselliges Leben zu pflegen. Ihre winzigen Wohnungen erlaubten es nicht, Freunde oder Bekannte einzuladen. Ja, vielfach hatten sie nicht einmal Kochstellen, sodass den Bewohnern nichts übrig blieb, als sich warme Mahlzeiten in einer Imbissbude zu holen, die auch ein paar Sitzplätze für ‚Hausgäste‘ bot. Ein Kennzeichen sozialer Distinktion bestand darin, dass besser Gestellte eben nicht in der Öffentlichkeit essen und sich nicht in Kneipen, ‚Bars‘ oder Wirtschaften treffen mussten, um ihre Freizeit, den Abend oder die Nacht in geselliger Runde zu verbringen. Da ward aus der Not der anderen schnell eine Untugend gemacht: Treffpunkte der kleinen Leute waren suspekt, weil ‚unter Niveau‘ – und weil die Kaufkraft der normalen Klientel gering war, waren auch ihre Treffpunkte alles andere als glamourös. Und die dort angebotene Unterhaltung bewegte sich auf einem Niveau, das Angehörigen der Oberschicht als Absolventen der Rhetorenschule als zu wenig intellektuell erscheinen mochte – jedenfalls in der Theorie erhoben die von ihnen ausgerichteten und besuchten Gastmähler und Trinkgelage einen höheren Anspruch.

Die gesellschaftliche Ächtung von popinae und tabernae als „ehrlose Örtlichkeiten“ verhinderte, dass sich in der römischen Welt eine gehobene Gaststätten- und Restaurantkultur entwickeln konnte. Zwar gab es innerhalb der ‚plebejischen‘ Gastronomie durchaus erhebliche Unterschiede, aber ein oberes Segment konnte sich nicht etablieren, weil sich dessen Kunden selbst gesellschaftlich ausgegrenzt und desavouiert hätten. Feinschmeckerei und Tafelfreuden hatten es in dem von altväterlichen Moralisten geprägten geistigen Klima Roms schwer genug; sie indes zudem noch im öffentlichen Raum zu zelebrieren wäre als skandalöse Normverletzung sozial sanktioniert worden. Also blieb die feine Gesellschaft, wenn sie ‚feiern‘ wollte, in privaten Zirkeln unter sich – und tabuisierte allgemein zugängliche gastronomische Lokalitäten für ihre Angehörigen als unmoralische Plätze.

Nachtleben im alten Rom

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