Читать книгу BESESSENHEIT - Kiki Abers - Страница 5
3. Kapitel
ОглавлениеDer Vater von Viktor war Kürschner, hatte eine eigene Werkstatt, nähte Pelze und verdiente gutes Geld, träumte davon, dass sein einziger Sohn in seine Fußstapfen treten würde und das Geschäft irgendwann übernähme. Er bedauerte, dass Viktor ihm nie helfen wollte, sowie er seinem Vater, der auch Kürschner war, immer schon seit der Kindheit entweder etwas reichte oder festhielt. Er wusste, dass er diesen Beruf ausführen würde, verbrachte jede freie Minute in der Werkstatt und schaute gerne seinem Vater bei der Arbeit zu.
Die Mutter von Viktor war Hausfrau. Sie musste nie arbeiten, weil es ihnen sehr gut ging. Sie träumte von einer Tochter und haderte mit dem Schicksal, dass sie nur ein Kind hatte. Sie liebte ihren Sohn sehr, und vielleicht war sie sogar überfürsorglich. Viktor war äußerlich dem Vater ähnlich, ein bisschen größer, gut gebaut, seine schwarzen Haare fielen ihm frech in die Stirn, und die schwarzen feurigen Augen verliehen ihm das Aussehen eines Südländers.
Den Charakter erbte er von der Mutter, war sanft, ruhig, heiter und immer hilfsbereit. In der Schule wollte er nicht so gerne lernen. Zuerst wollte er lieber Fußball spielen, später den Mädchen die Köpfe verdrehen, und er hatte bei ihnen Erfolg! Sie haben ihn nicht in Ruhe gelassen, belagerten sogar sein Haus. Er lachte nur darüber und war in keine verliebt. Obwohl ihn ständig etwas vom Lernen abhielt, bestand er das Abitur gut. Und dann explodierte die Bombe, als er den Eltern verkündete, dass er Medizin studieren möchte.
-Du bist wahrscheinlich verrückt geworden!- wütete sein Vater,
-plötzlich hast du Flausen im Kopf, studieren willst du, anstatt mit
mir zusammen zu arbeiten! Hier hast du gesichertes Geld und ein gutes Leben!
-So ein Leben interessiert mich nicht,- erklärte Viktor,- und Geld, das ist auch nicht alles.
-Du sagst das jetzt so, weil Dank meiner Arbeit du Alles hast. Über nichts musst du dir Sorgen machen. Du wirst sehen, was es bedeutet
kein Geld zu haben, wenn du irgendein Doktörchen sein wirst. Du wirst im Krankenhaus für Pfennige ackern, wirst in den Nächten und an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen. - Die Wut des Vaters ging jetzt in Verzweiflung über.
Er saß am Küchentisch, stützte sich auf die Ellenbogen und begrub die Hände in seinen Haaren.
-Mein einziger Sohn,- jammerte er,- für wen habe ich das denn alles geschaffen? So viele Jahre meiner schweren Arbeit! Schau, wie gut meine Werkstatt geht, und es wird niemanden geben, der sie übernimmt. Gott, dass mir sowas widerfährt!
-Papa, es tut mir leid, aber Medizin ist mein Traum. Du möchtest doch bestimmt, dass ich glücklich werde. Du bist doch noch jung und wirst lange arbeiten, weil dich das glücklich macht. Ich bitte dich sehr, gib dir Mühe mich zu verstehen.
Er wartete noch, dass der Vater etwas sagte aber, als der schwieg verließ er die Küche, ging in sein Zimmer und fing an zu weinen. Er litt fürchterlich, dass er dem Vater so einen Schmerz bereitete, aber seinen Entschluss hat er nicht geändert.
Viktor bestand die Aufnahmeprüfungen gut und wurde Student der medizinischen Akademie. Die Mutter stand auf seiner Seite und war auf ihn sehr stolz. Der Vater wollte ihm das nie verzeihen, und das Verhältnis zwischen ihnen war die ganze Zeit gespannt. Er kaufte sogar Viktor das lange versprochen Motorrad nicht, das die Belohnung für das bestandene Abitur sein sollte. Während des letzten Studiensemesters lernte Viktor Sophie kennen und verkündete zu Hause, dass er sich verliebt hat.
-Was ist sie für eine?- fragte der Vater.
-Eine Pianistin, Aristokratin.- antwortete er mit Stolz.
