Читать книгу Blutengel: Aaron - Kim Landers - Страница 8

3.

Оглавление

Aaron hatte Jacob in dem Kombi vorhin genau erkannt. Wenn er nicht eingeschritten wäre, hätte der verschlagene Kerl Rebecca etwas angetan. Jacob war ein Nephilim, der ab und zu im Engelsghetto in der Hell’s Bar ausgeholfen hatte. Vom ersten Moment an hatte Aaron ihm misstraut. Es lag etwas Geringschätziges in seinem Blick, wenn er mit anderen sprach, auch wenn seine Worte freundlich klangen.

Als Jacob Cynthia in einem Streit geschlagen hatte, war er eingeschritten und hatte ihn kurzerhand aus dem Engelsghetto geworfen. Auch heute hatte er Jacobs Gewaltbereitschaft gespürt. Zum Glück war Rebecca nichts geschehen, und sie hatte sich wacker geschlagen.

Er sah ihr erhitztes Gesicht mit den roten Wangen vor sich. Er leckte sich über die Lippen, die noch immer nach ihr schmeckten. Ihr Kuss war süß und verheißungsvoll gewesen. Doch bald war er wieder in Rom..

Für einen Moment sah er ihre blauen Augen vor sich. Leidenschaft, Feuer und Temperament hatten darin aufgeblitzt. Sie gehörte zu der Sorte Frau, die man nicht so schnell vergaß. War Jacob vielleicht auf sie scharf und von ihr abgewiesen worden?

Die Antworten darauf konnte ihm nur Jacob selbst geben. In letzter Zeit wurden von einigen Informanten der Engel geheime Treffen krimineller Nephilim beobachtet, unter denen sich auch Jacob befand. Bei diesen Treffen wurde vor allem mit Rauschgift gehandelt. Doch Aarons Bauchgefühl sagte ihm, dass noch mehr dahintersteckte, vielleicht sogar ein Pakt mit Luzifer selbst. Seit Jahren war bekannt, dass Jacob mit Rauschgift dealte, aber er war noch nie auf frischer Tat ertappt worden.

Aaron kannte eine Handvoll Orte, an denen er sich verkroch, zwielichtige Bars und Diskotheken, um Kokain zu verkaufen. Eine war die Red Dragon Bar in China Town, in der vor Wochen angeblich sogar ein Gefallener gesichtet worden war.

Aaron steuerte die Honda auf die Parkavenue. Während der Fahrt dachte er wieder an Rebecca, wie sie sich an ihn geschmiegt und die Arme um seinen Körper geschlungen hatte. Es hatte sich gut angefühlt, viel zu gut. Sein Körper hatte unter Strom gestanden. Als ihre Hände an seiner Brust hinauf gewandert waren, hatte er schon befürchtet, sie könnte das Messer und den Shuriken in der Jackeninnentasche ertasten. Zu seiner Erleichterung hatte sie vorher gestoppt. Er wäre in Erklärungsnot geraten. Die meisten Menschen ahnten weder etwas von der Existenz der Engel noch vom Kampf zwischen Himmel und Hölle. Er mochte sich die Panik gar nicht vorstellen, die ausbrechen würde, wenn sie erfuhren, dass um jede ihrer Seelen gerungen wurde.

Vor dem Eingang der Red Dragon Bar parkte Jacobs blauer Kombi. Aaron stellte seine Fireblade am Straßenrand etwas weiter entfernt ab. Über dem Eingang baumelten zwei chinesische Papierlampen, die mit Drachenmotiven und Schriftzeichen verziert waren. Er öffnete die Tür und trat ein. Der süßliche Duft von Räucherkerzen und Pflaumenwein hing im Raum. Eine Frau sang ein Klagelied, begleitet von Zither und Sheng. Die Wände zierten Seidentapeten mit Feuer speienden Drachen. An der Theke standen Asiatinnen in Jeans und tief dekolletierten Seidentops. Sie flirteten mit den Gästen.

Aarons Blick suchte nach Jacob. Als die Hintertür klappte, drängte Aaron sich durch die Gäste zum Ausgang. Kein Geräusch verriet hinter der Tür Jacobs Gegenwart. Aaron streckte den Kopf durch den Spalt und spähte hinaus in den spärlich erleuchteten Hinterhof. Der Geruch von ranzigem Fett und verfaulten Küchenabfällen wehte zu ihm herüber und drehte ihm den Magen um. Gefüllte Mülltüten, zwischen denen sich Ratten tummelten, waren zu seiner Linken sorgfältig aufeinander gestapelt.

Angewidert verzog Aaron das Gesicht. Jacob war nicht zu sehen, obwohl er dessen Gegenwart spürte. Er täuschte vor, in die Bar zurückzukehren, und ließ die Tür zuknallen. Dann drückte er sich in den Schatten der Mauer und verharrte reglos. Wenn Jacob sich sicher fühlte, würde er sich verraten.

Seine Rechnung ging auf, denn es dauerte nicht lange, bis Aaron auf der anderen Seite des Innenhofes eine Bewegung wahrnahm. Jacob huschte an der Mauer entlang. Na, also. Sein Warten hatte sich gelohnt. Da der Nephilim kein überragender Sprinter war, wäre es ein Kinderspiel ihn einzuholen.

Jacob wollte gerade in einem der Hauseingänge verschwinden, als Aaron ihn an der Schulter zurückriss. «Aber, aber, Jacob, du fliehst doch nicht etwa vor mir?»

