Читать книгу Hollywood Hills - Sex, Laughs & Rock 'n' Roll - Kerstin Steiner - Страница 3
1. Kapitel
ОглавлениеLaut krachend fiel die Haustür ins Schloss, die ramponierten Manolo Blahniks landeten im hohen Bogen in einer Ecke des Flurs und die Handtasche von Michael Kors flog direkt hinterher.
Wutentbrannt zerrte sich Jennifer das tief ausgeschnittene und völlig zerrissene Abendkleid von den Schultern und warf es weit von sich.
Sie stürmte am ganzen Körper zitternd und bebend ins Wohnzimmer, vorbei am blinkenden Anrufbeantworter, schaltete sofort den Fernseher an und wartete gespannt, bis das Bild endlich erschien.
Natürlich – das Erste, was sie sah, war sie selbst!
Entsetzt musste sie mitansehen, was sie vor knapp zwei Stunden am eigenen Leib erlebt hatte.
Schnell schaltete sie um auf das nächste Programm. Verflixt, auch hier erschien sie selbst auf dem Bildschirm. Sie schaltete weiter, um festzustellen, dass ihr Albtraum auf den meisten Kanälen zu sehen war.
Ungläubig schüttelte sie den Kopf und ließ sich langsam auf den Boden sinken.
Weg, nichts wie weg, dachte sie. Ich bin blamiert bis auf die Knochen, hier in Deutschland kann ich niemandem mehr unter die Augen treten, alle lachen über mich und die Show, die ich geboten habe.
Sie fühlte, wie die Schamesröte auf ihren Wangen brannte, wenn sie an den vergangenen Abend dachte, der eigentlich ihre große Chance hätte sein sollen.
Zum ersten Mal in ihrer Karriere hatte sie zusammen mit ihrem Co-Moderator Frank durch eine große Abendgala führen dürfen.
In München, ihrer Heimatstadt, wurden die Insider-Awards verliehen, einer der wichtigsten europäischen Publikumspreise für Film und Musik.
Frank machte die Ankündigungen und Jennifer sollte die Preise überreichen und ein paar nette Worte mit den Gewinnern wechseln. Die Halle war an diesem Abend selbstverständlich bis auf den letzten Platz mit geladenen Gästen besetzt. In der ersten Reihe versammelte sich die gesamte Prominenz, um herauszufinden, wer von ihnen einen der begehrten Preise mit nach Hause nehmen durfte.
Die Veranstaltung wurde live ausgestrahlt und sollte Jennifer endlich die Möglichkeit bieten zu beweisen, dass sie mehr konnte, als nur ihre Lifestyle-Kolumne zu präsentieren.
Extra für diesen Abend hatte sie sich ein sündhaft teures Kleid von Armani gekauft, das ihre schlanke Figur geschickt umspielte – zugegeben, der Ausschnitt war vielleicht etwas tief, aber es stand ihr einfach wunderbar.
Sie musste dazu unbedingt diese unglaublich tollen Schuhe tragen, die besonders hohen, mit den dünnen Absätzen von Blahnik, denn bei ihrer Größe von 1,70 m kam das Kleid sonst nicht zur Geltung.
Mit etwas Übung ließ sich darin auch wirklich gehen, man durfte eben nur langsam laufen und nicht zu lange Schritte machen, aber das war ohnehin wegen des engen Kleides nicht möglich.
Die langen blonden Haare hatte sie hochgesteckt und ihre grünen Augen funkelten in der gleichen Farbe wie das Kleid. Jennifer fand sich unglaublich elegant und so kam es natürlich absolut gar nicht in Frage, ihre Brille zu tragen.
Sie hasste das Gestell auf ihrer Nase und hatte für solche Anlässe ihre Kontaktlinsen. Doch gerade an diesem wichtigen Abend war ihr der Linsenbehälter im Taxi aus der kleinen Abendtasche gerutscht und nicht mehr auffindbar gewesen.
Hätte sie auch nur im Entferntesten geahnt, was geschehen würde, wer weiß, ob sie nicht doch zur Brille gegriffen hätte.
So jedoch entschied sie sich, auf die Brille zu pfeifen und es ohne zu versuchen, schließlich war die Bühne doch nicht so groß und unübersichtlich!
Der Abend und die Gala nahmen ihren Lauf.
Frank, elegant im Smoking gekleidet und souverän wie immer, kündigte einen Award-Gewinner nach dem anderen an.
Jennifer balancierte auf hohen Absätzen elegant aus den Kulissen und übergab den Prominenten nach ein paar netten Worten mit einem strahlenden Lächeln ihren Preis.
Doch gerade als Frank den Gewinner der Kategorie „Bester männlicher Hauptdarsteller“ ankündigte, geschah es.
Jennifer blinzelte und übersah die letzte Stufe der kleinen Showtreppe. Sie stolperte, der dünne Absatz knickte weg und schließlich fiel sie vornüber mitten auf den Bauch.
