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Wie ein Balletttänzer meinen Auftritt rettete

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Vorweihnachtszeit 2011.

Es stand eine Musiksendung im Fernsehen an.

Für einen Instrumentalisten ist das prinzipiell ein großes Glück, zum ganz großen Glück wird es, wenn man diese Chance bekommt, ohne einen Namen wie zum Beispiel Claydermann oder Garrett zu tragen. Und da mein Name Kathrin Eipert ist, ich aus Brehna komme, und ich weder ein Management noch eine Plattenfirma mit entsprechenden »Vitamin-B-Kontakten« im Rücken habe, war es echt phänomenal.

Es ging also in die Chemnitzer Stadthalle zur Aufzeichnung von »Weihnachten bei uns« mit Inka Bause. Der Weg klingt kürzer als er ist, nicht unbedingt in Kilometern gerechnet, sondern in Zeit. Ich füge vor TV-Shows dieses Kalibers nämlich immer einige »Umwege« ein.

Umwege zum Frisör, Umwege zur Kosmetikerin, Umwege ins Fingernagelstudio. Nicht zu vergessen sind die Umwege in Boutiquen. Irgendetwas brauche ich ja immer zum Anziehen, und zwar etwas Neues, Schönes, Passendes. Einkaufen ist für mich übrigens der absolute Horror. Es ist eine wahnsinnige Zeitinvestition, bis ich das passende Outfit komplett habe. Passen muss die Klamotte ja zu mir, zum Musiktitel und nicht zuletzt zum schwarz-silbernen Sax.

Ich beneide jeden Star, der dafür Profis an seiner Seite hat!

Und ganz sicher wünschen sich meine begleitenden Freunde auch, dass ich dafür ’nen Profi hätte. Sie erleben nämlich bei meinen Shopping-Trips die gesamte Klaviatur der Emotionen.

Nun gut, die Umwege lagen erfolgreich hinter uns (ich besaß ein neues Abendkleid, schwarz, mit lachsfarbener Schleppe) und meine beiden Techniker und ich kamen in Chemnitz an.

Es war eine Weihnachtssendung mit wirklich gelungener Kulisse. Der MDR hatte eine Kombination aus Weihnachtslandschaft, kleinen Fachwerkhäusern und tausenden Lichtern aufgebaut.

Meine Musik war total romantisch – ein Medley aus Bette Midlers »The rose«, »From a distance« und »Wind beneath my wings«.

Der Auftritt war so geplant, dass vier tolle Tänzer vom MDR Fernsehballett mir optische Unterstützung gaben und ich in einer riesigen Weihnachtskugel spielte.

Diese Weihnachtskugel war ein dekorierter, knapp zwei Meter großer Luftballon.

Der Riesenballon ist eigentlich wie jeder normale kleine Luftballon auch, nur wesentlich größer. Ich musste da ja reinpassen. Das Zeug besteht aus Gummi. Wie sich jeder vorstellen kann, ist Gummi nicht wirklich atmungsaktiv. Und bei einem Durchmesser von etwa einem Meter achtzig ergibt sich ein Volumen von knapp über drei Kubikmetern, also deutlich kleiner als beispielsweise ein Renault Twingo. Nicht wirklich viel, um darin längere Zeit zu verweilen …

Und zusätzliches Fernsehlicht macht zwar immer ausgesprochen schön, ist aber gefühlt heißer als die Sonne.

Ich möchte Ihnen meine Situation etwas verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen fünfzehn Minuten im Hochsommer bei gleißendem Sonnenlicht im komplett geschlossenen Renault Twingo – und zwar ohne Klimaanlage! Recht zügig steigt die Temperatur auf über 50 Grad Celsius und Sie werden beginnen, extrem zu schwitzen. Ich auch!

Die Maske hatte echt großartige Arbeit geleistet, die Frisur hielt wie ursprünglich gedacht und das Make-up sah aus, als würde ich mich völlig normal fühlen. Dass meine Garderobe inzwischen komplett nassgeschwitzt war, konnte der TV-Zuschauer weder sehen noch riechen.

Nur die Luft wurde irgendwann knapp. Aber gut, darauf war ich ja trainiert.

Doch eine winzige Kleinigkeit hatte ich nicht bedacht: Meine Hände waren auch nassgeschwitzt.

An einem ganz bestimmten Punkt im Lied musste der Ballon wirkungsvoll knallen und ich in voller Schönheit weiter spielen.

Da ich das musikalische Arrangement kannte wie kein zweiter, sollte ich den Ballon zum Knallen bringen. Dafür hatte ich im Kleid eine Nagelfeile befestigt, die ich nur kurz raus ziehen und in den Ballon stechen musste. Eigentlich ein guter Plan. Wenn da nicht die nassen Hände gewesen wären. Die dämliche Nagelfeile rutschte durch meine Finger, noch bevor sie den Ballon auch nur annähernd erreichte. Ich versuchte kurz, durch einen kräftigen Boxschlag den Knall zu erzwingen – aber auch das ging schief. Panik setzte ein.

Da hatte ich es bis zu einer Musiksendung geschafft und sollte trotz neuem Kleid und perfekter Maske die Sendung als Silhouette im Gummiballon verbringen? Nun, es sah fast so aus.

Der Regisseur, Axel Müller-Hönow, gab mir noch eine einzige Chance, ansonsten wäre der Beitrag vielleicht sogar komplett aus der Sendung geflogen. Diesen Umstand bekamen natürlich auch die Tänzer vom Fernsehballett mit.

Der gutaussehende Solotänzer kam mir zu Hilfe! Er meinte tiefenentspannt: »Kathrin, ich weiß, wann der Ballon knallen muss. Gib mir die Nagelfeile, ich drehe tanzend ein und steche zu.« Solche Menschen, die mit einem Satz meine (mir auch durchaus anzusehende) Verzweiflung in Lachen auflösen können, sind echt Gold wert.

Ich ging Stunden später also wieder in den Ballon, logischerweise noch mehr schwitzend als sonst – wegen Aufregung pur! Mein Herz schlug so sehr, dass mein (zusätzlich wärmender) Pushup-BH nicht nötig gewesen wäre.

Es kam diese Stelle im Lied – und – JA!

Er knallte punktgenau, die mir entgegen kommende warme Studioluft empfand ich kühlender als einen Polarsturm und spielte erfrischt, zufrieden und überglücklich weiter.

Bei der After-Show-Party war dann auch ich tiefenentspannt. Außerdem war es mir eine Freude, bei einem Glas Sekt mit den Höhnern zu plaudern. Und in der Künstlergarderobe hatte ich mit Veronika Fischer und Margot und Maria Hellwig eine Menge Spaß …, klar, wenn vier Blondinen sich die Garderobe teilen …!


Ich sag's mit Sax!

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