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Das unsichtbare Wesentliche

Ich war nie ein Fan des Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry. Wahrscheinlich, weil alle das Kunstmärchen ganz toll und ganz tiefgehend fanden, als ich ein Teenie war. Das wohlbekannte Zitat »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar« ist mir gestern in einem Buch wiederbegegnet. Ich mochte es im Gegensatz zu dem ganzen »Ich-hab-ne-Tasse-vom-Kleinen-Prinzen-Zirkus« schon damals. Und als ich es gestern las, verstand ich es auch.

Das Wesentliche, inzwischen ein guter Freund von mir, steht da und schaut mich an. Es nimmt mich nicht ständig in den Arm, aber es ist immer da. Wenn ich meine Augen vor der schnell verpuffenden visuellen Ästhetik verschließe, sehe ich es. Es steht da, zottelig, ungeschminkt, und zeigt mir in seiner Vollkommenheit, was wichtig in meinem Leben ist.

Mein Herz, es atmet das erste Mal nach Jahren auf. Es will leben, ­sehen, verstehen! Das Wesentliche hilft ihm dabei.

Ich merke es immer wieder: Ich bin glücklich. Im Moment. Wenn ich weiter als eine Woche schaue, wird es mir schnell zu viel, all diese Organisiererei, Planerei, Versorgerei. Es ist so vielschichtig. Inzwischen sind zwei kleine Menschen und zwei große in meiner Familie (einer davon ich), dazu einer in meinem Bauch. Die kleinen Menschen brauchen unsere Hilfe als Eltern, unsere Begleitung. Sie wollen am Tag an unserer Hand laufen und nachts in unseren Armen schlafen. Manches Mal frage ich mich, wie das gedacht ist. Wie das Ungleichgewicht aus Alltag und Versorgen von einem oder mehreren Kindern funktionieren kann. Mit Kindern, und das ist das Schöne, ist vieles nicht planbar. Doch darin liegt auch die größte Herausforderung: sich immer wieder neu zu öffnen und auszuhalten, dass wenig nach Wunsch läuft, dass die Rolle der Eltern häufig daraus besteht, sich ungenügend zu fühlen.

Aber die Gegenwart ist gut. Wenn ich morgens einen Apfel für die Brotdose schneide, dann schaffe ich das. Ich schneide Spalte für Spalte, sehe den Saft, der auf das Holzbrett tropft. Werfe die Schale in den Kompost, lege die Äpfel in die Box.

Wenn ich aufschaue und die Millionen Brotdosen sehe, die es noch zu befühlen gilt, wird mir schwindelig. Deswegen bleibe ich bei der einen Schulbox und bei der qualvollen und zugleich guten Erkenntnis, dass ich nicht weiß, was kommen wird. Ich kann planen und endlos lange Listen schreiben und lande doch immer wieder bei der unumstößlichen Wahrheit, nicht zu wissen, was der nächste Tag in seinen Händen hält.

Das Wesentliche: plappernde Kinder, die aus der Kita und von der Schule abgeholt werden, dreckige Fenster, die einem trotzdem den Blick nach draußen gewähren, Hände, die fühlen, Beine, die gehen, üppige Blätter, die im Wind rauschen. Kinderhände, die im Sand wühlen, Wasserdampf, der die Scheibe beschlägt.

Ich schließe meine Augen und sehe, was für mich am heutigen Tag das Wesentliche ist. Ist es nicht schön!

Jenseits meiner Grenzen der weite Horizont

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