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Hirschjagd

(Dorf der Menominee)

Der erste Schnee fiel und verbannte die Menschen in die warmen Wigwams. Machwao war froh um die Nahrungsvorräte, die sein Dorf angelegt hatte. Natürlich war es auch möglich, im Winter auf Schneeschuhen zur Jagd zu gehen. Doch dies war mühsam und wurde eher gemacht, um an die wertvollen Pelze zu gelangen. Aus dem Winterpelz der Tiere konnten die Frauen warme Kleidung herstellen. Kein Mann war besonders erpicht darauf, den ganzen Tag auf Schneeschuhen durch die Wildnis zu streifen. Das Wild wurde spärlich und musste mühsam aufgestöbert werden. So saß Machwao lieber am Feuer und schnitzte an neuen Pfeilen oder besserte seine Waffen aus.

Seine Mutter webte aus Halmen und Binsen neue Körbe und Matten, während seine Schwester einen Tontopf mit einem einfachen Muster bemalte. Noch hatte sie ihre ersten Riten nicht durchlaufen und so fanden seine Überlegungen bezüglich eines Ehemanns kein Gehör. Die Mutter schob diese Gedanken weit von sich und lächelte stets, wenn er auf seine Schwester zu sprechen kam. Nepewin Nuki war selbst in sehr jungen Jahren einem Mann als Ehemann versprochen worden und hoffte für ihre Tochter auf eine ebenso sichere Zukunft. Sie war glücklich gewesen, denn ihr Ehemann war gut zu ihr gewesen. Ihre Eltern hatten eine gute Wahl getroffen. Trotzdem hoffte sie, dass die Tochter noch eine Weile in ihrem Haushalt verblieb. Sie sah es als gutes Zeichen, dass die Tochter bisher noch nicht ihre ersten Riten gehabt hatte. So galt sie als Kind. All die Gespräche um einen möglichen Ehemann waren also nur Geplapper. Und ganz sicher würde sie nicht mit einem Schwiegersohn namens „Wakoh“ einverstanden sein! Er war ihr viel zu kämpferisch und verantwortungslos. Machwao dagegen sah seine anderen Qualitäten. „Siehst du nicht, dass er ein guter Jäger ist, der seine Familie stets ernähren kann? Hinzu kommt, dass er wirklich ein tapferer Kämpfer ist, der seine Familie immer beschützen würde!“

Die Mutter schüttelte energisch den Kopf. „Er ist eigennützig. Er sieht nur den eigenen Erfolg. Niemals könnte er sich zum Wohle einer Frau zurücknehmen!“

Machwao wurde ungewohnt wütend. „Er würde für sie sterben. So ist das! Ich habe es gesehen. Ich habe es erlebt. Als wir gegen die Feinde gekämpft haben, wäre er für uns gestorben!“

Die Mutter senkte verunsichert den Kopf. „Ja, aber das heißt nicht, dass er auch ein guter Ehemann wäre. Er ist viel zu unüberlegt.“

Kämenaw Nuki, die kleine Schwester, mischte sich auf gänzlich ungewohnte Weise ein. „Noch bin ich nur ein Kind. Aber eines Tages werde ich einen Mann erwählen. Und jede Frau könnte sich glücklich schätzen, Wakoh an ihrer Seite zu wissen.“ Ihre Augen funkelten verliebt, als sie Machwao verschwörerisch zublinzelte. Machwao war sprachlos und schenkte seiner Schwester einen verblüfften Blick. Die Mutter dagegen schalt ihre Tochter: „Wie kannst du so etwas sagen? Was weißt du schon von Männern? Sei still und überlege dir das nächste Mal, was du sagst!“

Kämenaw Nuki senkte schweigend den Kopf und doch konnte Machwao fühlen, dass sie ihre Meinung nicht ändern würde. Sie bewunderte Wakoh! Und tatsächlich hatte sie recht. Wakoh war schon als Kind von den Donnergeistern auserwählt worden. Seine Eltern hatten ihn früh mit den Dingen des Krieges beschenkt und dafür gesorgt, dass er bestens mit Pfeil und Bogen vertraut war. Schon als kleiner Junge hatte er von den Donnervögeln geträumt und in seinem Kriegsbündel befanden sich eine winzige Kriegskeule, ein kleiner Bogen mit winzigen Pfeilen und die donnernden runden Steine. Machwao wusste von einigen Dingen, aber er wusste auch, dass Wakoh inzwischen weitere Glücksbringer erhalten hatte. Seine Schutzgeister waren mächtig.