-Du, bei deinem zukünftigen Beruf, solltest eine Frau haben, die das Geld verdienen wird, denn von deinem Gehältchen werdet ihr nicht überleben. Und sie wird nur klimpern, und zuhause wird
sie bestimmt zwei linke Hände haben. Aristokratin! Bourgeois! Weiße Händchen! Verflucht, du hast es vielleicht getroffen! Und ihr Vater, bestimmt ein Nacktarsch, weil der Staat solchen wie ihm alles weggenommen hat. Und es geschieht ihnen recht, denn früher bereicherten sie sich durch peinigen der Menschen! Konntest du dich nicht in ein normales, vernünftiges Mädchen verlieben? Und diese Jola, gefällt sie dir schon nicht mehr? Das wäre für dich die richtige Frau! Fleißig, umsichtig, Tochter eines Metzgers, irgendwann wird sie allein ihr Geschäft führen. Und du bekamst Lust, in die hoch herrschaftlichen Türschwellen rein zu latschen! Das wirst du noch bereuen. Mit den Verbeugungen und dem Pardonieren wirst du die Familie nicht füttern. Nur bitte mich später nicht um das Geld! Ich gebe nichts!- schrie er, ganz rot im Gesicht, und presste die Lippen so zusammen, dass es so aussah, als wenn er überhaupt keine hätte.
Viktor schaute den schäumenden Vater an und beunruhigte sich um ihn. Er sah ihm an, dass sein Blutdruck wieder stieg.
-Sprich nicht so über sie, du kennst sie nicht.- Er versuchte sanft zu sprechen, um ihn etwas zu beruhigen.- Aber wenn du sie kennenlernen wirst, dann wird sie dir bestimmt gefallen. -
-Überhaupt, bringe sie nicht hierher, diesen Nachkommen von Blutsaugern.-
-Papa, ich bitte dich, beruhige dich. Du solltest dich nicht so aufregen. Denk an deinen Blutdruck.- Viktor wollte ihn besänftigen.
-Dann wirst du mich auf dem Gewissen haben!- presste Vater durch die Zähne und starrte stur auf das Tischblatt.
Mutter, die bis jetzt schwieg, meldete sich jetzt:
-Vater, schämen solltest du dich, solche Sachen zu quasseln!
Hör endlich auf deinem einzigen Sohn das Leben zu vergiften. Er soll sie hierher bringen, ich möchte sie kennenlernen. Wenn er sie liebt, dann werde ich sie auch, wie die eigene Tochter, lieben.
Mein Sohn, sei nicht traurig, wir sind zu zweit, wir schaffen es mit dem Vater. Lass uns jetzt zusammen Tee trinken, er ist frisch aufgebrüht, und stell die Tassen auf den Tisch.
Vater saß den Rest des Abends schweigend, Mutter legte Patience, und Viktor verschwand in seinem Zimmer und lernte für das Examen.
Als er das Studium beendete und Arbeit in einem Krankenhaus bekam, kaufte er einen Strauß Rosen, nahm einen Ring, den er von seiner Mutter bekam und stellte sich aufgeregt vor die Tür von Sophies Haus. Mit zittriger Hand drückte er auf die Schelle. Es öffnete ihre Mutter und bat ihn herein. Sophie stand von dem Klavier auf und erstarrte bei seinem Anblick. Viktor kam zu ihr wie in Trance, fiel auf ein Knie und überreichte ihr ohne ein Wort den Ring und die Blumen. Sie nahm an!
-Ja?- fragte er nur.
-Ja, ja, ja!- rief sie glücklich und erlaubte ihm sich zu erheben. Sie merkte es nicht, wann ihre Mutter diskret das Zimmer verließ. Die beiden fielen sich in die Arme und küssten sich wie verrückt.
Danach bat Viktor offiziell Sophies Eltern um die Hand der Tochter. Sein Antrag wurde angenommen. Sie feierten die Verlobung bei Tee und Streuselkuchen.