Der Award, eine kristallene Figur, rutschte ihr aus der Hand und zerschellte klirrend am Boden.
Als wäre das noch nicht peinlich genug, hörte Jennifer entsetzt ein lautes „Ratsch“ – der enge Rock war durch die Spannung mitten über ihrem Hinterteil aufgerissen.
Sie versuchte sich aufzurappeln und verlagerte das Gewicht nach hinten. Dabei jedoch verrutschte das tiefe Dekolleté und entblößte eine der wohl gerundeten Brüste.
Das Publikum, welches zunächst noch verblüfft geschwiegen hatte, brach in lautes Gelächter aus.
Das war zu viel für Jennifer. Hochrot raffte sie das Kleid zusammen und ergriff die Flucht von der Bühne.
So schnell, wie es die kaputten Schuhe erlaubten, rannte sie hinter die Kulissen, raste durch die Katakomben der Halle zu ihrer Garderobe, schnappte sich ihre Handtasche und eilte tränenblind zum Ausgang.
Dabei bemerkte sie nicht den mitleidigen Blick aus ebenso grünen Augen wie den ihren, der ihr verständnislos folgte.
Jennifer riss die Tür des erstbesten Taxis auf und nannte dem Fahrer ihre Adresse in Schwabing.
Jennifer ließ den Blick durch ihre Wohnung schweifen und atmete tief durch.
Auf dem Bildschirm des Fernsehers flimmerte erneut ihr Sturz, begleitet von hämischen Kommentaren der Medienkollegen. Das Ganze war ein gefundenes Fressen für die Presse.
Jennifer malte sich aus, was am Morgen wohl in den Zeitungen stehen würde, ganz abgesehen von den Fotos, die es vermutlich bis auf den Titel diverser Printmagazine schaffen würden.
So hatte sie sich ihr Debüt in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt.
„Wäre ich doch bloß nicht so verdammt eitel“, schoss es ihr durch den Kopf. „Hätte ich nur die Brille getragen, dann wäre das alles erst gar nicht passiert.“
Sie haderte mit sich. Hätte, wäre – nun war es passiert und sie musste etwas unternehmen.
Fieberhaft überlegte sie, wie sie sich dem peinlichen Rummel entziehen könnte, denn sie kannte ihre Kollegen nur zu gut. Ihr Sturz und die Folgen würden ausgeschlachtet werden und sie zur Lachnummer der Branche.
Kein Mensch würde sie als Lifestyle-Reporterin je wieder ernst nehmen. Wer wollte schon kluge Ratschläge über Kleidung und Lebensstil von jemandem, der nicht mal vernünftig eine Treppe heruntergehen konnte.
Das Telefon klingelte und nach dem zehnten Klingelton klickte der Anrufbeantworter: „Hi, hier spricht Jennifer Kober, ich rufe zurück, wenn es wichtig ist.“
„Jen, geh ran, ich weiß, dass du zu Hause bist!“, erklang die hämische Stimme von Frank.
Die Verleihung war offenbar vorbei.
„Jen, hier ist der Teufel los. Du bist das Gespräch des Abends, alle amüsieren sich köstlich über deinen Auftritt.“
Aha, sie hatten also ihren Spaß.
„Hey, Jennifer, ich weiß ja, du wolltest sowieso mit dem Lifestyle-Magazin aufhören, aber hättest du nicht einfach kündigen können ohne diese Nummer abzuziehen?“
Dieser A …. ! Franks Stimme klang triumphierend, denn er wollte die Sendung ohnehin am liebsten allein machen. Das hatte Jennifer oft zu spüren bekommen.
„Jennifer, noch etwas: Rufe Paul an, er hat Neuigkeiten für dich.“ Jennifer schüttelte sich, denn Franks sonst so sonore Stimme triefte förmlich vor Arroganz und unverhohlener Schadenfreude.
Ihr wurde ganz übel bei dem Gedanken, Frank so in die Hände gespielt zu haben.
„Ach und Jenny, viel Glück bei der Suche nach einem Mauseloch! Und was ich noch loswerden wollte – hübsche Brust …“
Das war zu viel!
Wütend sprang Jennifer auf, um den Anrufbeantworter auszuschalten, blieb aber am Kabel hängen und der gesamte Anschluss riss aus der Wand.
Na super, das hatte ihr noch gefehlt.
Sie kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Mobiltelefon und wählte entschlossen Pauls Nummer. Nach mehrfachem Klingeln, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, meldete sich Paul.
Nach der Geräuschkulisse zu deuten, war er gerade auf der Aftershow-Party.
„Paul, hier ist Jennifer, ich…“
„Jen“, rief Paul in den Hörer, „zum Teufel, weshalb bist du weggerannt? Du hast den ganzen Sendeablauf durcheinander gebracht. Wir hatten keinen Ersatz für dich, Frank musste alles allein moderieren. Mensch Jennifer, konntest du dich nicht zusammenreißen?“
Paul brüllte so laut, dass Jennifer den Hörer vom Ohr weghielt.
