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Papsttum und Frankenreich bis zum Vertrag von Verdun Die Ordnung der italischen Verhältnisse (Hludowicianum und Constitutio Romana)

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Dass die Nachfolger Leos III. bis zum Jahr 844 gegenüber den Karolingern wieder stärker eigene Vorstellungen entwickeln und teilweise durchsetzen konnten, lag auch daran, dass sie nicht mehr Karl den Großen, sondern Ludwig den Frommen (814–840) oder dessen Sohn Lothar I. (817/840–855) zum Partner oder als Gegenüber hatten. Nach dem Tod Leos III. 816 wurde Lothar als Nachfolger Bernhards von Italien nach blutigen Auseinandersetzungen ohne päpstliche Beteiligung erhoben. Jedoch krönte Stephan IV. (816–817) Ludwig den Frommen 816 in Reims zum Kaiser.53 Das Verhältnis von Kaiser und Papst wurde mit dem Nachfolger Paschalis I. (817–824) genauer in einer Urkunde festgelegt, die nach Ludwig dem Frommen zumeist als (Pactum) Hludowicianum bezeichnet wird.54 Sie knüpfte an ältere Schutz- und Freundschaftsversprechungen an und garantierte dem Papst die römischen Kirchengüter und Hoheitsrechte, die einzeln aufgeführt wurden. Es ging außerdem um die freie Wahl des römischen Bischofs und der notwendigen Bestätigung durch den fränkischen Herrscher, was die früheren Wahlanzeigen nach Byzanz ersetzte. Insgesamt wurden recht große Freiheiten für den Papst festgelegt.

Das Hludowicianum gehört zu den „Kaiserpakten“, also denjenigen Abmachungen, die künftig meist anlässlich der Kaiserkrönung zwischen Kaiser und Papst vereinbart wurden. Sie schlossen an die Bestimmungen der Pippinischen Schenkung an und regelten entsprechend territoriale Anliegen, aber auch Fragen der Papsterhebung. Die wichtigsten erhaltenen Abmachungen dieser Art sind das Hludowicianum (817) und das Ottonianum (962), die letzte bekannte stammt von 1020.55 Teilweise wurde – so beim Ottonianum – eine Prunkausfertigung an der Confessio von St. Peter hinterlegt.

Insgesamt glichen die Bestimmungen der Kaiserpakten römische und fränkische Interessen aus. In Rom bestimmte nun zunehmend wieder der Papst, der es allerdings wenig später sogar geschehen ließ, dass zwei römische Parteigänger der Franken im Lateran ermordet wurden. Infolgedessen hielt man später päpstliche Gesandte im Frankenreich fest.56 Vielleicht wurden deshalb auch 824 die Bestimmungen des Hludowicianum noch unter Lothar I., dem Sohn Ludwigs des Frommen, der das Unterkönigtum Italien innehatte, präzisiert. 823 hatte Papst Paschalis I. den Karolinger Lothar I., der schon 817 von Ludwig nach byzantinischem Vorbild zum Mitkaiser erhoben worden war, in Rom erneut zum Kaiser gekrönt, unter dessen Nachfolger, Eugen II., wurde die Constitutio Romana beschlossen.57 Die neun Kapitel gingen wesentlich genauer als das Hludowicianum auf die praktische Herrschaftsausübung ein. Sie legten im Einzelnen fest: 1. die Sicherheit derjenigen, die unter dem speziellen Schutz von Papst oder Kaiser standen, 2. das Verbot von Plünderungen zu Lebzeiten oder nach dem Tod des Papstes, 3. die Papstwahl durch die Römer, 4. die Bestellung zweier missi (eines päpstlichen und eines kaiserlichen), die dem Kaiser über die Rechtsprechung Bericht erstatten sollten, 5. die Möglichkeit der Römer, ihr jeweiliges Recht selbst zu wählen, 6. die Erstattung der widerrechtlich, teilweise mit Billigung des Papstes entfremdeten Kirchengüter, 7. das Verbot von Räubereien und Gewalttaten an den Grenzen, 8. die kaiserliche Kontrolle der iudices und schließlich 9. die Forderung des Gehorsams gegenüber dem Papst. Anschließend folgt noch der Text eines Treueides, den der jeweilige Papst dem Kaiser vor dessen missus und dem Volk schwören solle.

Die neuen Vereinbarungen trugen den Stempel von aktuellen Auseinandersetzungen und bezogen sich stärker als das Hludowicianum auf die Stadt Rom. Es ist in der Forschung über die Bedeutung und das Verhältnis beider Dokumente zueinander gestritten worden; insgesamt begründeten sie eine stärkere Verrechtlichung der Beziehungen von Papst und Kaiser, obwohl künftige Konflikte damit nicht grundsätzlich vermieden wurden. Betrachtet man die Erhebungsberichte der Päpste in der folgenden Zeit, die Rombesuche der Herrscher oder die Kaiserkrönungen, so scheint der Papst auch durch diese Bestimmungen insgesamt an Terrain gewonnen zu haben, obwohl dies stets vom jeweiligen Gegenüber abhing, denkt man an die Konflikte bei den Erhebungen 844, 847 oder 855.58 Die Constitutio gehört aber indirekt in den Rahmen einer von 61 (62) Bischöfen besuchten römischen Synode im November 826, in der Anregungen der karolingischen Kirchen in den dort erlassenen Kanones aufgegriffen wurden.59

Geschichte des Papsttums im Mittelalter

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