Aaron drängte den Hageren zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Hauswand stieß. Deutlich roch er den Angstschweiß des Nephilims.

«Was willst du von mir, Blutengel?», stieß Jacob keuchend hervor und versuchte, seitlich auszubrechen.

Aaron war schneller, packte ihn an der Schulter und drückte ihn in die Mauer. «Dir eine Frage stellen.»

Die Züge des Nephilims entspannten sich. «Ja, ja, keine Sache. Aber lass mich los.»

«Erst, wenn du mir die gewünschte Antwort gegeben hast, sonst versuchst du wieder abzuhauen.»

«Meinetwegen.» Jacobs Blick war wachsam.

«Was sollte die Aktion vorhin? Rede!»

Jacob hob abwehrend die Hände und lächelte. «Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Ich bin den ganzen Abend über hier gewesen. Frag die da drinnen.» Er zeigte mit dem Arm auf den Hintereingang des Red Dragon.

«Elender Lügner.» Aaron schnaubte wütend. Der Nephilim besaß tatsächlich die Frechheit, ihm ins Gesicht zu lügen.

Hinter der krausen Stirn seines Gegenübers schien es fieberhaft zu arbeiten, dann lächelte Jacob. «Ey, Mann, okay, ich geb’s ja zu. Ich war da. Ich wollte nur ein wenig Spaß haben und ihr Angst einjagen. Mehr nicht. Und dann ist sie hysterisch geworden.»

Aaron hätte ihm am liebsten die Faust ins Gesicht geschlagen, aber Jacob war es nicht wert. Dennoch glaubte Aaron, dass mehr hinter der Aktion steckte, als der Nephilim zugab. «Spaß? Sie hätte draufgehen können, wenn ich nicht da gewesen wäre!», fuhr er ihn an.

Die Züge des Nephilims verzerrten sich zu einer hämischen Fratze. In seinen Augen glitzerte es mordlüstern. «Ist doch nur ein Mensch. Was kümmert sie dich oder ist sie dein Flittchen?»

Jacob kicherte. Aaron packte ihn am Revers. Unsicherheit flackerte für den Bruchteil eines Moments in den Augen des Nephilims auf, was Aaron bestätigte, dass mehr hinter der Attacke steckte, als Jacob zuzugeben bereit war. Dennoch blieb er ruhig, auch wenn die Wut sich wie Magma in seinem Inneren sammelte und kurz vor der Eruption stand.

«Du verrätst mir jetzt, was wirklich hinter deiner Aktion steckt oder ich …»

Das metallische Klicken ließ Aarons Muskeln anspannen. Gerade noch rechtzeitig konnte er dem gezückten Taschenmesser Jacobs ausweichen.

«Ich sagte doch schon, dass ich nur Spaß haben wollte.» Der Nephilim hielt noch immer das Messer vor sich.

«Lass das Messer fallen, Jacob», forderte Aaron und bemerkte den Schweiß auf der Stirn seines Gegenübers. Als dieser seiner Aufforderung nicht nachkam, zog Aaron seine Waffe. Der Nephilim starrte mit geweiteten Augen auf das Schwert.

«Ich … ich … kann es dir nicht sagen», stammelte er. Seine Augen besaßen plötzlich einen fiebrigen Glanz.

«Ach, ja? Warum denn nicht?»

Jacob zitterte, dann öffneten sich seine Finger und das Messer fiel klirrend auf den Asphalt.

«Also, was ist?»

«Apoka… lyp…tika …», stammelte Jacob, bevor seine Stimme versagte. Seine Augen blickten starr geradeaus, jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Aaron konnte seine plötzliche Todesangst körperlich spüren, die wie eine Welle zu ihm brandete.

«Nein, nein … nein.»

Er hob abwehrend die Hände, in seinen Augen spiegelte sich Entsetzen, als blicke er in den Höllenschlund. Aaron sah sich um, doch niemand war weit und breit zu sehen. Jacobs Lippen bewegten sich und seine Arme zuckten unkontrolliert. Plötzlich schlugen Flammen aus seiner Leibesmitte. Seine Knie knickten ein, er begann vor Schmerz zu wimmern.

Aaron zog rasch seine Jacke aus, um die Flammen damit zu ersticken, aber sie fraßen sich in rasantem Tempo durch den Körper des Nephilim. Jacobs Schreie erstarben, bevor sie seine Kehle verlassen konnten. Er schlug verzweifelt um sich. «Hilf mir!», flehten seine Augen.

Machtlos musste Aaron mit ansehen, wie der Nephilim vor seinen Füßen bei lebendigem Leibe verbrannte. Er hatte zwar von spontanen Selbstentzündungen gehört, war aber nie Zeuge geworden. Der Nephilim musste einen Pakt mit Luzifer eingegangen sein.

Binnen weniger Sekunden war Jacobs Körper zu Asche verbrannt, die von einem Luftzug emporgewirbelt und davongetragen wurde. Nachdenklich sah Aaron ihr nach, bevor er den Hinterhof verließ. Unzählige Fragen marterten sein Hirn. Er war davon überzeugt, dass der Nephilim ihm die gewünschten Antworten gegeben hätte, wäre ihm mehr Zeit geblieben. Er seufzte. Nicht einmal für ein paar Tage war es ihm möglich, sich von der dunklen Welt zu lösen.

Blutengel: Aaron

Подняться наверх