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„Ein Mann, der der Masse lieber war als alle anderen“ – ­Sympathien für „volksnahe“ Kandidaten

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Noch ein halbes Jahrhundert danach, als die Auseinandersetzung zwischen Popularen und Optimaten bis hin zu Sullas Marsch auf Rom und seiner anschließenden „reaktionären“ Dictatur eskalierte, stellten sich die vici offen auf die Seite der Popularen. Einem ihrer prominenten Anführer, Marius Gratidianus, der sich als Praetor durch die Einrichtung öffentlicher Münzprüfungsstellen bei den kleinen Leuten beliebt gemacht hatte, ließ man in den vici Statuen errichten, an denen Weihrauch geopfert und Kerzen aufgestellt wurden – göttliche Ehren geradezu für den ersten lebenden Menschen.9 Als die Sullaner die Stadt besetzten, wurden diese Statuen umgeworfen10 und Gratidianus selbst wurde gefangen genommen und auf grausamste Weise ermordet – „ein Mann, der der Masse lieber war als alle anderen“11.

Die Sympathie der Unterschichten, das zeigte die Verehrung des Gratidianus in allen vici, lag verständlicherweise bei den Popularen, die zumindest vorgaben, Politik für das Volk zu machen. Wenn einzelne vici in den Jahren seiner Gewaltherrschaft dem Dictator Sulla durch eine Statue huldigten,12 mag man das als opportunistische Wende ansehen, doch weiß man zu wenig über die Hintergründe. Es musste ja nicht wirklich der gesamte vicus – oder auch nur eine Mehrheit – dahinterstehen, wenn ein von Sulla eingesetzter Beamter eine solche Dedikation veranlasste.

In den folgenden Jahren wehte jedenfalls wieder der alte politische Wind in den vici. Die populare Agitation stieß dort auf großen Widerhall. Viele Anhänger des Senats verdächtigten die einfachen Leute als Aufrührer und sahen in ihnen ein gefährliches Potential für Unruhe, Unzufriedenheit, ja Aufstand gegen die herrschende Ordnung. Tatsächlich kam es hier und da zu gewaltsamem Aufruhr im Zusammenhang mit der Feier der Compitalia, sodass der Senat im Jahr 64 v. Chr. die mit dem Fest verbundenen Spiele untersagte.13 Wie lange dieser „Bann“ gelten sollte und was sich in den Folgejahren im Einzelnen abspielte, ist kaum zuverlässig zu rekonstruieren.14 Sicher ist, dass die vici aus Sicht der Konservativen anfällig für politische Unruhen blieben und Popularenanführer wie Clodius dort Mitglieder ihrer bewaffneten Banden rekrutierten. Dass Clodius indes auch die Sklaven in den vici aufgewiegelt hätte, dürfte Teil der optimatischen Propaganda sein, ihren Widersacher als gefährlichen Revolutionär zu verteufeln, der das Fundament des Staates infrage stelle.15

Die Straßen von Rom

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