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Juan de Anasco

(Alabama, Oktober im Jahre des Herrn 1540)

Juan de Anasco hatte eine Mordswut im Bauch. Diese Wilden hatten es gewagt, ihn und seine Lanzenreiter anzugreifen und den Gouverneur in eine Falle zu locken. Seitdem sie in Florida gelandet waren, hatte dies noch keiner dieser Häuptlinge, auf die sie bisher gestoßen waren, gewagt. Er hatte diesen Tuscalusa von Anfang an misstraut, doch die scheinbare Ergebenheit hatte die Soldaten und auch den Gouverneur eingelullt. Noch nie hatte irgendein Dorf den bewaffneten Widerstand gewagt! Noch nie! Seit zwei Jahren hatten sie dieses Land durchquert, hatten Dörfer geplündert und Sklaven genommen, immer auf der Suche nach den Goldschätzen, die sie erhofft hatten zu finden, doch der erbitterte Widerstand dieses Häuptlings hatte ihnen böse zugesetzt.

Juan war ebenso wie der Gouverneur aus der Extremadura und sie waren im Namen von Spanien nach Florida gekommen, um das Land für die spanische Krone in Besitz zu nehmen, Gold zu finden und den Weg zum anderen Ozean zu finden, der ihnen eine Passage nach China sichern sollte.

Nach der Reconquista, bei der die Mauren aus Spanien vertrieben wurden, war gerade diese Provinz beseelt von einem fanatischen christlichen Sendungsbewusstsein, was so weit führte, dass bei ihren Eroberungen in den Dörfern das Kreuz errichtet und versucht wurde, den Häuptling und sein Gefolge zu bekehren. Die Bulle des Papstes erteilte ihnen Absolution in all ihrem Gebaren. Sie war 1493 von Papst Alexander VI. verfasst worden und besagte, dass alles Land, das nicht von Christen bewohnt war, entdeckt, erobert und ausgebeutet werden durfte. Sie hatte immer noch Bestand und wurde inzwischen auch von anderen Eroberern als Legitimation benutzt.

Juan sah in den Einheimischen ungläubige Wilde, die keine Gnade verdienten. Er wollte Reichtümer erwerben und fühlte, ebenso wie viele der anderen Soldaten, kein Mitleid mit den Menschen, die er besiegte und ausraubte. Einige Soldaten hatten schon mit DeSoto in Südamerika gekämpft und einigen Reichtum erworben. Auch Juan war dem Ruf DeSotos damals gefolgt und hatte sich ihm ein weiteres Mal angeschlossen. Mit drei eigenen Pferden und seiner gesamten Ausrüstung war er aufgebrochen und er stellte nüchtern fest, dass seit dem Aufbruch nicht mehr viel übrig geblieben war. Ein Pferd hatte er bereits verloren, sein Sklave war entlaufen und seine Ausrüstung war in einem schlimmen Zustand. Fast hatte er vergessen, dass er ebenfalls der Capitán eines Schiffes war, das an der Küste auf ihn wartete. Er zählte Mitte Vierzig und er war durch und durch ein skrupelloser Abenteurer. Er hatte bereits Reichtümer angehäuft und plante, sich nach dieser Expedition als reicher Mann zur Ruhe zu setzen. Noch hatte er nicht geheiratet, weil sein Lebenswandel kein Umgang für eine christliche Frau war. Außerdem schätzte er das Herumhuren. Aber irgendwann würde er sich zur Ruhe setzen und von seinen Erinnerungen zehren. Wenn er es aus diesem von Gott verfluchten Land zurück schaffte.

Sein Aussehen spiegelte sein abenteuerliches Leben. Er war selbst für einen Spanier sehr groß und damit eine eindrucksvolle Erscheinung. Sein Körper war durchtrainiert, wie es sich für den Capitán der Lanzenreiter gehörte, der sich stets mit seinen Männern in das dichteste Kampfgetümmel stürzte. Sein Gesicht war hager, mit einer gebogenen Nase und strengen Mundwinkeln, die auf zynische Art nach unten gezogen waren. Seine dunklen Augen lagen unter dichten Augenbrauen und schienen alles durchbohren zu wollen. Eine hohe Stirn wurde teils von schwarzen Locken verborgen und ein ungepflegter Bart bedeckte die untere Gesichtshälfte. Es war deutlich zu sehen, dass der Mann schon länger auf Körperpflege und Schneiderei verzichten hatte müssen, denn seine einst prächtige Kleidung war zerschlissen und wirkte heruntergekommen.

