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Von der Ostsee in den Sattel – Dreh mit Pferden

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Ein Donnerstag im sonnigen Juli 2004, zehn Uhr:

Wir, meine Techniker und ich, waren in Heringsdorf an der wunderschönen Ostsee nach fünfstündiger Fahrt angekommen. Dass der Wecker zur Abfahrt bereits vier Uhr klingelte, war nicht schlimm, die Vorfreude auf den Strand und die bevorstehende Gala war hoch. Der Ferrero-Konzern feierte Jubiläum und für uns war das eine dieser Traum-Veranstaltungen, die mit Arbeit nicht viel zu tun haben. Nicht, weil wir wirklich wenig zu tun hatten (ganz im Gegenteil – musikalisch gesehen hatte ich schon ne Menge vor – immerhin stand unter anderem der »Bolero« von Maurice Ravel auf dem Plan). Aber das Umfeld war genial, um einige Stunden Kraft zu tanken.

Donnerstag, 15 Uhr

Soundcheck und zwei Stunden Probe waren erledigt … und jetzt einfach mal abschalten! Ich liebe das Meer und den Sound der Wellen. Barfuß am Strand entlangzulaufen und Leute beobachten, wirkt wie Seelenmassage pur. Die Rufe der Möwen erzählten viele Geschichten, und ich ließ mich davon inspirieren. Innerhalb von wenigen Minuten kann ich in solchen Situationen von einhundert auf null runter fahren. Ich sammelte Muscheln für daheim, legte mich in den Sand und hatte das Gefühl, nie wieder ein Rezept für »Gute-Laune-Tabletten« zu brauchen. Einfach nur genießen – völlig fern von Raum, Zeit und Tagesplan.

Von dieser Art Veranstaltung gibt es nicht viele. Oft sehen wir nur die Autobahn und die jeweilige Stadt beim Durchqueren auf dem Weg vom Hotel zum Veranstaltungsort. Wir wohnten in einem Luxushotel, direkt am Strand gelegen, mit allen Vorzügen, die ein solches Hotel hat. Es war total wie Urlaub, naja, fast wie Urlaub – denn wir hatten für diesen Luxus leider viel zu wenig Zeit.


Donnerstag, 20 Uhr

Die Ferrero-Gala lief hervorragend, ich hatte erstklassige Technik vor Ort, die Bühne war sehr stilvoll gestaltet und mit tollem Licht bestückt. Also Wohlfühl-Atmosphäre pur. Mein Bolero klappte bestens, wobei einige Schwierigkeiten zusätzlich eingebaut waren. Der Bolero ist grundsätzlich nicht unbedingt leicht, und wenn ich bei diesem Stück einmal rauskommen würde, fällt es richtig auf (von wegen Umspielung blasen, improvisieren und wieder rein – NICHT bei DIESEM Werk!).

Und, ich sollte dabei noch die lange Foyer-Treppe hinabschreiten und förmlich »erscheinen«. Klingt echt leichter als es ist: Ich trug nämlich ein Kleid mit langer Schleppe und extrem hohen Schuhen. Mein geliebtes Saxophon führte mich erstaunlicherweise wie von selbst und ich war happy.

Donnerstag, 23 Uhr

Einziger Wermutstropfen: Wir hatten leider keine Zeit, um an den Strand zu gehen, um den geglückten Auftritt und die geliebte Ostsee zu genießen. Wir konnten auch nicht in unseren Hotelzimmern mit Blick auf die Ostsee schlafen und am nächsten Morgen luxuriös frühstücken. Denn mein Zeitplan befahl: Koffer packen, 550 Kilometer Autobahn zurück nach Sachsen-Anhalt.

Freitag, vier Uhr

Kurz schlafen – der Wecker klingelte bereits nach drei Stunden. Denn am nächsten Tag stand eine neue und spannende TV-Aufzeichnung an: Dreh mit Beppo Küster und Pferden für Super-Illu-TV! Pferde gehören zu meinen Lieblingstieren, ich mag die Sanftmütigkeit, die weichen Nüstern und den Klang, wenn sie schnauben. Außerdem war ich selbst leidenschaftliche Reiterin.

So entstand die Idee, eine neue Show »Sax & Horse« gemeinsam mit Profi-Reitern zu inszenieren. Die Eleganz der Dressurpferde – ein Traum. Das Ganze in eine Kür mit Saxophon zu verpacken, war die Realisierung des Traums, gemeinsam mit den edlen Tieren und ihren Reitern Andrea und Otto Ränsch. Beide sind wahre Könner im Dressurreiten, mehrfache Landesmeister und sammelten Punkte bei Weltcup-Prüfungen im Grand Prix Special. Wir drehten über diese außergewöhnliche Kombination eine Reportage für den MDR, Regisseur war Beppo Küster und mit seinem TV-Team hervorragend geeignet für derartige Inszenierungen. Als Kulisse hatten wir das majestätische Schloss in Delitzsch.

Freitag, 12 Uhr, Drehbeginn

Die Pferde Astor und Racido waren geputzt, trugen weiße Schabracken und sahen uns mit ihren großen Augen an, beinahe als wollten sie fragen: »Wann geht’s los?« Kamera an – Musik go – Start!

Ich begann mit Wolfgang Amadeus Mozarts »Vogelfänger« – die Pferde schwebten über den Rasen. Piaffen, Passagen, Traversalen, fliegende Galoppwechsel. Genial. Andrea und Otto saßen tief im Sattel, mit stilvoller Haltung und es sah aus, als wäre es ein Kinderspiel, die Pferde auf diesem Niveau zu führen.

Beppo Küster ließ uns die Kür einige Male wiederholen und drehte stets aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Blicke der Reiter, die Bewegungen der weiß bandagierten Pferdebeine, die Hufe im Gras, all das fing die Kamera ein.

Die Musik mischte sich mit dem Schnauben der Pferde – es waren sehr emotionale Augenblicke und für mich einer der schönsten und außergewöhnlichsten Drehs.

Wer jemals mit Tieren gelebt und gearbeitet hat, kann dieses Glück nachvollziehen. Es ist eine Partnerschaft, in der eigentlich unterschiedliche Sprachen gesprochen werden, man sich aber trotzdem versteht und sich tief in die Seele blicken kann …

Es war inzwischen 18 Uhr.

Ich hatte durch die Freude an der Arbeit gar nicht bemerkt, dass meine Techniker und ich inzwischen fast ununterbrochen seit 38 Stunden auf den Beinen waren.

Ich sag's mit Sax!

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