Machwao grinste und wechselte dann das Thema. Es war nicht gut, die Mutter auf falsche Gedanken zu bringen. „Morgen werden wir zur Jagd aufbrechen und ich werde Awässeh-neskas begleiten. Wir wollen Biber fangen.“

„Geht es ihm wieder gut?“, erkundigte sich die Mutter.

„Aber ja. Ich sorge dafür, dass er schnell wieder seine Familie versorgen kann. Es wird Zeit!“

„Oh, das ist schön. Es hat lange gedauert!“ Die Mutter lächelte. Machwao schwieg, als er an den Freund dachte. Ja, Awässeh-neskas hatte wirklich mit dem Tod gerungen, doch nun ging es ihm wieder besser. Er wartete auf die Geburt seines ersten Kindes und ein bisschen Abwechslung würde ihm die Kraft zurückgeben. Der Schnee lag hoch, hatte das Land fest in seinen eisigen Klauen und die Jagd mit Schneeschuhen würde ihn auf andere Gedanken bringen.

* * *

Der Winter war lang so weit nördlich, doch die Menominee waren ihn gewohnt. Kinder rodelten auf Schlitten die Hänge hinunter, warm eingemummelt in warme Pelze und mit gefütterten Mokassins an den Füßen. Die Vorratsgruben waren gefüllt und mit langen Stecken gekennzeichnet, damit man sie auch bei Schnee noch fand, und neben den Feuerstellen lagen die Holzstapel zum Trocknen, damit das Feuer in den Wigwams nicht rauchte.

Machwao holte sich eine Schale Suppe, die mit Kochsteinen in einem Gefäß aus Birkenrinde gekocht worden war. Die Mutter hatte Fleischstreifen hineingetan, wilde Zwiebeln, Wildreis und Kürbis. Sie schmeckte köstlich und war ausgesprochen sättigend. Manchmal süßte sie die Suppe auch mit Ahornsirup, aber noch war nicht die Zeit dafür, den süßen Saft von den Bäumen zu sammeln. Anschließend kontrollierte Machwao seine Schneeschuhe. Manchmal wurde das Leder brüchig und dann mussten die Lederbänder ausgewechselt werden. Er fettete das Leder gut ein und prüfte sein Werk zufrieden. Ebenso sorgsam prüfte er seinen Bogen und die Pfeile. Biber wurden meist mit einer Keule erschlagen, doch er würde seinen Bogen mitnehmen, weil man nie wissen konnte, ob ihm nicht anderes Wild vor die Füße lief. Wenig aufmerksam lauschte er dem Gespräch der Frauen und horchte erst auf, als die Mutter wieder das Wort an ihn richtete. „Diese Arbeit wird sehr anstrengend für mich …“, begann sie mit ihrer Wortkeule. Er wusste genau, was jetzt kommen würde! Sie würde ihm die Vorzüge aufzählen, die eine junge Schwiegertochter bringen würde. Dabei hatte sie in der Tochter wahrlich eine gute Hilfe.

„Sehnt sich dein Herz denn nicht nach einer Frau?“, fragte die Mutter fast vorwurfsvoll. Vielleicht hatte sie auch Bedenken, dass er andersherum war und sich eher zu Männern hingezogen fühlte.

Machwao überhörte den versteckten Vorwurf und lächelte freundlich. „Bald!“, versprach er kurzangebunden.