Die Armverletzung schmerzte und dies brachte Juan in die Realität zurück. Missmutig sah er auf den zerrissenen Ärmel seines Gewandes, das der Barbier aufgetrennt hatte, um den Pfeil dieser undankbaren Eingeborenen zu entfernen. Der Mann war gerade damit beschäftigt, einen Verband um den Oberarm zu wickeln.

„Nicht schlimm!“, meinte er mit wenig Mitgefühl.

Juan spuckte wütend auf den Boden und runzelte die Stirn. Die Armverletzung war tatsächlich nicht das Problem. Schlimmer war der Verlust der Ausrüstung und Kleidung, die den Flammen zum Opfer gefallen war. Er sah an sich hinunter und seufzte tief. Die Brokatstoffe standen vor Dreck und das ursprünglich weiße Unterhemd mit dem weißen Kragen hatte sich von dem Schweiß gelblich verfärbt.

Die Wunde am Arm pochte und kurz schloss er die Augen, um den Schwindel zu vertreiben. Der Geruch nach verbranntem Menschenfleisch lag schwer in der Luft und er wünschte sich eine frische Meeresbrise herbei. Wenn er die Augen schloss, konnte er das Stöhnen der Verletzten umso deutlicher hören, und er dachte kurz an die Männer, die gefallen waren. Sie hatten es hinter sich, während die Verwundeten immer noch darauf warteten, versorgt zu werden. Selbst der Gouverneur hatte dieses Mal einen Pfeil abbekommen. In den Allerwertesten! Eigentlich war das zum Lachen, wenn die Verluste nicht so arg wären.

Juan öffnete die Augen, als der Barbier ihn erneut ansprach. „Sie müssen den Arm ruhig halten, damit die Wunde heilen kann!“, wurde er ermahnt.

Juan unterdrückte eine böse Bemerkung. Er hatte keinen Sklaven mehr, der die Arbeit für ihn verrichtete. Er konnte höchstens seinen Soldaten Befehle erteilen und die Weiber im Tross bitten, seine Wäsche zu waschen. „Wie viele Verwundete haben wir?“, erkundigte er sich mit ruhiger Stimme. Er wollte wissen, ob sie entscheidend in ihrer Kampfkraft geschwächt waren.

„Über zweihundert!“, antwortete der Barbier. „Ich habe alle Hände voll zu tun. Meist Pfeilwunden, aber auch Brandverletzungen.“

„Und Tote?“

Der Barbier zuckte mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht genau. Einige werden ihren Verletzungen wohl noch erliegen. Genaues weiß ich erst in ein paar Tagen.“

„Wir können also nicht weiterziehen?“ Es klang gereizt.

Der Barbier schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall! Es wird sicherlich ein paar Tage dauern, ehe die Verwundeten transportfähig sind.“ Der Barbier packte seine Bündel und warf dem Capitán einen freundlichen Blick zu. „Soll ich Sie zu Ihrem Zelt begleiten?“

Die Mundwinkel von Juan zogen sich spöttisch nach unten. „Ich habe eine Verletzung am Arm, nicht am Fuß!“

„Also dann! Ich melde mich, wenn ich die genauen Verluste habe!“

Juan nickte gnädig und setzte sich langsam in Bewegung. Sein Blick schweifte durch das Lager, das in aller Eile aufgebaut worden war. Lagerfeuer beleuchten die ersten Zelte, in die die Verwundeten getragen wurden. Es war bereits dunkel, sodass die schlimmsten Eindrücke verborgen blieben.

Juan ging zum Zelt des Gouverneurs, der seine Berater um sich versammelt hatte. Er salutierte kurz und setzte sich dann auf eine provisorische Bank, die für die Offiziere aufgebaut worden war. Kurz musterte er die anwesenden Herren, die ebenfalls noch keine Zeit gefunden hatten, sich umzuziehen. Blutbesudelte Gewänder zeugten davon, dass alle an den Kampfhandlungen beteiligt gewesen waren. Sie stanken nach Blut, Schweiß und Rauch. Juan wischte sich den Schweiß von der Stirn und wartete auf die Worte des Gouverneurs. Dann stand er auf, als ein Priester zuerst ein Gebet sprach und sich bei der Jungfrau Maria für den Sieg über die Heiden bedankte. „Amen!“, flüsterten alle, dann blickten sie mit Spannung auf den Gouverneur.