„Paul, ich…“, setze sie erneut an, doch sie wurde gleich wieder unterbrochen.
„Jennifer, ich mag dich wirklich, du hast viel Talent und bist verdammt hübsch, du warst die ideale Besetzung für diesen Abend, aber ich kann dich einfach nicht weiter beschäftigen, wenn ich nicht auch zum Gespött der Leute werden will. Schließlich bin ich der Redakteur, der die Verantwortung trägt. Ich schicke dir deine Unterlagen zu. Viel Glück – und besser du tauchst erst mal ein paar Wochen ab. Ciao!“
Es knackte, Paul hatte aufgelegt.
Jennifer schluckte. So schnell war man also seinen Job los.
Sie griff erneut zum Handy und wählte die lange Nummer, die sie in letzter Zeit so oft getippt hatte.
Es dauerte eine Weile, bis das Freizeichen leise summte.
Schließlich hörte Jennifer, dass am anderen Ende abgehoben wurde und eine weibliche Stimme rasend schnell einige Worte Spanisch sprach.
Auch das noch, dachte Jennifer. Juanita, das resolute mexikanische Hausmädchen.
Juanita weigerte sich stets kategorisch jemanden ans Telefon zu holen. Sie sprach kein Englisch und erst recht kein Deutsch.
„Hola Juanita, donde esta la Signora Wood“, kramte Jennifer ihre im letzten Spanienurlaub erworbenen Sprachkenntnisse hervor.
Ein Schwall spanischer Worte prasselte auf sie ein. Sie konnte Juanita regelrecht vor sich sehen, wie sie energisch mit dem Putztuch wedelte und die Hände in die breiten Hüften stützte, ein Tuch um den Kopf geschlungen und einen dieser knallbunten Kittel um die mächtige Brust geschnürt.
Jennifer verstand kein einziges Wort der folgenden Tirade und rollte verzweifelt mit den Augen.
Gerade als sie auflegen wollte, hörte sie die Stimme von Julia, ihrer besten Freundin, im Hintergrund.
„Julia, ich bin’s, Jen!“, brüllte sie ins Telefon, in der Hoffnung Juanitas spanischen Redeschwall zu übertönen.
„Was ist denn los Jenny, ich dachte du meldest dich in zwei Wochen, wenn du zu unserer Hochzeit kommst?“, fragte Julia erstaunt.
Am verzweifelten Klang der Stimme ihrer besten Freundin hatte Julia gleich erkannt, dass etwas nicht stimmen konnte.
Jennifer war zwar die unangefochtene Meisterin im Sammeln von kleineren Missgeschicken, die sie meist selbst durch ihre ausgeprägte Eitelkeit heraufbeschwor, aber dieses Mal klang es ernst.
Unter Tränen berichtete Jennifer von der ganzen Geschichte.
„Oh Jul, was soll ich denn nur machen?“, schniefte sie in den Hörer, „ich könnte glatt im Boden versinken.“
„Jennifer, hör mal gut zu, packe deine Sachen ein, buche den Flug einfach auf morgen um und komm sofort vorbei. Es ist doch egal, du wärst sowieso in zwei Wochen zur Hochzeit gekommen, dann kommst du eben ganz einfach schon jetzt zu uns!“
Natürlich, das war die Lösung!
Jennifer strahlte zum ersten Mal wieder.
„Julia, du bist genial. Ich war so durcheinander, dass ich nicht einmal auf die Idee gekommen bin. Klar so machen wir das!“, jubelte sie ins Telefon.
„Du, Jenny, hör mir doch mal zu“, rief Julia eindringlich in den Hörer. „Du musst dieses Mal bis zur Hochzeit ein Hotelzimmer nehmen. Stevens gesamte Verwandtschaft aus London ist hier schon eingefallen und hat alle Gästezimmer in Beschlag genommen. Er hat bis jetzt eine halbe Fußballmannschaft zusammen und die restlichen Spieler rekrutiert er hier auch noch bei seinen britischen Freunden. Die sind alle total verrückt nach Fußball und lassen mich mit der Planung ganz allein. Nach der Hochzeit kannst du gerne wieder hier in deinem Lieblingszimmer wohnen, ich brauche dann sowieso deine Hilfe.“
Julia klang geheimnisvoll, aber Jennifer war zu müde, um nachzufragen.
„Macht nichts“, antwortete sie stattdessen. „Ich buche jetzt schnell den Flug und bin morgen bei dir. Ich melde mich aus dem Hotel, sobald ich dort bin.“
„Halt die Ohren steif“, sagte Julia. „Ich freu’ mich schon auf dich – und Jenny, denk` dran, ein Koffer reicht, du musst ihn dieses Mal allein schleppen.“
Jennifer konnte Julia förmlich grinsen sehen, sie kannte sie einfach zu gut.
„Mal sehen, ich gebe mir Mühe, aber du kennst mich ja. Bis dann Julia!“, antwortete sie und legte auf, um gleich darauf telefonisch den Flug zu buchen.