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Erziehungshilfen im KJHG
ОглавлениеDas KJHG bzw. SGB VIII regelt unter anderem differenziert die Hilfe zur Erziehung und verzichtet auf negativ besetzte und pädagogisch fragwürdige Begrifflichkeiten des alten Jugendwohlfahrtsgesetzes wie beispielsweise „Fürsorgeerziehung“ oder „Verwahrlosung“. Die Angebote der erzieherischen Hilfen sind als Leistungsangebote zu verstehen, auf welche bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein rechtlicher Anspruch besteht. Im Gegensatz zu Teilaspekten des alten JWG geht der Gesetzgeber nun nicht mehr von „Erziehungseingriffen“ aus, sondern betont durchgängig den freiwilligen Charakter der Hilfeangebote sowie die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Familien.
Unter der Überschrift „Hilfe zur Erziehung“ lautet § 27 Abs.1 des KJHG:
„Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“
Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall, das engere soziale Umfeld des Kindes oder Jugendlichen ist dabei einzubeziehen. Somit ist wiederum der Bezug der Lebensweltorientierung vorhanden. Bei der Hilfe zur Erziehung wird insbesondere von der Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen ausgegangen.
Nachfolgend werden im Gesetz die Leistungsangebote der Hilfe zur Erziehung angeführt:
§ 28 Erziehungsberatung,
§ 29 Soziale Gruppenarbeit,
§ 30 Erziehungsbeistandschaft, Betreuungshelfer,
§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe,
§ 32 Erziehung in einer Tagesgruppe,
§ 33 Vollzeitpflege,
§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform,
§ 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung.
Satz 2 des § 27 sagt aus, dass Hilfe zur Erziehung insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt wird. Durch das Wort „insbesondere“ kommt zum Ausdruck, dass das im Gesetz aufgeführte Leistungsspektrum unterschiedlicher Erziehungshilfen keinen ausschließlichen Charakter haben kann. Es wird hier auch Raum gelassen für neue, noch zu entwickelnde Hilfeformen, und auch die sogenannten „Außenseitermethoden“ werden nicht von vornherein kategorisch ausgeklammert (Fegert 1996, S. 74 f.). Inzwischen werden Hilfen, die nicht unter eine der in den §§ 28 bis 35 aufgeführten Kategorien passen, auch als „Flexible Hilfe zur Erziehung nach § 27 KJHG“ geführt (s. z. B. Statistisches Bundesamt 2019). Diese wurden erstmals explizit von Klatetzki (1995) beschrieben und ermöglichen einen besseren Einsatz individueller, maßgeschneiderter Unterstützungen.
Bei den §§ 28 bis 31 handelt es sich um ambulante Erziehungshilfen; die Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32) versteht sich als teilstationäres Angebot; Vollzeitpflege und Heimerziehung (§§ 33 und 34) sind stationäre Erziehungshilfen; dagegen kann die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35) sowohl in ambulanter als auch in stationärer Form erfolgen.
Aufgrund der Betonung des Familienbezugs im KJHG sind ambulante Erziehungshilfen den stationären dann vorzuziehen, wenn die familiären Beziehungsstrukturen und Bindungen noch einigermaßen vorhanden sind und zu erwarten ist, dass durch ambulante Hilfen die Verhältnisse wieder stabilisiert werden können (Informationen zu Erziehungshilfen: s. z. B. Günder 2006, Macsenaere, Esser, Knab & Hiller 2014).