„Es ist im Moment noch nicht abschätzbar, welcher Schaden entstanden ist“, fing der Gouverneur mit bedächtigen Worten an.

„Unsere Gedanken gelten den Verletzten und denjenigen, die nicht mehr unter uns weilen. Mein Neffe ist gefallen, wie ihr vielleicht wisst! Ich möchte seinen Tod nicht hervorheben, denn jeder Mann, der heute gefallen ist, stellt einen herben Verlust dar. Ich kann noch nicht sagen, wie viele Verletzte wir haben, aber es sind beträchtlich viele. In den nächsten Tagen erwarte ich detaillierte Berichte. Außerdem warte ich auf Nachricht von den Schiffen, die in diesen Tagen vor der Küste eintreffen müssten.“

„Haben wir Gefangene gemacht?“, erkundigte sich Juan.

Der Gouverneur schüttelte verneinend den Kopf. „Diese Wilden haben eher Selbstmord begangen, als sich uns auszuliefern. Einige Kinder konnten flüchten, aber ansonsten sind die Bewohner entweder tot oder verbrannt. Die Hölle wird diese Heiden aufnehmen! Einzig die Frauen des Priesters haben überlebt. Sie waren in der Hütte auf dem Hügel, wo die Flammen nicht hingekommen sind. Ich dachte daran, sie Euch zu überlassen. Sie werden als Sklavinnen sicherlich gute Dienste tun.“

„Und wer soll diese Frauen bekommen?“, erkundigte sich Luis de Mostoso. Er war der Maestro del Campo, der Lagerverwalter, und stand in der Hierarchie gleich nach dem Gouverneur. Er befehligte den gesamten Tross und damit den Nachschub. „Wir bräuchten wirklich wieder Träger und Frauen!“ Es war ein kleiner Hieb, denn der Maestro verabscheute das Verschwenden von Ressourcen. Ein Dorf mit fast fünftausend Menschen zu vernichten, war in seinen Augen keine gelungene Aktion. Obwohl er zugeben musste, dass diese „Indios“ sich besonders kriegerisch verhalten hatten und damit auch keine wertvollen Sklaven gewesen wären.

Der Gouverneur blickte streng in die Runde und rief seine Offiziere zur Ordnung. Natürlich war die sexuelle Unterwerfung von Sklaven gang und gäbe bei den Truppen, aber er wollte zumindest die Form wahren. „Ich dachte daran, die Frauen den Verletzten zuzuweisen, damit sie ihnen behilflich sind. Ich dachte, das wäre eine angemessene Kompensation.“

Zustimmendes Gemurmel war zu hören. Es bedeutete, dass die Frauen nicht den niederen Rängen zur Belustigung überlassen wurden. Keiner der Anwesenden machte sich darüber Gedanken, dass die Gefangenen fast noch Kinder waren. Auch andere Eroberer hatten schon Mädchen, die nicht älter als neun oder zehn waren, als Gespielinnen an die Männer gegeben. Die meisten hatten es nicht überlebt. Alles, was bereits leichte Brüste hatte, wurde im Bett nicht geschont. Wobei es auch Männer gab, die Knaben bevorzugten. Über das Leben von Eingeborenen und Heiden musste niemand Rechenschaft ablegen und ebenso wenig über besondere Neigungen.

* * *

Der Gouverneur gab mit seiner Hand einen Befehl und ließ die Gefangenen hereinführen. Mit vor Angst geweiteten Augen traten die Mädchen herein, an den Händen gefesselt, zum Teil unbekleidet. Ihre schmalen Körper drückten sich hilfesuchend aneinander und mancher liefen die Tränen über die Wangen. Ein Soldat riss den letzten, die sich noch mit Kleidung geschützt hatten, die Fetzen vom Leib, sodass sie vollkommen nackt den Männern feilgeboten wurden. Der Gouverneur runzelte zwar empört die Stirn, schritt aber bei dieser demütigenden Handlung nicht ein. Auf ein weiteres Zeichen kamen jetzt auch die Unteroffiziere und Mannschaftsführer in das Zelt, um die Beute in Augenschein zu nehmen. Nachdem ohnehin die meisten Verletzungen davongetragen hatten, war es nur eine Frage, wer sich als Erster bedienen durfte.

