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Leidenschaft kennt keine Grenzen

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Die Jungs in meiner Klasse nannten mich als pubertierendes Mädchen „Das Pferd“. Heute bin ich stolz darauf. Damals war ich einfach anders als die anderen. Eher komisch.


(Foto: Christiane Slawik)

Endlich ist diese verfluchte Schule aus. Nie fühlte ich mich dort wohl. Verstanden erst recht nicht. Doch es ist Mittwoch, einer der goldenen Tage in der Woche, an denen ich zu meinen Pferden darf. Zu Hause angekommen, esse ich eine Kleinigkeit, die meine Mutter für mich zum Aufwärmen bereitgestellt hat. Während des minimalistischen Pflichtprogramms an Hausaufgaben war ich in Gedanken schon lange im Stall, schaute zwischendurch verträumt auf die Bilder um mich herum und malte mir die schönsten Dinge in meinen Träumen aus. Dann kam endlich meine Zeit – rein in die geliebten Reithosen und Stiefel, auf ging es in meine kleine eigene Wohlfühlwelt. Schnell holte ich aus dem unteren Stockwerk des Hauses mein blaues Fahrrad, was sich sofort in mein Reitpferd verwandelte. Immer begrüßte ich es mit einem Streicheln. Dann schaffte ich es liebevoll über die vielen Treppen nach draußen. Es war windig und regnete. Rasch – ich bat es zu warten – lief ich in die Wohnung zurück, um meine Regenjacke zu holen. Mit einem Dankeschön fürs Warten setzte ich mich auf mein Drahtross und spornte es an. Wir genossen den Galopp bergab.

Doch der Weg war weit für eine Elfjährige. Den Weg abwärts durch das Dorf nahmen wir schnell, den Weg bergauf schafften wir dieses Mal nicht ganz bis zur kleinen Kirche. Dort musste ich immer absteigen und den restlichen Hang schieben. Mein Pferd und ich kämpften uns bergauf gegen den Regen. Gemeinsam schafften wir es, bis ich wieder auf ihm sitzen durfte. Im langsamen Trab schwitzte ich, musste viel treiben, bis wir aus dem Dorf hinaus waren. Es blitzte und donnerte, als ich endlich an der Kreuzung bei den Aussiedlerhöfen ankam. Ich verlor an Kraft, der Sturm tobte, ich musste absteigen. Ganz fest hielt ich dieses liebe blaue Fahrrad, wir mussten es gemeinsam schaffen. Doch es ging nicht weiter. Die Angst hielt mich fest. Der Sturm tobte, und ich wünschte mir nur, dass er mich nicht wegbläst. Ob es das gibt, über die Felder zu fliegen? Wo würde ich dann landen? Nein, ich klammerte mich, geschüttelt von Kälte und Angst, an mein Blechross und versuchte zu atmen. Ich lebte. Mein Ziel lag nicht weit entfernt. Ich werde nicht weggeblasen! Zwischen zwei Böen schob ich weiter, immer weiter, Meter für Meter. Der Weg war noch nie so lang. Irgendwann, nach gefühlten Stunden, erreichte ich meine ersehnte Heimat. Ein bekannter Geruch stieg auf, und ich rettete mich in den Stall. Alles war gut. Angekommen.

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