„Oh?“ Das Gesicht der Mutter war eine offene Frage. Hatte sie etwas übersehen?

Auch Kämenaw Nuki hatte in ihrer Arbeit innegehalten und musterte den Bruder interessiert. Machwao schüttelte vergnügt den Kopf. „Ich dachte nur daran, dass die Gelegenheit vielleicht günstig ist, wenn ich im Frühling auf Reisen gehe. Ich werde auch in anderen Dörfern vorbeikommen und dann kann ich ja mal sehen, ob es hübsche Mädchen gibt.“

„Du solltest dich nach fleißigen Mädchen umsehen!“, schalt die Mutter ihn.

„Mutter!“, schimpfte Kämenaw Nuki. „Sei doch froh, wenn er überhaupt solche Gedanken hat. Ich kenne kein Mädchen, das nicht fleißig wäre und nicht wüsste, was eine Frau zu tun hat!“

Machwao lachte laut bei dem Ausbruch seiner Schwester.

„Stimmt! Alle Mädchen sind fleißig. Aber es schadet ja nichts, wenn sie auch ein bisschen hübsch ist.“

„Schönheit vergeht!“, mahnte die Mutter erneut. „Ich werde mich umhören, welches Mädchen in Frage kommt. Eine Ehe muss wohlüberlegt sein!“

Machwao senkte den Blick und vertiefte sich demonstrativ in seine Arbeit. Ja, er wusste, dass die meisten Ehen von den Verwandten gestiftet wurden, aber er hatte seine eigenen Träume. Seine Schwester kicherte erheitert und er schenkte ihr ein breites Lächeln. Er würde sehen!

* * *

Er holte aus dem hinteren Teil des Wigwams ein sorgfältig verpacktes Bündel, in dem sich seine Jagdmedizin befand. Die beiden Frauen verzogen sich auf ihre Schlafmatten, denn der Krieger brauchte Ruhe, um mit den Geistern in Kontakt zu treten. Sorgfältig reinigte er den Boden von Staub, legte eine Matte aus und öffnete dann behutsam das Bündel. Leise sang er das Lied, das ihm bereits von seinem Vater und Großvater weitergegeben worden war.

Das Jagdbündel gehörte zu den vier Bündeln, das ihnen einst, vor langer Zeit, von der Eulenfrau gegeben worden waren. Die Legende erzählte, dass damals ein kleines Mädchen von den Eltern geschimpft worden war. Die Eltern hatten gedroht, dass sie es aus dem Wigwam schicken würden, wenn es nicht aufhörte zu weinen, und dann die Eule käme, um es zu holen. Eines Tages warf die Mutter das Kind tatsächlich aus dem Wigwam und rief mit lauter Stimme: „Eule, sieh her, ich schenke dir dieses Kind!“ All die anderen Eulen hörten dies und sagten zu der Eule: „Warum nimmst du das Mädchen nicht zu dir? Schließlich hat man es dir geschenkt!“ Die Eule brachte also das kleine Mädchen zu ihrer Höhle, die in einem Baumstamm war, und versorgte es mit Blaubeeren. Sie hatte sogar eine kleine Schüssel, damit das Kind essen konnte. Es blieb dort vier Jahre, aber die Zeit erschien nur wie ein Jahr. Dann beschloss die Eule, das Kind zurückzuschicken. Sie fertigte vier Bündel aus Eichhörnchenfell an und steckte in jedes eine bestimmte Substanz mit magischer Kraft.