Juan de Anasco musterte die Gefangenen mit lüsternem Blick. Meist blieb ihm bei seinen Angriffen oder Erkundungen keine Zeit, sich an den Indiofrauen zu bedienen. Er hatte schon lange keine Frau mehr gehabt und es juckte ihn, als er die Mädchen sah. Ihre Brüste standen hoch und ihre braunen Körper waren jung und wohlgeformt. Sie waren zierlich, mit schwarzen ausdruckvollen Augen und langen Haaren. Er hatte die Mädchen schon bei diesem heidnischen Priester gesehen, aber da waren sie bekleidet gewesen und hatten sittsam die Augen gesenkt. Hier gab es nichts mehr zu verbergen. Ihr Häuptling hatte auch ihre Zukunft aufgegeben, als er beschlossen hatte, sich gegen die Spanier aufzulehnen.

Er trat vor, um seine Ansprüche anzumelden. Als Capitán der Lanzenreiter stand ihm das zu. „Ich wurde verletzt und kann meinen Arm nicht bewegen. Ich möchte mir eine Sklavin auswählen!“, forderte er mit fester Stimme.

Der Gouverneur lächelte freundlich. „Aber selbstverständlich! Ihnen steht schon länger ein Diener zu. Was ist mit Ihrem Schwarzen geschehen?“

Juan kniff wütend die Lippen zusammen. „Er hat die Flucht gewagt und meine Patrouillen haben ihn nicht finden können.

Ich hoffe, dass er in irgendeinem Kochtopf dieser Heiden verschwunden ist!“

„Nun, eine Frau ist sicherlich besser zu halten. Allerdings müsst ihr diesen Heiden erst einmal etwas beibringen. Es wird wohl eine Weile dauern, ehe sie wirklich eine Hilfe ist“, befürchtete der Gouverneur.

Juan verkniff sich ein Lachen. Für das, was er wollte, brauchte diese kleine Hure keine Ausbildung! Er verbeugte sich galant und lächelte freundlich. „Zumindest wird sie meine Wäsche waschen und mein Zelt aufbauen. Vielleicht kann sie sogar kochen.“ Der Gouverneur legte etwas überrascht den Kopf schief. „All diese Dinge sollten eigentlich die Waschweiber erledigen. Wieso klappt das nicht?“ Er wandte sich an den Maestro.

Juan wedelte entschuldigend mit der Hand. „Das klappt schon. Aber es ist doch einfacher, wenn ich jemanden habe, der nur für mich zuständig ist. Ich kann manchmal einfach nicht warten, wenn ich wieder los muss. Und im Moment brauche ich ja sogar Hilfe, wenn ich nur pinkeln muss!“ Ein kurzes Auflachen belohnte ihn für diesen Witz.

Der Gouverneur nickte großzügig und gab mit einem Winken zu verstehen, dass der Capitán selbstverständlich die erste Wahl hatte. Die Lanzenreiter und sein Capitán waren das Herzstück dieser Expedition. Gerade die Reiterei versetzte die Einheimischen in Panik und garantierte den Erfolg. Es war nicht gut, den Capitán zu verärgern. Ihn mit einer Sklavin zu belohnen, wenn er dies wollte, war das Mindeste.

Juan bemühte sich, seine Gier nicht allzu offen zu zeigen, als er zu den Gefangenen schritt, um sich eine auszusuchen. Die Wahl fiel ihm schwer, denn sie waren alle jung und hübsch, wenn man davon absah, dass sie vor Angst wie erstarrt waren. Abschätzend ließ er seinen Blick über ihre Körper wandern und fühlte wieder dieses Jucken in seiner Hose. Der Anblick ihrer wohlgeformten Brüste ließ seinen Mund trocken werden. Er hatte eine solche Lust, dass er zu platzen drohte, obwohl er sehen konnte, dass schon andere ihre Lust befriedigt hatten. Er entschied sich für ein Mädchen, das nicht nur einen wohlgeformten Körper, sondern auch schöne Augen hatte. Sie weinte nicht, sondern hatte ihm fast trotzig in die Augen geschaut. Sie würde sich anpassen und lernen ihm zu gefallen. Außerdem schien sie kräftig und gesund zu sein. Er wusste, dass Eingeborene oft nicht lange lebten. Er hoffte, dass er ein wenig länger Freude an dieser Sklavin hatte.

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