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Saxophon- und Klavierlehrer

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In elterlicher Obhut begann also meine Musikausbildung. Papa legte meine Finger auf die Klappen des Saxophons und zeigte mir, wie man ihm Töne entlockt. Mama schulte mein Gehör durch Klavierbegleitung. Wir musizierten zu dritt. Es machte riesigen Spaß. Allerdings passierten mir doch einige falsche Töne (in Wirklichkeit war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Ton richtig). Wie bei jeder Ausbildung gehörten demzufolge auch Korrekturen dazu.

In meinem kindlichen Kopf war das allerdings ein unerträglicher Zustand. ICH sollte Fehler machen? Niemals! Das sagten sie doch nur, weil mein Kinderzimmer nicht wirklich einem sterilen OP-Saal glich! Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Mein Zimmer mutierte hin und wieder schon zum Chaos. Teilweise musste man echt sportlich sein, um so große Schritte machen zu können, dass man unfallfrei von der Tür zum Schrank kam. Aber Saxophon üben war einfach wichtiger, als aufzuräumen. Und diese Prioritäten setzte ich verdammt konsequent.

Um die häusliche Harmonie zu retten, bekam ich einen fremden Lehrer, Gerhard Jahn. Ich fuhr nun einmal wöchentlich von meiner kleinen Heimatstadt Brehna mit dem Zug nach Halle zur Musikschule. Gerhard Jahn war klasse, aber auch autoritär.

Wir wurden schnell richtig gute Freunde. Ich widersprach fast nie und übte verdammt fleißig all diese Etüden. Derartige Übungen dienen unter anderem der Fingerfertigkeit und klingen meist unterirdisch langweilig. Oft ging eine Etüde mindestens über eine A4-Seite. Ich mochte sie trotzdem und spielte aus Spaß mit mir selbst um die Wette. Jeden Tag notierte ich mein erreichtes Tempo und freute mich wie ein Schneekönig, wenn ich wieder schneller geworden war. Einige davon kann ich noch heute auswendig. Aber ich wollte mehr, moderne Lieder, schöne Melodien, Solostücke und so etwas! Herr Jahn erfüllte mir diese Wünsche hin und wieder, achtete aber stets auf korrekte Ausführung der parallel aufgegebenen Etüden. Später baute er musikalische Ausflüge in die Klassik ein. Beethoven, Mozart, Händel, Vivaldi! Sie alle erforderten flotte Fingerfertigkeit und ich verstand den Sinn der Etüden am praktischen Beispiel. Sobald wir ein melodisches Stück behandelt hatten, standen wieder zehn Wochen Etüden im Programm.

Eines Tages meinte Herr Jahn, dass ich zusätzlich Klavierunterricht brauche. Okay! Er empfahl mir meinen zukünftigen Klavierlehrer mit den Worten: »Kathrin, der ist gaaaanz witzig, ihr werdet jede Menge Spaß haben.« Meine Liebe galt dem Sax, das stand fest für die Ewigkeit, aber nach der Tragik mit dem Akkordeon beschloss ich, den schwarz-weißen Tasten noch eine Chance zu geben. Ich vertraute ja auf die Ankündigung »witzige und spaßige Person« und ging mit genau diesem Gedanken zur ersten Klavierstunde.

Herbert Benasse begrüßte mich: »G-g-guten T-t-Tag K-k-kathrin, sp-p-piel mir d-d-doch mal w-w-was vor!«

Super, dachte ich, er macht gleich am Anfang einen Witz! Nun wollte ich die Fröhlichkeit seinerseits knackig fortführen und antwortete: »G-g-guten T-t-Tag Herr B-b-benasse! K-k-klar d-ddoch!« Da war er – dieser Moment – schockierte LKW-Reifengroße Augen sahen mich an. »Scheiße!«, schoss es mir durch den Kopf und ich begriff in diesem Augenblick, dass die Begrüßung gar nicht witzig sein sollte. Herr Benasse stotterte wirklich! In diesem Moment wäre ich am liebsten in den Erdboden versunken.

Natürlich wurde ich röter als mein extra neu gekaufter Pullover, ich bekam Schweißausbrüche und meine Finger wurden beim Vorspiel noch steifer, als sie eh schon waren. Dieser fürchterliche Fauxpas war mir Jahre später noch schrecklich peinlich. Die nächsten sechs Jahre Klavierunterricht wurden alles andere als witzig und meine Liebe zum Saxophon wurde manifestiert.

Immerhin – er brachte mir ne Menge bei, war immer fair und ließ mich durch keine Prüfung rauschen. Eine halbwegs gute Pianistin konnte er aus mir trotz aller Kraftanstrengung nicht machen.

Ich sag's mit Sax!

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