Читать книгу Auf dem Weg zur Göttin : MARIA - Karlheinz Vonderberg - Страница 10
Historische Parallelen
ОглавлениеBetrachtet man die künstlerischen Darstellungen Marias, der Mutter Jesu, zur Zeit des beginnenden Mittelalters, so fällt sofort die Parallele zur ägyptischen Göttin Isis auf. Sie nimmt in den religiösen Vorstellungen der antiken Ägypter eine ähnliche Stellung ein wie Maria in der katholischen Kirche. Auch das gesamte religiöse Umfeld mit hierarchischer Priesterstruktur, Prozessionen zu Ehren der Göttin, Rituale und Andachten finden sich auch im Umfeld Marias. Isis ist die göttliche Mutter, die voll Gnade und Erbarmen ist. Zu ihr kommen die von Krankheiten und Not geplagten Pilger, bringen Opfer dar und erbitten sich Heilung und Rettung. Als Zeichen der Dankbarkeit hinterlassen sie Geschenke und Votivtafeln, auf denen die Göttin als Helferin den der Not gepriesen wird.
Wer jemals in Lourdes oder an einem anderen Wallfahrtsort gewesen ist, erkennt das sofort wieder.
In der Kunst ist die klassische Darstellung Marias mit ihrem Kind Jesus identisch mit der Darstellung der Isis mit ihrem göttlichen Sohn Horus. Die Namensattribute der Isis: Himmelskönigin, Gnadenspenderin, Unbefleckte, Heilige Königin, Schmerzensmutter usw. treffen wörtlich auf Maria zu. Isis ist die Mutter des Blühens und Gedeihens in der Natur, der erwachenden Kräfte, die das Leben für das kommende Jahr absichern. Der Monat Mai ist Maria gewidmet und deckt damit ebenfalls dieses Attribut ab. Auch die Isis-Kennzeichen Halbmond und Sterne gehen auf Maria über. Sie trug schon Jahrhunderte früher als Maria den Titel Gottesgebärerin.
All das zeigt, dass vorhandene kultische Elemente und Überzeugungen aus dem ägyptischen Kulturkreis auf Maria übertragen wurden, die nun Isis vollkommen verdrängen konnte. Ähnliches geschah mit dem Mithraskult13, 14 und war genauso erfolgreich. Die gesamte innere Organisationsstruktur dieses Kultes wurde erfolgreich n den christlichen Bereich übernommen, der Mithraskult anschließend ausgelöscht.
Die Auslöschung des Isis-Kultes gelang nicht so gut. Er lebte fort und feierte in Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ eine unsterbliche Renaissance.
Ein anderes Schicksal erfuhr der Artemis = Dina- Kult. Das Konzil von Ephesus, auf dem Maria den Titel Gottesgebärerin errang, fand 431 ausgerechnet in der Stadt statt, die die Hochburg des Artemis-Kultes war. Artemis und Dianawaren Göttinnen des Lichts, der Natur und der Ernte und der Geburt. Zugleich waren sie jungfräuliche Jägerinnen. Sie galten auch als jungfräuliche Mütter, und auffallend ist, dass an den Stätten, an denen sie verehrt wurden, nun blühende Marienkultplätze entstanden. Artemis = Diana verschwand. Ersetzt wurde sie durch Maria. Doch dieser Prozess verlief zunächst etwas schleppend, denn in dem männlich dominierten Pantheon des Christentums gab es keinen Platz für eine Frau. Die inhaltlich erkannte Verachtung durch Negation und der Ausschluss von Frauen in priesterlichen Ämtern ließ es nicht zu, dass eine andere Frau, Maria, gleich in die Nähe Gottes gelangen sollte. Dazu bedurfte es eines inneren Gärungs- und Klärungsprozesses, der den Mangel an Weiblichkeit im Gottesbild überhaupt erst sicht- und fühlbar machte.
Merkwürdiger Weise war es ausgerechnet ein Frauenverachter, nämlich Augustinus, der den Weg freimachte. Ob er die Konsequenzen seiner theologisch begründeten Ansichten über Maria wirklich erkannt und durchdacht hat, ist eher zu bezweifeln.