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Wirtshaus-Latein

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Ausflüge in die Sexual- und Fäkalsprache gehörten ebenfalls zum ‚bodenständigen‘ Umgangston im Kneipenmilieu. Zwei Graffiti-‚Originaltöne‘ mögen das belegen: „Wenn mir einer sagt: ‚Steh auf zum Vögeln!‘, dann steh ich auf, falls es Grund dafür gibt, wenn nicht, trink ich weiter.“50 Wir kennen die Situation nicht, die dieser der Wand anvertrauten Botschaft zugrunde liegt, aber wir können sie uns unschwer ausmalen – zumal in einem Milieu, das der Prostitution, freundlich formuliert, nicht abgeneigt war. Ganz unmissverständlich ein anderes Graffito, durch das der Schreiber kundtut, er „habe die Wirtin gevögelt“ (futui coponam) – ein vulgäres Bekenntnis, das auch in der germanischen Provinz sein Pendant findet in einem auf ein Gefäß gekritzelten futui ospita(m), „ich habe es mit der Gastgeberin getrieben“.51

Niveauvoller, wenngleich nicht unbedingt appetitlicher ging es in der „Taverne der Sieben Weisen“ in Ostia zu. Dort waren es nicht Gäste, die in ausgelassener Stimmung die Wände bekritzelt hatten. Der Wirt selbst hatte Malereien in Auftrag gegeben, die berühmte griechische Philosophen zeigten. So weit, so unspezifisch für die normale Kneipe. Das Thema des ‚philosophischen‘ Diskurses verrät indes einen herben maskulinen Humor, der zum Wirtshausmilieu passt: es geht um den Stuhlgang. Genauer gesagt: ‚philosophisch‘ geadelte Ratschläge für denselben. „Um gut zu kacken, streichelte Solon seinen Bauch.“ – „Die hart Kackenden mahnte Thales, feste zu drücken.“ – „Kack gut und scheiß auf die Ärzte.“ An der Decke des Raumes waren Weinflaschen gemalt, von denen eine der Beischrift zu folge Falerner enthielt, den teuersten Wein der römischen Welt. Zusammen mit den philosophisch überhöhten Stuhlgang-Rezepten für manche Wissenschaftler ein entscheidendes Indiz, um diese caupona vinaria als einen Treffpunkt für die höheren Stände zu interpretieren: „Keine Kneipe für alle“, vermutete der italienische Archäologe Giorgio Calza, „sondern exklusiv und besucht von den Bohemiens der Zeit.“52


8 Wandmalerei aus der „Taverne der Sieben Weisen“ in Ostia; im Zentrum die Gestalt des Spartaners Ch(e)ilon

Ob Bohemiens oder nicht, die Wandmalereien der Taverne und ihre Beischriften dürften spätestens nach ein paar Bechern Wein zu einem schier unerschöpflichen Gesprächsgegenstand avanciert sein – auch eine Form der Kundenbindung, um die Gäste möglichst lange in den Nachmittag (die „Taverne der Sieben Weisen“ gehörte zu einem Thermenkomplex) oder in die Nacht hinein im Wirtshaus zu halten.

Nachtleben im alten Rom

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