Читать книгу Auf dem Weg zur Göttin : MARIA - Karlheinz Vonderberg - Страница 4
Einleitung
ОглавлениеWie ein Blick ins Internet zeigt, gibt es über Maria, die Mutter Jesu, eine unübersehbare Fülle von Büchern und Informationen. Der dort verfolgte Ansatz ist so gut wie immer ein glaubensmäßiger, der über die christliche Sicht gewonnen wird. Diese Ansätze sind alle respektabel und irgendwie berechtigt, wenn man sich auf den Weg macht, hinter das Geheimnis und das Wirken dieser Frau zu kommen. Doch zugleich verengt dieser Ansatz die Sicht auf Maria, ja, er packt sie in die alten Schabladen der Betrachtungsweisen, die den Blick von ihr weg lenken, anstatt ihn auf das Wesentliche zu konzentrieren: Worin liegt die Wirkkraft dieser Frau, die doch wie ihr Sohn Jesus eine in das jüdische Leben der damaligen Zeit eingepasste Frau gewesen war, die an ihre Zeit, ihren Glauben und die Gegebenheiten des Ortes gebunden war. Die Überhöhung, die sie erfahren hat, muss andere Gründe haben, die nicht in den genannten Gegebenheiten liegen, sondern viele Schichten tiefer. Vom Evangelisten Johannes nicht einmal namentlich erwähnt, von Paulus im Galaterbrief als „Weib“ abgetan, das nur die Aufgabe hatte, Jesus zu gebären und das sonst keiner Erwähnung würdig ist, erfolgt ein triumphaler Aufstieg zur Herrin des Universums, zur Königin der Himmel.
Diese Frau muss in ihrer Wirkgeschichte eine Seite der Menschen bedient haben, die von der Dreieinigkeit Vater - Sohn - Geist nicht erreicht werden konnte.
Mein Versuch, diese persönliche Annäherung an die Frau Maria, muss also aus dem theologischen Rahmen herausfallen. Joachim von Fiori1 (1130(35?) bis 1202) hat drei Zeitalter postuliert, das des Vaters als Zeit des Alten Testamentes, das des Sohnes als sich anschließende Zeit bis 1260 und das des Geistes als Endzeit bis zur Ankunft des Antichristen. Mein Ansatz ist es zu zeigen, dass das Zeitalter des Geistes längst abgelöst wurde durch das Zeitalter der Maria, die damit in den Rang der Göttlichkeit aufgerückt ist.
Das ist keine Kritik am Glauben der Christen oder der Muslime, denn auch im Koran wird Maria nicht nur erwähnt, sondern nach ihr ist sogar eine ganze Sure (Sure 19) benannt worden. Sie wird in sechs Suren erwähnt, muss also zur Zeit des Propheten Muhammad schon eine wichtige religiöse Größe gewesen sein. Es ist eben einfach so, dass ich mich der Faszination dieser Frau nicht entziehen kann, was mich aber nicht daran hindert, meine Fragen zu stellen und Antworten für mich zu suchen.
Der Gedanke an meine Kindheit und den Monat Mai, der Maria gewidmet und zugleich mein Geburtsmonat ist, verstärkt die innere Beziehung zu ihr. Mit Hingabe habe ich die vielen Lieder gesungen, die ihr gehören. Aber schon als Kind habe ich mich gefragt, warum der Gedanke, Maria sei doch eigentlich die Frau Gottes (des Vaters) so schrecklich ist, dass ich bei Stellung dieser Frage fast vom Pastor Prügel bezogen habe. Außerdem hieß meine Mutter doch Anna, das ist der Name, der im Protevangelium des Jacobus auch Name der Mutter Marias gewesen sein soll.
In dieser Darlegung soll aufgezeigt werden, wie die ehemals unbekannte und aus Sicht der Evangelisten sowie des Paulus eher nebensächliche Frau den Sprung in den Götterhimmel geschafft hat, ja selbst zur eigentlichen Göttin wurde.
Der ehemals beweibte Gott El2 oder JHWH, der im Judentum zum Solisten wurde, hat wieder die weibliche Begleitung gefunden. Und so wie in der Zeit der Pharaonen, als ein Gott den zukünftigen Pharao mit der jungfräulichen Pharaonin zeugte, hat er einen Sohn an seiner Seite, geboren aus eben jener Frau Maria.