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3.2Der Mufti unterstützt die Pro-Achsenpolitik im Irak
ОглавлениеDie Ankunft des Mufti von Jerusalem in Bagdad am 16. Oktober 1939 gab der nationalen Bewegung neue Impulse und lenkte die politische Aufmerksamkeit wieder auf die Palästinafrage. Da der Premier des Irak, Nuri Pascha as-Said, als pro-britisch galt, begrüßten die Briten zunächst die Ankunft el-Husseinis in Bagdad. Sie glaubten immer noch an die Möglichkeit einer Verständigung mit dem Mufti und meinten, daß er jetzt leichter erreichbar wäre als im Libanon. Für as-Said, der wegen seiner pro-britischen Haltung mit beträchtlicher Opposition im Kabinett konfrontiert wurde, war die Anwesenheit des Mufti sicherlich nicht so erfreulich, aber es gab keine Möglichkeit, ihn abzuweisen. Der Mufti mußte lediglich versprechen, sich nicht an politischen Aktivitäten zu beteiligen.
Als Zeichen ihres Wohlwollens veranstalteten irakische Politiker von Anfang an Empfänge für den Mufti, um ihre Sympathie für die arabischnationalistische Bewegung unter Beweis zu stellen. Bei diesen Anlässen wurde anti-britische Propaganda verbreitet, und der Mufti machte keinen Hehl daraus, daß er den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland mißbilligte, was durchaus verständlich ist, da die deutsche Botschaft in Bagdad unter Grobba schon lange eine Politik des Judenhasses im nationalsozialistischen Sinne unter den Augen der Briten praktiziert und Verbindungen zu Rechtsgruppierungen unterhalten hatte. Es ist in der Tat verwunderlich, daß die Briten nicht viel früher gegen die Aktivitäten der Botschaft eingriffen, denn die Möglichkeit dazu hatten sie ja in einem Staat, der formal unabhängig war, aber in der Praxis an Großbritannien gebunden blieb.14
Bald wurde el-Husseini in die Kreise der irakischen Pro-Achsen-Anhänger aufgenommen, die in allen Institutionen des Landes – besonders im Militär – präsent waren. Seine Beziehungen zu den vier Obersten, die später als das „Golden Square“ bekannt wurden, galten als besonders eng.15 Die Politik, die er jetzt betrieb, war nicht nur anti-britisch, sondern auch antijüdisch und befürwortete eine „Lösung der Judenfrage“, wie sie in Deutschland praktiziert wurde. Die jüdische Bevölkerung, die in der Periode der britischen Besatzung bis zur Entlassung Iraks in die Unabhängigkeit 1932 eine Blütezeit erlebt hatte, wurde immer mehr Repressionen unter dem Vorwand des Zionismus ausgesetzt, obwohl dieser unter den irakischen Juden kaum eine Rolle spielte.
Die Aktivitäten des Mufti wurden zum größten Teil von der irakischen Regierung finanziert, aber auch die Deutschen und Italiener trugen großzügig zu seinem Unterhalt bei; allerdings mußte das Geld aus Deutschland aufgrund des Abbruchs der Beziehungen über das italienische Konsulat abgewickelt werden.16 Jetzt konnte el-Husseini ganz offen seine pro-deutsche Haltung zeigen, und er tat alles, um – wie er meinte – tatkräftig die Interessen der Deutschen zu vertreten. Seine diesbezüglichen Bemühungen fielen auf fruchtbaren Boden, denn die Meldungen über deutsche Siege häuften sich, und die Araber rechneten fest mit einer Niederlage der Briten. Sogar Nuri as-Said, der 1940 durch den deutschfreundlichen Rashid Ali al-Gailani als Premier abgelöst wurde, suchte Kontakt zur Achse.17
Gestärkt durch die Unterstützung der Pro-Achsenkräfte im Lande verfügte el-Husseini bald über eine beträchtliche politische Macht. Unter seinem Personal befanden sich viele seiner früheren Anhänger, und er konnte erreichen, daß palästinensische und syrische Flüchtlinge für wichtige Ämter nominiert wurden. Es wurde ein Arabisches Komitee gegründet, in dessen Namen der Mufti später Geheimverhandlungen mit den Achsenmächten führte.18 Im Juni 1940 gab die Gailani-Regierung offiziell bekannt, daß sie eine Delegation in die Türkei entsenden werde, um dringende politische Probleme zu besprechen. Offensichtlich wollte der Irak den Rat der Türken einholen, wie er sich gegenüber Großbritannien und Deutschland im Krieg zu verhalten habe. Es ging auch darum, ob eine Revolution gegen die Franzosen in Syrien vorbereitet werden sollte. Diese Gespräche nutzte der Mufti aus, um Kontakte zu den Deutschen aufzunehmen.