Sophie war gerade dabei, das erste Studienjahr an der Musikakademie zu beenden. Die Eltern stellten ihr nur eine Bedingung, sie musste weiter studieren. Die Mutter war Viktor gegenüber etwas skeptisch eingestellt, obwohl sie ihm nichts vorwerfen konnte. Aber diese Abstammung! Der Vater von Sophie mochte seinen zukünftigen Schwiegersohn, der untadelige Manieren hatte, angeborenes Taktgefühl und niemals einen Fauxpas beging. Er erklärte seiner Frau:
-Jetzt sind andere Zeiten, mein Herzchen, Leute von unserem Stand triffst du selten. Der Junge ist klug, benimmt sich wie unsereins, ist
subtil, liebt unsere Sophie sehr und sie ihn. Also lass uns ihn auch lieb haben. -
Sie heirateten im Juni. Am selben Tag gab es die amtliche und die kirchliche Trauung. Viktors Vater kam in die Kirche, aber zur Hochzeitsfeier, die bei Sophies Eltern stattfand, wollte er nicht kommen. -Zu hoch für mich die großherrschaftlichen Türschwellen.- sagte er zum Sohn.
Viktor nahm das dem Vater sehr übel.
Er versuchte ihn noch zum Kommen zu überreden, aber der winkte nur mit der Hand ab, machte auf den Fersen kehrt und ging.
-Söhnchen, mach dir nichts aus ihm, lass dir nicht euer Fest kaputt machen. -
Mutter umarmte ihn und drückte ihn an sich.
-Mama, du bist immer so gut und klug, immer schaffst du es irgendwie mit dem Papa. Warum kann ich das nicht so?- Er küsste sie zärtlich auf die Wange.
-Vater ist stur, und man kann nichts dagegen tun, aber er hat ein gutes Herz. Das ist für euch von ihm.- Sie zog einen Umschlag aus der Tasche.
- Was ist das? Geld? Nein, danke, ich nehme es nicht.-
-Ihr könnt es gut für den Anfang gebrauchen, nimm, ich bitte dich.-
-Nein, Mama, ich kann es nicht annehmen.
-Viktor, du bist genauso stur wie er.- Sie sah, dass sie es nicht schaffen würde ihn zu überzeugen und steckte den Umschlag mit einer beleidigten Mine wieder ein.
-Siehst du, wie Vater sich benommen hat? Ich werde ihm das wahrscheinlich nie vergessen.-
Er nahm die Mutter am Arm und führte sie zu Sophie, die immer noch Blumen und Gratulationen annahm.
Die Hochzeitsfeier war bescheiden, es waren nur die nächsten Freunde da, weil Sophie keine Familie hatte und Viktor nur eine kinderlose Tante, die Schwester seiner Mutter, die ihn wie einen eigenen Sohn liebte. Das junge Paar wohnte jetzt zusammen in Sophies Zimmer. Viktors Mutter bedauerte das sehr, sah wie eng es dort war, und bei ihnen war so viel Platz. Das große Zimmer ihres Sohnes stand jetzt leer und immer, wenn sie dort den Staub wischte, zog sich ihr Herz zusammen, und sie weinte.
-Söhnchen, vielleicht änderst du noch deine Meinung,- sprach sie,
–ich könnte doch für euch kochen, aufräumen und die Kinder betreuen. Ihr denkt doch an Nachwuchs?-
Sie schaute den Sohn mit einem erwartungsvollen Blick an. Er blieb jedoch unbeugsam und wollte sich mit dem Vater nicht vertragen, zu tief war er gekränkt. Nach einem Jahr kam ihr Sohn auf die Welt, sie nannten ihn Alexander, so wie sein Urgroßvater hieß, Graf Gutowsky. Sophie vertrug die Schwangerschaft sehr schlecht, und der Arzt warnte sie vor einem weiteren Kind. Es könnte für sie gefährlich sein. Außerdem gab es nicht mal Platz für eine größere Familie. Lange Jahre ertrugen sie Unbequemlichkeiten. Sie träumten davon, irgendwann das ganze Haus wieder zurückzuerlangen. Sophie begann sich darum zu bemühen, belästigte ununterbrochen die Beamten, brachte ihnen immer wieder aufgesammelte Dokumente und Geschenke.
Ständige Absagen schreckten sie nicht ab, sie klopfte an alle Türen. Nach Jahren erreichte sie endlich ihr Ziel. Das Haus ging in die Hände der rechtmäßigen Besitzer zurück.
Viktor bewunderte seine Frau dafür, was sie vollbrachte. Später hat sie noch eine finanzielle Entschädigung erkämpft für ein großes Grundstück, das man ihnen genommen hatte und darauf eine Straße baute. Es war eine ziemlich erhebliche Summe.