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1.2El-Husseinis Werdegang bis zu seiner Wahl zum Mufti
ОглавлениеDie Angaben über das Geburtsjahr el-Husseinis sind recht unterschiedlich. Die meisten Autoren geben 1893, 1895 oder 1897 an. In einem Schreiben an Khadduri7 bestätigte el-Husseini jedoch, daß er 1897 geboren sei. Ob seine Familie, die ihm jede Bildungschance hätte bieten können, jemals damit rechnete, daß er eines Tages Mufti von Jerusalem werden könnte, ist zweifelhaft. Denn trotz der Tatsache, daß bereits vor ihm sein Großvater, Vater und Bruder dieses Amt ausübten, ließ seine Ausbildung in religiösen Angelegenheiten viel zu wünschen übrig.8 Es ist lediglich bekannt, daß er 1912 zu den Schülern des Scheichs Muhammed Rashid Rida in Kairo gehörte, der als großer arabischer Reformer in religiös-politischen Kreisen galt. Vermutlich wurde hier der Grundstein für sein späteres politisches Verhalten gelegt.
1913 pilgerte el-Husseini nach Mekka und erwarb somit das Recht, seinem Namen den Titel Haj (Pilger) voranzustellen. Später ging er auf die mülkiye (Verwaltungshochschule) in Istanbul und besuchte die Militärakademie. Während des Ersten Weltkrieges diente er als Offizier in der türkischen Armee9 in Smyrna, wo er angeblich eine „palästinensische Streitmacht aufgebaut“ haben soll, „die, wie er behauptete, 2000 Mann zählte“.10 Während dieser Zeit will er außerdem Mitglied einer Geheimorganisation gewesen sein, die gegen fremde Vorherrschaft agierte.11
Im Jahr 1918 „half er den britischen Behörden“ unter Captain C. D. Brunton, Rekrutierungen unter den Palästinensern „für die Sherif-Armee vorzunehmen“.12 Aber es ist offensichtlich, daß seine Bereitschaft, mit der anscheinend pro-arabisch eingestellten britischen Verwaltung zu kooperieren, zusehends geringer wurde, je mehr sich das Wissen über die Balfour-Deklaration unter der Bevölkerung verbreitete.13 Er setzte sich nunmehr mit stets wachsender Begeisterung für die arabische Sache ein. Bis April 1920 leitete el-Husseini den radikalen al-Nadi al-’Arabi (Arabischen Club) in Jerusalem, der zur Verteidigung der arabisch-palästinensischen Interessen gegründet wurde14 und dessen Zielsetzung die Vereinigung mit Feisals Haschemitenregime in Damaskus war.
Wie Khadduri berichtet,15 soll el-Husseini an den Demonstrationen anläßlich des Besuchs der vom amerikanischen Präsidenten Wilson vorgeschlagenen inter-alliierten Kommission (King-Crane-Commission) in Palästina teilgenommen haben und als einer der Anstifter festgenommen worden sein. Die im März 1920 von einem Kongreß syrischer Notabeln ausgerufene Proklamierung Emir Feisals, Sohn des Sherifen Hussein von Mekka, zum König von Syrien und Palästina löste eine Serie pro-syrischer Demonstrationen aus, die mit den Jerusalemer Unruhen im April 1920 ihren Höhepunkt erreichten.16 El-Husseini, der unmittelbar an diesen Ausschreitungen beteiligt war, wurde aufgrund seiner aufwieglerischen Rede von einem britischen Militärgericht in absentia zu zehn Jahren Haft verurteilt.17 Zunächst hielt er sich bis zur französischen Besetzung Syriens und der Vertreibung Emir Feisals in Damaskus auf. Anschließend engagierte er sich laut Khadduri18 für die Sache der Palästinenser von Transjordanien aus, von wo er die britische Politik in Palästina genau verfolgen konnte.
Von der Umwandlung der Militärverwaltung in eine zivile unter Sir Herbert Samuel als Hochkommissar im Jahr 1920 erhofften sich die Briten einen Abbau der Spannungen im Lande, die auch darauf basierte, daß sich die Araber der Bedeutung der Balfour-Deklaration bewußt wurden. Als erstes wurde eine Amnestie der wegen der Unruhen von 1920 verurteilten Araber und Juden erlassen und obwohl diese zunächst nicht für die Rädelsführer galt, konnte el-Husseini recht bald nach Jerusalem zurückkehren. Allerdings wurde er weiterhin in den Polizeiakten als ein zu beobachtender „Agitator“19 geführt. Inzwischen bahnte sich in Palästina eine völlig neue politische Situation an, die die Streitigkeiten und den damit verbundenen Intrigen zwischen den rivalisierenden Familien – und vor allem zwischen den Mitgliedern der Husseini- und Nashashibi-Fraktionen – von neuem mit aller Heftigkeit aufflackern ließ. Kamil el-Husseini20, der durch seine Ernennung zum Großmufti und die Aufwertung Jerusalems zur Hauptstadt quasi zum Mufti von Palästina avanciert war, wurde ernsthaft krank. Jetzt war das Augenmerk auf die mögliche Wahl seines Nachfolgers gerichtet. Amin el-Husseini bereitete sich auf diese neue Rolle vor. Am 21. März 1921 starb Kamil el-Husseini, Mufti von Jerusalem und Präsident des Sharia-Berufungsgerichts.