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Das „Bellum Gallicum“ als „gerechter Krieg“
ОглавлениеMan kann Verständnis haben für eine Position, dass Krieg aus Sicht einer Begegnungspädagogik ein verstörendes und didaktisch hoch sensibles Thema ist und eine „Kriegs-Lektüre“ selbst in einem weiteren Rahmen nicht eben zu den pädagogischen Highlights zählt. Jede unterrichtliche Behandlung muss sich vor einer Verharmlosung hüten, die auch als indirekte Folge droht, wenn Krieg stillschweigend als etwas Selbstverständliches hingenommen wird. Dass Krieg im Alten Rom fast zur Normalität gehörte, heißt ja nicht, dass das heute in gleicher Weise vermittelt werden muss.
Andererseits ist es nun einmal ein historischer Befund, dass der Krieg in der römischen Mentalität weniger tabuisiert und aufs Ganze gesehen positiver konnotiert war. Die Römer waren stolz auf ihr Imperium, und das war das Ergebnis zahlreicher Kriege – wenn auch römischer Ideologie zufolge ausschließlich gerechter Kriege. Die Theorie des bellum iustum, „gerechten Krieges“, und ihre Rezeption in der staatsrechtlichen und philosophischen Tradition Europas lässt sich, nebenbei bemerkt, mit einer Caesar-Lektüre verbinden, bedauerlicherweise zudem mit einem hohen Grad an Aktualität.
Was speziell den Gallischen Krieg angeht, so ist das ja alles andere als ein marginaler militärischer Konflikt gewesen. Es war ein äußerst blutiger Krieg, und er hat die historische Landkarte massiv verändert, insofern ein großer Teil Mitteleuropas damals (zwangs-)romanisiert wurde. Dass in Frankreich heute Französisch gesprochen wird, eine Tochtersprache des Lateinischen, ist gewissermaßen eine historische Langzeitfolge des von Caesar geführten Eroberungskriegs, der freilich kein Eroberungskrieg sein durfte. Auch insofern ist Caesars Bellum Gallicum eine Propagandaschrift mit apologetischer Tendenz. Der erfolgreiche Feldherr musste nachweisen, dass er zum Erfolg gezwungen worden war. Auch das zu analysieren ist lehrreich und spannend, und zwar nicht nur für Schüler.