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Sündenböcke präsentiert man im Passiv

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Caesars Plan misslingt, und zwar deshalb, weil dieser Considius Caesar fälschlich meldet, die Helvetier ihrerseits hätten den Berg besetzt. Man habe dort gallische Waffen und Feldzeichen gesehen, von Labienus aber keine Spur. Die Fehlinformation beruht wohl darauf, dass Considius irgendwie in Panik geraten war und – O-Ton Caesar – „etwas als gesehen gemeldet hatte, was er in Wirklichkeit gar nicht gesehen hatte“. Labienus wartet somit vergeblich auf Caesars Angriffssignal, und die Helvetier ziehen unbehelligt weiter. Erst spät am Tag klärt sich die Sache auf. Die günstige Gelegenheit, den Feldzug zu beenden, ist vertan. Considius hat die Sache durch seine Falschmeldung vermasselt.

Der Schlachtplan war gut, die Aufklärung umsichtig, aber die Strategie scheitert am menschlichen Versagen eines Offiziers. Da stellt sich die Frage: Wie konnte dieser offensichtlich überforderte Mann mit einer so verantwortungsvollen Mission betraut werden? Muss sich ein Oberbefehlshaber da nicht Fahrlässigkeit vorwerfen lassen, wenn er einem Angsthasen wie Publius Considius das Kommando über einen so entscheidenden Aufklärungstrupp überträgt? Ist also nicht Caesar selbst letztlich schuld daran, dass das schöne Unternehmen so kläglich misslungen ist?

Offenkundig nicht, wenn man die Qualifikation des Considius im Zeitpunkt der Übernahme der Aufgabe ansieht: rei militaris peritissimus habebatur, „er galt als erfahren im Kriegswesen“ – ach was „erfahren“ – peritissimus steht da, der Superlativ, „äußerst erfahren“. Und das ist kein isoliertes Urteil Caesars, wie das Passiv zeigt: habebatur, „er wurde so eingeschätzt“ oder „man schätzte ihn so ein“. Und zwar dauerhaft, nicht nur punktuell, wie das durative Imperfekt klarstellt. Eine absolut richtige Besetzung, gegenüber der keiner Grund gehabt hätte, Skepsis anzumelden. Zumal Considius alles andere als ein Offizier war, der schnell Karriere gemacht hätte oder von Caesar besonders gefördert worden wäre – kein Protegé des Generals, wie es sie in römischen Heeren nicht selten gab. Nein, er ist ein gestandener Haudegen, der schon unter zwei Generälen Erfahrung gesammelt hat: vor 25 Jahren im Heer des Sulla und vor 15 Jahren im Heer des Crassus – und dort, wie zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber doch suggeriert wird, auch schon im Generalstab tätig. Fazit: Eine solidere Entscheidung über die Besetzung des Postens ist kaum denkbar, sie ist voll und ganz nachzuvollziehen. Der Leser ist, nachdem er Details über Considius erfahren hat, mindestens ebenso zuversichtlich wie der Feldherr, dass das Unternehmen einen glücklichen Ausgang haben wird. Anerkennung für Caesar, der sich so umsichtig mit der Laufbahn und Leistung eines Offiziers beschäftigt, bevor er ihn mit einer verantwortungsvollen Aufgabe betraut!

Aber wieso eigentlich Caesar? Steht da etwas von einer Entscheidung Caesars? Keineswegs. Der Befehl kommt von einer ungenannten Instanz, die vielleicht Erfahrung, Qualifikation oder Routine heißt. Aber sie tritt auf der semantischen Oberfläche nicht in Erscheinung. Nur das Passiv lässt daran denken. praemittitur, „er wird vorausgeschickt“. Von wem, bleibt offen.

Das ist, schon bevor Caesar den Misserfolg „beichtet“, eine geschickte Absetzbewegung vom Sündenbock Considius. Da gibt es einen Auftrag, aber keinen Auftraggeber – zumindest nicht im grammatischen Sinn. Natürlich weiß jeder, dass der Befehl vom Befehlshaber kommt und dass das Caesar ist. Der aber hat seine Entscheidung offenbar an eine andere Instanz abgetreten. Das Genus-verbi-Profil der Prädikate zeigt diesen Umschwung an: zunächst lauter aktive Formen, die noch dazu kraftvolle Aktivität ausdrücken: iubet, „er befiehlt“, ostendit, „er macht klar“, contendit, „er macht sich zügig auf den Weg“, mittit, „er schickt“. Danach der Bruch: Subjekt wird Considius, Prädikat ist praemittitur, „er wird vorausgeschickt“. Von wem? Die Antwort steht zwischen der letzten Aktivform mittit und dem Passiv praemittitur: Es sind die allgemeine Einschätzung und jahrzehntelange Erfahrung, die das tun – geradezu ein Sachzwang, der das Kommando übernimmt. Nur dass man den schlecht zum Subjekt machen kann – also Passiv.

Latein - da geht noch was!

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