Читать книгу Blutengel: Aaron - Kim Landers - Страница 12
7.
ОглавлениеNach allem, was Rebecca durchgemacht und erfahren hatte, wirkte sie erstaunlich gefasst. Er war froh, dass seine Energie in sie geflossen war, die sie jetzt wachhielt.
Sie war eine starke und mutige Frau. Jemanden mit einem Stuhlbein anzugreifen, verdiente Bewunderung. Er wäre zwar locker mit dem Nephilim fertig geworden, doch ihr Ablenkungsmanöver hatte es ihm erleichtert, ihn zu überwältigen. Jennifer wäre nie so forsch gewesen.
Seine Ex-Freundin hatte oft zugehört, wenn Joel und er sich über einen Kampf unterhielten, und ihr Gesicht missbilligend verzogen. Jennifer hätte sich heulend in einer Ecke verkrochen. Wie würde Rebecca darauf reagieren, dass er Dämonen jagte und ihnen sogar das Herz aus dem Leib schnitt?
Seine schlechten Erfahrungen mit Jennifer und ihren Vorgängerinnen hatten ihn geprägt und vorsichtiger werden lassen. Bevor er sich entschloss, mit einer Frau noch einmal eine feste Beziehung einzugehen, musste er sich sicher sein, dass sie sein Leben akzeptierte. Um herauszufinden, wie Rebecca darüber dachte, blieb ihm leider keine Zeit. Es wäre besser, er würde sich von ihr fernhalten …
Dass sie sich an seinen Körper schmiegte, erleichterte ihm die Entscheidung ganz und gar nicht. Er begehrte sie, und es fiel ihm schwer, ihrer sinnlichen Ausstrahlung zu widerstehen.
Wenig später hielt er in der Nähe des Hauses, in dem sich Rebeccas Wohnung befand. Er schloss kurz die Augen, um die Schwingungen der Umgebung aufzunehmen. Zu seiner Beruhigung befanden sich weder ein Dämon noch ein anderes dunkles Geschöpf in der Nähe.
«Was ist?», fragte sie heiser.
«Alles okay. Ich kann dich hier trotzdem nicht allein lassen …»
«Schon gut, ich bin hart im Nehmen. Ich habe schon mal zwei, drei Nächte durchgearbeitet.»
Dennoch bemerkte er, wie steif sie vom Motorrad stieg. Außerdem humpelte sie. Anscheinend hatte sie seinen fragenden Blick erkannt, denn sie winkte ab.
«Ich habe mich im Keller gestoßen, als ich nach einem Fluchtweg gesucht habe. Es geht schon. Nur ein Bluterguss.»
Fürsorglich stützte er sie mit dem Arm. Sie hinkte zum Fahrstuhl und drückte den Knopf. Im Aufzug lehnte sie sich wie selbstverständlich an ihn.
Die obersten Knöpfe ihrer Bluse waren geöffnet. Ihm wurde ganz heiß, als er sah, dass sie keinen BH darunter trug. Plötzlich wurde ihm der Aufzug zu eng, der Anblick war zu verführerisch und verlockte ihn zu einer Berührung. Reiß dich zusammen!, ermahnte er sich in Gedanken. Himmel, diese Frau stellte eine einzige Versuchung dar.
Als sich die Türen des Fahrstuhls öffneten, humpelte Rebecca voran. In der Wohnung hing überall ihr Duft. «Warte hier, ich bin gleich zurück», sagte sie und kehrte nur einen Lidschlag später mit einer Reisetasche in der Hand zurück.
Seine Brauen schossen nach oben. Sie lächelte ihn schwach an und winkte ab. «Das erkläre ich dir später. Bitte, bring mich jetzt weg.»
Er nahm ihr die Tasche ab und schulterte sie.
«Wohin jetzt?», fragte sie, als sie hinter ihm auf dem Sitz Platz nahm.
«Zu einer kleinen Pension, in der du sicher bist. Die Besitzerin ist sehr umgänglich und hilfsbereit. Du wirst sie mögen.»
Während der Fahrt grübelte er darüber nach, Rebecca ins Engelsghetto mitzunehmen, aber dann hätte sie erfahren, was er war. Und er wollte sie unbedingt auf Distanz halten. Außerdem lag die Pension seiner Stiefschwester nur einen Katzensprung vom Ghetto entfernt, und er könnte die ganze Nacht über Rebecca wachen.
