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Wirkliche Einheit?

Vorhin las ich in Vorbereitung auf ein Dokusan das Koan von den 16 Bodhisattvas im Bad59. 16 Mönche sollen vor langer Zeit, – es soll zur Lebenszeit von Shakyamuni Buddha gewesen sein, so berichtet das Shûrangama Sutra –, entsprechend den allgemeinen Mönchsregeln zum Baden gegangen und dabei gemeinsam zu gleicher Zeit zu großer Erleuchtung gelangt sein.

Als ich das Koan studierte, dachte ich daran, dass ich in der vergangenen Woche das Vergnügen hatte, in der Schlei und in der offenen Ostsee baden zu können. Wunderbar, diese Berührung mit solchem Wasser! Da ist alles an und in uns angesprochen und wird angeregt, nur dies unmittelbar zu spüren. Du schwimmst und – bist. Punkt!

Solche Momente wie das Schwimmen im Meer, in einem Fjord, in einem Fluss oder in einem See sind für uns Stadtmenschen etwas Seltenes, etwas, das uns aus unseren alltäglichen Gewohnheiten herausholt, etwas, das unser menschliches Ganz-Sein – im wahrsten Sinne des Wortes – spürbar machen kann. Genauso wie der Anblick und das Hören der Meereswellen, der Geruch des Wassers und das Spüren des Windes auf unserer Haut …

Die Botschaft dieser besonderen Gelegenheiten kann sein, auch in unserem alltäglichen Leben spürsamer zu sein, – mit dem und in dem, was und wie wir sehen, hören und auf sonstige Weise wahrnehmen. In einem „Einfach so“. Nichts mehr, nichts weniger! Nichts davon wegnehmen, nichts hinzufügen. Beides verfälscht.

Auch wenn wir, – wie in einem anderen Koan60 berichtet wird –, glauben sagen zu können: „Das ganze Universum und ich selbst, wir haben die gleiche Wurzel. Alle Dinge und ich selbst sind eins. Das ist doch wunderbar.“, befinden wir uns bereits (oder noch) in einem Trennungszustand, denken wir konzeptionell. „Wenn wir wirklich existentiell und erfahrungsmäßig eins sind, gibt es dieses „eins“ gar nicht mehr. … Das Wort ‚eins‘ ist ein Konzept, denn es setzt voraus, dass es auch zwei gibt. Eine wirkliche Einheit ist nicht mehr ‚eins‘.“61

Es geht also darum, diese Aussage: „Alle Dinge und ich selbst sind eins“ als lebendiges Faktum zu begreifen und nicht „wie im Traum“62 daherzureden.

Wenn ich etwas als „eins“ bezeichne oder als „wunderbar“ beschreibe, wird es dadurch nicht zu „eins“ oder zu einem „Wunder“! Das Wundervolle, das Eins-Sein, was ich damit zu beschreiben versuche, findet sich in dem Moment, in diesem Moment, wo ich das Schwimmen in der Schlei und in der Ostsee und meine Empfindung erinnere, wo? Ahnt ihr es? Spürt ihr es? Hört ihr es?

Also machen wir nicht so viel Gewese um dies alles. Hauen wir nicht so auf die Pauke. Seien wir ganz gewöhnlich und ursprünglich:

Ich war letzte Woche schwimmen. Es war richtig schön. Ich denke voll Freude und Dankbarkeit daran zurück. Jetzt sitze ich hier mit euch, nach 1 ½ Stunden Zazen. Das ist richtig gut. Wir stehen gleich auf und vollziehen die drei Verneigungen. Dann gehen wir auseinander und lassen uns vom Leben in all seinen Facetten berühren.

Wir geben uns – so gut wir können und so weit wir können – da hinein, wie wenn wir ins Meer hineinstapfen und anfangen zu schwimmen.

Wenn wir uns bewegen und uns bewegen lassen, trägt das Leben.

Danke!

59 Hekiganroku Nr. 78.

60 Hekiganroku Nr. 40.

61 Yamada Kôun, Hekiganroku, Band I, S. 434.

62 So die Reaktion von Zen-Meister Nansen in dem Koan Hekiganroku Nr. 40 auf das ihm präsentierte obige Zitat.

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