Dann band sie die Bündel mit farblich verschiedenen Bändern zu, damit man sie unterscheiden konnte. Das Bündel mit dem roten Band enthielt Liebesmedizin, das Bündel mit dem gelben Band machte den Träger zum Empfänger wertvoller Geschenke, das mit dem schwarzen Band enthielt Jagdmedizin und das letzte ohne eine bestimmte Farbe enthielt Glück beim Spiel. Das Kind war inzwischen ein junges Mädchen und die Eule lehrte es die Lieder, die zu jedem Bündel gesungen werden mussten, damit sie wirksam waren. Die Eule brachte das Mädchen zurück zu seinem Dorf und öffnete das Bündel mit der Liebesmedizin, damit es willkommen geheißen wurde. Zum ersten Mal zeigte sich die Eule kurz in ihrer wahren Gestalt und verwandelte sich dann wieder in die Gestalt einer Großmutter zurück. Es war das erste Mal, dass das junge Mädchen erkannte, dass es die ganze Zeit bei einer Eule gelebt hatte. Das Mädchen kehrte in sein Dorf zurück und wurde von der Mutter herzlich willkommen geheißen. „Wo bist du nur all die Zeit gewesen?“, fragte sie besorgt. – „Ich war bei einer alten Frau!“, erzählte das junge Mädchen. „Und sie gab mir zum Abschied diese Geschenke!“

Machwao sang das Lied zu Ehren der gehörnten Eule: Koko’ko e, Koko’ko e mo na me he weto’katowuk wa ha a … a … a … me ye hi a weto’katowuk wa a a … Dann sang er seine eigenen Lieder, die er geträumt hatte, und bot dem Eulengeist eine Schüssel mit Essen dar. Sorgfältig bemalte er sein Gesicht mit der schwarzen Farbe, die sich in dem Bündel befand. So war er für die Jagd bestens vorbereitet.

* * *

Am Morgen brach Machwao schon früh auf. Sein Freund Awässeh-neskas lief im ausdauernden Trab neben ihm her. Der Schnee knirschte unter den Schneeschuhen und vor ihren Gesichtern bildeten sich kleine Wolken, wenn sie den Atem ausstießen. Es war bitterkalt und die Flüsse und Seen begannen bereits zu gefrieren. Die beiden Männer bewegten sich durch die weiß-graue Landschaft. Sie wählten einen Weg durch den Wald, da hier der Schnee nicht ganz so hoch liegen würde. Manchmal kamen sie über Lichtungen, die völlig im Schnee versunken waren. Machwao deutete auf einige Spuren, die im Schnee gut zu sehen waren. „Hier sind Hirsche vorbeigekommen!“

Awässeh-neskas nickte. „Sie sind nahe bei unserem Dorf. Vielleicht sollten wir den Spuren folgen. Die Biber werden auch noch morgen in ihrem Bau sein.“

Machwao schätze ab, wie alt die Spuren waren, und entschloss sich, dem Rat des Freundes zu folgen. „Gut, lass uns den Spuren folgen.“

Frisches Fleisch war nicht zu verachten. Dabei war es schon reichlich spät, weit nach Sonnenaufgang und somit nicht die beste Zeit, um Hirsche zu jagen. Eine Taktik war, sie bei Dunkelheit mit einer Fackel anzulocken, ähnlich wie sie auch die Fische jagten, aber dafür war es zu hell. Wenn die Suche nach den Hirschen erfolglos blieb, konnten sie immer noch den Biberbau aufsuchen. Sie folgten den Spuren über einen kleinen bewaldeten Hügel und kamen bald ins Keuchen, denn der Anstieg in den Schneeschuhen war kraftzehrend. Auf der anderen Seite schlängelte sich ein kleiner Bach durch das Tal, der noch nicht zugefroren war. Einige Hirsche standen dort und hatten mit ihren Hufen den Schnee zur Seite geschoben.

Machwao nickte seinem Freund zu und zeigte mit seinen Händen an, dass er sich von der anderen Seite an die Hirsche heranschleichen und sie dann in die Richtung von Awässeh-neskas treiben würde. Sein Freund war bereits erschöpft und er wollte ihn ein wenig schonen. Awässeh-neskas nickte mit zusammengepressten Lippen, hatte aber keine Einwände. Er duckte sich in den Schatten einiger Eschen und machte das Zeichen, dass er warten würde.

