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Pferde zeigen uns den Weg

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Jeder Reiter kennt eine solche Situation nur zu gut: Der junge Fuchswallach Watson scheut, er möchte unter keinen Umständen in diese gruselige Ecke der Reithalle laufen. Es riecht dort nach Monstern. Watson macht einen großen Bogen und scheut erneut. Doch der Mensch auf seinem Rücken kapiert es wieder nicht. Paul, sein Reiter, bekommt indes wertvolle Tipps vom Reitlehrer und von anwesenden Reitern. Allesamt kennen sie strenge Erziehungsmaßnahmen, die so gelehrt wurden. Nun wird alles ausprobiert, etliche Male. „Setz dich durch!“ – „Nimm die Gerte!“ – „Du bist der Chef!“ Doch es hilft nichts. Watson widersetzt sich immer heftiger. Er läuft rückwärts, steigt. Beim letzten Versuch macht er einen großen Satz zur Seite und Paul liegt im Sand. Schuld ist der verrückte Gaul. Mit welchem Gefühl das Paar nun den Reitplatz verlässt und wie sie sich zum nächsten Reiten wiederbegegnen, können wir nur erahnen.

So kämpfen wir gegen das Pferd, das aus seinen eigenen, für uns unerfindlichen Gründen, meistens aus Angst, verweigert. Zwingen wir jedoch das Pferd mit Gewalt, durch die verhasste Ecke zu laufen, wird dieser Platz, und vielleicht auch die Beziehung Pferd und Reiter, mit etwas Negativem behaftet bleiben und uns vermutlich immer wieder Schwierigkeiten bereiten.

Die meisten Reiter haben es so oder so ähnlich erlebt: Zu viel Druck, und das Pferd läuft rückwärts. Der Reiter schickt es mit Gerte und Sporen vorwärts. Das Pferd steigt, wehrt sich gegen den Zwang. Es hat Angst vor dem Reiter und vor dem imaginären Grund, warum es scheut. Alles ist durcheinander.

Doch zum Glück haben wir die Freiheit, einen anderen Weg zu finden, der uns die Situation erleichtert. Die neue leichte Form wäre, den Druck herauszunehmen: Wenn Watson nicht in diese schlimme Ecke mag, dann geht das aus seiner Sicht nicht. Paul sollte das für den Moment akzeptieren. Er ist der Reiter und möchte seinem Pferd etwas vermitteln: dass es sich nicht fürchten muss, dass es ihm als Reiter vertrauen kann.

Nachdem Watson in der Ecke scheute, reitet Paul gleich auf die gegenüberliegende Seite der Reithalle. Er lobt ihn für Übungen, die Watson ohnehin gut beherrscht, und gibt ihm somit Sicherheit. Wenn die beiden sich dann wieder miteinander wohlfühlen und Watson im Vertrauen freudig mitarbeitet, erst dann reiten die beiden vertrauensvoll langsam in die Nähe der „bösen“ Ecke und biegen rechtzeitig vorher ab. Paul führt ihn, ohne Watsons Grenzen zu übertreten.

Schließlich lässt er ihn leichte Übungen in der Nähe der Gruselecke wiederholen. Eine Volte auf dem Zirkelpunkt, dann wieder ganze Bahn. Bis Sicherheit zu spüren ist. Paul ist jetzt der gute „Leader“, er gibt Halt, gibt eine gangbare Richtung vor und sucht die Zusammenarbeit, keinen Streit. Er lobt Watson deutlich, mit klaren Worten, streichelt seinen Hals, dafür, dass Watson so brav mitarbeitet. Der ganze Stress ist plötzlich verflogen. Der Wallach ist damit beschäftigt, alles erwartungsgemäß zu machen, als sie wieder in die Nähe der Ecke kommen. Doch mit ein bisschen Stimme und Lob läuft er mit einem schrägen Blick durch, und alles ist gut.

Ein toller Erfolg. Paul schaffte das alles in nur zehn Minuten. Völlig ohne Druck. Watson vertraut ihm nun, und es wird in Zukunft viel weniger solcher Momente geben. Denn Paul führt sein Pferd so, dass es sich immer sicher fühlen kann. Und das ist für Pferde nun mal das Wichtigste – und für uns eigentlich doch auch.


(Foto: Christiane Slawik)

Geben wir souverän eine Lösung vor, mit der sich alle wohlfühlen, werden wir in Zukunft gern gefragt werden.

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