Auch durch die Adern seiner Stiefschwester floss Engelsblut, vererbt durch ihre Urgroßmutter, die ebenfalls ein Nephilim gewesen war. Rosie wirkte mit ihren einundzwanzig gereifter als andere ihren Alters. Trotz ihrer harten Kindheit, nach dem grausamen Tod ihrer Mutter, war aus ihr eine aufgeschlossene und lebensbejahende Frau geworden. Er war davon überzeugt, dass sich die beiden Frauen auf Anhieb verstehen würden.
Rebecca hakte sich bei ihm ein und hinkte zur Tür. Er konnte ihre Erschöpfung körperlich spüren. Es dauerte nicht lange, bis seine Schwester öffnete. Aaron hatte sich an den Anblick gewöhnt, aber im grellen Licht der Flurlampe fielen ihre Brandnarben am Hals, die sie gewöhnlich mit einem Kragen oder Tuch verdeckte, sofort auf. Er bemerkte an Rebeccas Blick, dass sie auch ihr nicht entgangen waren. Aber sie schwieg. Nach einer herzlichen Begrüßung bat er Rosie um ein Zimmer für Rebecca.
«Si, bitte kommt rein», sagte sie mit einem Lächeln und trat zur Seite. Der Blick aus Rosies schwarzen Augen glitt prüfend über Rebecca. Sicher hielt seine Schwester sie für seine Geliebte. Hoffentlich verkniff sich Rosie eine Anspielung.
Sie schritt voran und ihr dick geflochtener Zopf schwang auf ihrem Rücken hin und her. Am Empfangstresen schnappte sich Rosie im Vorbeigehen einen Schlüssel vom Brett, bevor es eine Treppe hinauf ging.
Als Rebecca bei der ersten Stufe aufstöhnte, trug Aaron sie hoch. Ihr Kopf sank gegen seine Schulter und sie legte einen Arm um seinen Nacken. Bei jedem ihrer Atemzüge, die seine Haut streiften, erschauerte er. Wäre sie nicht zu müde gewesen, hätte er sie jetzt leidenschaftlich geküsst.
«Bitte.» Rosie schaltete das Licht ein. «Im Bad liegen frische Handtücher bereit.»
Aaron setzte Rebecca vorsichtig ab. Ihre Augen leuchteten, als Rosie das Bad erwähnte. «Ich würde jetzt gerne noch duschen, wenn es niemanden stört …», sagte Rebecca und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die geöffnete Badezimmertür.
«Natürlich. Meine Pension ist zurzeit nicht ausgebucht. Aaron, kommst du bitte mal?» Rosie bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, ihr zu folgen.
«Was ist mit ihr, Aaron?», fragte seine Schwester und schürzte die vollen Lippen, als sie sich in der Küche gegenüberstanden.
«Sie wird von den Apokalyptikern verfolgt», antwortete er knapp.
«Und du hast sie vermutlich vor denen gerettet. Weiß sie über dich Bescheid?»
Aaron schüttelte den Kopf. «Nein, und ich wäre dir dankbar, wenn du das für dich behalten könntest.»
Rosie kniff die Lippen zusammen. «Aber den anderen hast du es doch auch gesagt», spielte sie auf seine Ex-Freundinnen an.
«Ja, aber sie ist nicht meine Freundin.»
Sie sog geräuschvoll die Luft ein, bevor sie lächelte. «Nicht deine Freundin? Soso. Ich habe genau bemerkt, wie du sie angesehen hast. Aber du wirst schon wissen …»
«Nein, sie ist wirklich nicht meine Freundin. Alles klar?»
«Was nicht ist, kann ja noch werden …» Rosie zwinkerte.
Aaron überhörte die Anspielung und schwieg.
«Meinst du, die Sekte versucht es wieder bei ihr?»
«Ich denke nicht. Ich habe einen Dämon und einen Nephilim umgebracht. Das wird sie vorsichtig machen. Aber Rebecca sollte besser für ein paar Tage hier bleiben.»