Machwao umging die Lichtung in einem weiten Bogen. Mit Schneeschuhen wäre es unmöglich, sich nahe genug an die Hirsche heranzuschleichen, um in Pfeilschussnähe zu gelangen. Aber er konnte dafür sorgen, dass sein Freund einen gezielten Schuss abgab. Mit ein bisschen Unterstützung der Geister würden die Hirsche nur langsam vor ihm ausweichen. Er musste verhindern, dass sie in Panik davonstoben, denn dann konnte auch Awässeh-neskas keinen gezielten Schuss abgeben. Behutsam pirschte Machwao durch den Schnee. Er brauchte eine ganze Weile, um das Tal zu umgehen.

Schließlich näherte er sich von der anderen Seite des Tals und gab sich dabei keine große Mühe, Geräusche zu vermeiden. Hirsche waren neugierig und so klapperte er leicht mit seinem Köcher, während er behutsam und langsam in Richtung der Tiere ging. Sein Plan war gut, aber die Wirklichkeit sah oft anders aus, denn irgendetwas erschreckte die Hirsche so, dass sie in weiten Sprüngen davonstoben. Sie liefen tatsächlich in Richtung des Freundes, aber Machwao konnte nicht erkennen, ob es ihm gelungen war, einen Schuss abzugeben. Jetzt konnte man es ohnehin nicht mehr ändern. Im leichten Trab lief er über die Lichtung und erreichte wenig später seinen Freund. Der lag schwer atmend im Schnee und versuchte gerade, sich wieder hochzurappeln. „Was ist passiert?“, keuchte Machwao besorgt.

Awässeh-neskas machte eine verlegene Handbewegung.

„Nichts, nichts! Sie kamen so schnell, dass sie mich umgerannt haben!“

In Machwao stieg unbändiges Gelächter hoch. „Umgeworfen?“ Er schnappte vor Lachen nach Luft. „Sie kamen dir so nahe, dass sie dich umgeworfen haben? Oh Mann! Hast du wenigstens schießen können?“

Awässeh-neskas stieß seinen Freund in die Rippen. Es tat nicht weh, denn der Umhang dämpfte den Schlag ein wenig. „Hör auf zu lachen. Natürlich habe ich getroffen! Dort!“ Er deutete mit dem Kinn in Richtung einiger Bäume. „Es rannte noch ein kleines Stück und ist dann zusammengebrochen.“

„Hoh!“ Der Tonfall verwandelte sich von Spott in ehrliche Bewunderung. „Dann war die Jagd also erfolgreich!“

Die beiden Männer liefen zu der erlegten Beute und beugten sich ehrerbietig darüber. Awässeh-neskas holte etwas Tabak aus seinem Beutel und streute ihn über das Tier. Leise murmelte er ein Gebet, um sich beim Geist des Tieres dafür zu bedanken, dass es sein Fleisch geopfert hatte. Dann sammelten sie einige größere Äste und bauten einen einfachen Schlitten, auf den sie das Tier legten. Mit Riemen zogen sie es anschließend durch den Schnee. Es war ganz einfach, nur einmal mussten sie eine Steigung überwinden und mühten sich mit der Last den Hang hinauf.

Es war fast Abend, ehe sie wieder die Wigwams des Dorfes erreichten. Die Menschen strömten herbei, als einige Kinder, die draußen gespielt hatten, die Heimkehrer entdeckten und ihnen lärmend entgegenrannten. Sogleich machten sich die Frauen an die Arbeit, den Hirsch auszunehmen. Das Fell gehörte dem Jäger, doch das Fleisch wurde gerecht zwischen den Familien aufgeteilt. Auch andere Jäger kehrten erfolgreich von der Jagd zurück und die Menschen begrüßten es, so viel frisches Fleisch zu haben. Es waren gute Zeiten.

