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A. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten/Sachliche Zuständigkeit I. Arbeitnehmereigenschaft als sog. doppelrelevante Tatsache?
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Die Zulässigkeit setzt insbesondere die Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten und damit deren (ausschließliche) sachliche Zuständigkeit voraus. Nach § 2 I Nr. 3 lit. a) ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis.
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage könnte also sein, dass A Arbeitnehmerin ist.
Möglicherweise kann die gem. § 5 ArbGG zu prüfende Arbeitnehmereigenschaft der A im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung jedoch dahinstehen. Nach der Rechtsprechung des BAG brauchen die Voraussetzungen des § 5 ArbGG nicht festzustehen (d. h. unbestritten oder bewiesen sein), wenn es sich um sog. doppelrelevante Tatsachen handelt. Dies ist gegeben, wenn sich der eingeklagte Anspruch ausschließlich auf eine Anspruchsgrundlage stützen lässt, deren Prüfung in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gem. § 2 ArbGG fällt (sog. Sic-non-Fall, z. B. Kündigungsschutzklage).[2] Da hier die maßgeblichen Tatsachen gleichzeitig Voraussetzung für die Begründetheit sind, kommt eine Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtswegs nicht in Betracht. Daher genügt für die Zuständigkeit bereits die Rechtsansicht des Klägers.
Vorliegend macht A jedoch einen Vergütungsanspruch geltend. Der Vergütungsanspruch ergibt sich bei einem Arbeitsvertrag aus § 611a II BGB und bei seinem (selbstständigen) Dienstvertrag aus § 611 II BGB, wobei nur entweder ein Arbeitsvertrag oder ein selbstständiger Dienstvertrag vorliegen kann. Beide möglichen Anspruchsgrundlagen schließen sich gegenseitig aus. A ist entweder unselbstständige Dienstverpflichtete, also Arbeitnehmerin, oder selbstständige Dienstverpflichtete, hier als selbstständige Handelsvertreterin. Damit handelt es sich um einen sog. Aut-aut-Fall. In einem solchen Fall müssen grundsätzlich bereits in der Zuständigkeitsprüfung die Voraussetzungen des § 5 ArbGG geprüft werden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass das Arbeitsgericht über einen rechtswegfremden Anspruch zu entscheiden hätte („Rechtswegerschleichung“).
Exkurs/Vertiefung: Neben den Sic-non- und den Aut-aut-Fällen gibt es die seltenen Et-et-Fälle, in denen sich der Anspruch auf eine arbeitsrechtliche und auf eine nicht arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage stützen lässt, wobei sich beide Anspruchsgrundlagen nicht ausschließen. Das BAG nimmt dies an, wenn sich der Dienstverpflichtete gegen eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB wehrt.[3]