Rosies Augenbrauen schossen in die Höhe. Aaron spürte, dass ihr die Frage nach dem Warum auf der Zunge brannte. Doch sie schwieg. Der Ausdruck in ihrer Miene erinnerte ihn schmerzhaft an ihre Mutter, und plötzlich sah er wieder deutlich vor sich, wie er Rosie aus den Flammen gerettet hatte. Halb tot. In den folgenden Jahren waren Rosie und er zusammengewachsen. Sie fragte ihn nie nach seinen Gründen, wenn er sie um einen Gefallen bat, und er war ihr dankbar dafür.
«Keine Angst, ich werde ihr nicht sagen, wer du bist, wenn du das nicht möchtest. Aber sie macht einen intelligenten Eindruck, und sie wird mir sicherlich Fragen stellen.»
«Sie weiß von den Nephilim, von Gefallenen, aber ich wollte sie nicht noch mehr verwirren und belasten, indem ich ihr von mir erzähle. Ich möchte, dass sie mir vertraut.»
«Sag ihr bald, was du bist. Ich denke, sie verkraftet mehr, als du denkst.»
«Kannst du eine Weile auf sie aufpassen? Ich will ins Ghetto zurück. Und morgen möchte ich mich auf die Suche nach der Sekte machen.»
Rosie verdrehte die Augen. «Ich wusste, dass doch immer etwas bei dir nachkommt. Wie stellst du dir das vor? Was ist, wenn sie gehen will? Soll ich sie dann einsperren?»
Er sah zu dem Engelsschwert hinüber, das als Dekoration über der Kommode im Flur hing, obwohl es für einen anderen Zweck bestimmt war. «Nein, natürlich nicht … Ich weiß, ich verlange viel von dir … Bitte, hab ein Auge auf sie. Das ist mir wichtig.»
«Okay, werde ich. Versprochen.» Sie tätschelte aufmunternd seine Wange.
«Danke, ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann», sagte er und drückte sie.
Als Aaron Rebeccas Zimmer betrat, hörte er Wasser rauschen. Die Tür zum Badezimmer stand offen. Deutlich zeichnete sich der Schatten ihres schlanken Körpers hinter dem weißen Duschvorhang ab. Er konnte nicht anders, als stehen zu bleiben und sie zu beobachten.
Ihr nasses Haar hing schwer auf ihre Schultern herab. Sie nahm die Seife und ihre Hände glitten in sanften Kreisen über ihre Brüste, hinab zum Bauch und tiefer bis zu ihrem Venushügel. Ihre Bewegungen waren aufreizend und freizügig, weil sie sich unbeobachtet wähnte.
Aaron verspürte ein schlechtes Gewissen dabei, sie heimlich zu beobachten, aber er konnte sich nicht abwenden. Jede Rundung erschien ihm perfekt, jede Bewegung sinnlich. Sie legte den Kopf in den Nacken und stellte sich unter den Strahl, um das Wasser aus dem Haar zu spülen. Aarons Mund wurde trocken, mühsam unterdrückte er einen Hustenreiz, der seine Anwesenheit verraten hätte.
Wie mochte es sich anfühlen, ihren nassen, seifigen Körper anzufassen, langsam jeden Zentimeter der weichen Haut zu ertasten? Noch nie hatte er das Duschen einer Frau so reizvoll gefunden wie jetzt.
Rebecca beugte sich vor, um das Shampoo vom Hinterkopf abzuspülen. Eine Pobacke drückte sich in den Vorhang. Aaron hielt die Luft an und spürte, wie sein Glied augenblicklich anschwoll. Bevor er die Beherrschung über seinen Körper verlor, musste er gehen. Sofort! Vielleicht sollte er in eines der anderen Zimmer flüchten und sich selbst unter den eiskalten Duschstrahl stellen, der sein erhitztes Gemüt abkühlte. Verdammt! Die Chemie seines verfluchten Körpers schrie nach einer Verbindung.
Auf leisen Sohlen floh er aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Im Flur lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand, während das Blut in seinen Ohren rauschte. Jeder Muskel schmerzte vor ungestilltem Verlangen. Sein Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Rhythmus. Er ballte die Hände und biss die Zähne zusammen im Kampf gegen das Eigenleben seines Körpers.