***

Machwao kehrte mit einer Hirschschulter in seinen Wigwam zurück und übergab das Fleisch einer Mutter. Sie begann sofort, es in Streifen zu schneiden, und legte dann den Knochen in die Asche, um auch die letzten Fleischfetzen zu garen. Den Knochen abzuknabbern galt als Delikatesse. Erst dann wurden die Knochen den Hunden gegeben. Sie waren ohnehin keine so gern gesehenen Gäste, denn sie brachten Flöhe und anderes Ungeziefer in die Betten. Im Sommer schliefen sie daher vor den Wigwams und streunten als Rudel durch das Dorf. Nur wenn es zu kalt wurde, durften sie in die Wärme des Wigwams und erhielten einen Platz in der Nähe des Eingangs. Sie galten als gute Wächter, deshalb wurden sie geduldet. Auch die Familie gewährte einer buntgefleckten Hündin Obdach, die sich diesen Platz mit freundlichem Gewedel und unterwürfigem Verhalten erbettelt hatte. Sie war ausgesprochen still und so wurde es fast übersehen, wenn sie anwesend war.

Kämenaw Nuki hielt sie für schlau und fütterte sie schmunzelnd mit einigen Leckereien und Knochen. Die Hündin wedelte jedes Mal in ihrer scheuen Art und schien stets sehr zufrieden zu sein. Sie bettelte nicht, sondern wartete ab, was die Menschen ihr zugedachten. Die Mutter nannte sie „Kleiner Fleck“, weil sie sich so zusammenkringelte, dass man fast über sie stolperte. Machwao nahm den Hund nicht zur Kenntnis. Für ihn waren Tiere in erster Linie Beute.

Die Menominee aßen keine Hunde, aber sie hatten auch keine besonders innige Beziehung zu ihnen. Im Rudel waren sie eher lästig, frech und unberechenbar. Aber es gab eine Geschichte darüber, wie die Hunde als Geschenk der Wölfe zu ihnen gekommen waren, und so wurden sie geduldet. Es gab Männer, die einen Hund sogar mit zur Jagd nahmen, doch Machwao fürchtete, dass der Hund mit seinem Gebell das Wild verscheuchte. Er kannte die Geschichte, wie die Hunde zu den Menschen gekommen waren und hatte sie früher gern der Schwester erzählt. Schon damals waren sie großartige Diebe gewesen. Die Legende erzählte, dass die Hunde ursprünglich mit den Wölfen gelebt hatten und ihnen dienen mussten. Doch dann kamen die Wölfe auf die Idee, die Hunde auszuschicken, um den Menschen das Feuer zu stehlen. Die Wölfe hatten es erst selbst versucht, weil sie die Menschen um das Feuer beneideten. Als sie mehrmals gescheitert waren und sich fürchterlich die Pfoten verbrannt hatten, schickten sie die Hunde los, um diese Aufgabe zu erledigen. Die Hunde entschieden jedoch, dass auch sie sich nur die Pfoten oder das Maul verbrennen würden, und entschieden, lieber bei den Menschen zu bleiben. Da die Menschen die Wölfe fürchteten, beschlossen die Hunde, sich zu verstellen. Sie machten sich ganz klein, kniffen den Schwanz ein und schauten besonders treuherzig zu den Menschen auf, als würden sie sich fürchten. Ein Mann, der von den Wölfen geträumt hatte, dachte, dass diese Hunde ein Geschenk der Wölfe wären, und erlaubte ihnen zu bleiben. Fortan lebten die Hunde bei den Menschen und genossen die Wärme der Feuer.

Machwao hingegen sah immer noch etwas Falschheit in ihrem Verhalten und rollte jedes Mal mit den Augen, wenn er sah, wie die Hunde sich die Knochen stahlen. Ja, sie waren nach wie vor Diebe! Er duldete Kleiner Fleck, weil die Frauen ihre Freude mit ihr hatten, und nicht, weil er sie besonders mochte. Außerdem würde sie demnächst Junge werfen und er fürchtete schon den Tag, an dem hier kleine Welpen durch den Wigwam tobten.

Donnergrollen im Land der grünen Wasser

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