Eine Weile verharrte er so, bis Atmung und Puls auf ein normales Level zurückgekehrt waren. In der Zwischenzeit lief das Wasser nicht mehr, und er hörte ihre gedämpften Schritte auf dem Teppich. Er musste dringend mit ihr reden.
Warum gibst du nicht zu, dass du mehr als das willst?
Er atmete tief und langsam durch, bevor er an die Tür klopfte.
Auf ihr «Herein!» betrat er das Zimmer. Rebecca stand vor ihm in einem schwarzen Anzug aus weichem Nicki. Ihr feuchtes Haar hatte sie zusammengebunden, und ihr vom Duschen gerötetes Gesicht glänzte. Ob sie ahnte, welche Versuchung sie für ihn darstellte? Die dunklen Schatten unter ihren Augen sprachen von Erschöpfung.
«Hast du alles, was du brauchst? Was ist mit deinem Fuß und Ellenbogen? Soll ich mal nachsehen?», fragte er mit heiserer Stimme.
«Ja, ich habe alles. Das sind nur Blutergüsse, nix Wildes. Ein wenig Eis aus der Maschine und die Schwellungen gehen zurück», sagte sie und sank seufzend auf das Sofa.
Er setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. Eigentlich hatte er mit einer abwehrenden Geste gerechnet, doch sie lehnte die Stirn an sein Kinn. Warm streifte ihr Atem seinen Hals und brachte sein Blut erneut in Wallung. Jede Faser seines Körpers verlangte nach ihr.
Es quälte ihn, die Nacht nicht mit ihr verbringen zu können. Das machte es ihm nicht gerade leicht, ihr von seiner bevorstehenden Reise nach Rom zu erzählen. Sie hob den Kopf und spitzte die Lippen. Kurz streifte ihr Mund über seinen.
Als er ihren Kuss nicht erwiderte, rückte sie von ihm ab und räusperte sich. «Woher wusstest du eigentlich, dass die Kerle mich in dieses Haus entführt haben?»
Ihre Stimme klang leicht, doch ihren Augen fehlte der Glanz. Sie wirkte plötzlich zerbrechlich und verletzlich.
«Ich bin früher zum Krankenhaus gekommen und habe gerade gesehen, wie sie dich in den Wagen gezerrt haben.» Das stimmte, wenn nur bedingt. Wie hätte sie reagiert, wenn er ihr erzählte, dass er Informationen aus Dämonenstaub las?
«Da habe ich wirklich Glück gehabt.»
Sie gähnte immer öfter. Aaron sah auf die Uhr. Es war bereits nach Mitternacht.
«Wie heißt die Sekte noch?», fragte sie leise.
«Apokalyptiker.»
«Hm, hm.» Ihr Kopf sank wieder an seine Schulter. «Erzähl mir mehr von … ihnen. Ich … muss alles …über sie wissen.»
Während er erzählte, wurde Rebecca immer stiller. «Rebecca?» Sie schwieg. «Rebecca?» Noch immer keine Antwort.
Aaron hob sanft mit dem Finger ihr Kinn an. Sie war eingeschlafen. Behutsam trug er sie zum Bett hinüber. Sie war leicht wie ein Kind, viel zu schmal und doch steckte in ihr eine bewundernswerte Energie. Die oberen Knöpfe ihres Pyjamas hatten sich geöffnet und gaben den Blick auf ihre Brüste frei.
Nur mühsam widerstand er der Versuchung sie dort zu berühren und sog scharf die Luft ein, bevor er das Oberteil hastig zuknöpfte. Er zog die Decke über ihren Körper, und sie rollte sich leise seufzend auf die Seite. Das Haar fiel ihr ins Gesicht. Er strich es zurück, beugte sich hinab und küsste sie sanft auf die Wange. Wenn sie nur ahnte, wie viel Überwindung es ihn kostete, sich nicht neben sie zu legen.
«Schlaf gut, Rebecca.»
Gewaltsam musste er sich von ihrem Anblick losreißen, dann stürmte er aus dem Zimmer. Als er die Pension verließ, zog es noch immer in seinen Lenden vor ungestilltem Verlangen. Seine aufgewühlten Sinne beruhigten sich erst in der kühlen Nachtluft auf dem Weg zur Hell’s Bar.