Читать книгу Strafrecht Allgemeiner Teil - Klaus Hoffmann-Holland - Страница 17
ОглавлениеV. Einteilung und Erscheinungsformen der Straftaten
46Im Zusammenhang mit den Tatbeständen des Strafrecht BT können zahlreiche Unterscheidungen zwischen verschiedenen Straftaten vorgenommen werden.
1. Verbrechen und Vergehen
47Nach § 12 StGB sind Verbrechen und Vergehen anhand der Strafdrohung voneinander zu unterscheiden. Verbrechen sind gem. § 12 Abs. 1 StGB rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind (z.B. § 212 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren). Vergehen sind gem. § 12 Abs. 2 StGB rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht sind (z.B. § 223 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Die Zweiteilung der Straftaten in Verbrechen und Vergehen ist relevant für
die Strafbarkeit des Versuchs: Gem. § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, der Versuch eines Vergehens dagegen nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (so z.B. in § 223 Abs. 2 StGB für die versuchte Körperverletzung; die fehlende Bestimmung in § 185 StGB führt hingegen dazu, dass eine versuchte Beleidigung straflos ist).
den Versuch der Beteiligung, der gem. § 30 StGB nur bei Verbrechen strafbar ist.
den Verlust der Amtsfähigkeit (§ 45 Abs. 1 StGB).
48Für die Einteilung als Vergehen oder Verbrechen bleiben gem. § 12 Abs. 3 StGB Schärfungen und Milderungen des Allgemeinen Teils oder für besonders |16|schwere oder minder schwere Fälle außer Betracht. § 12 Abs. 3 StGB betrifft Fälle, in denen der Charakter des Delikts unberührt bleibt und kein eigenständiger Deliktstypus erfasst wird. Solche Milderungen finden sich im Allgemeinen Teil z.B. in §§ 13 Abs. 2, 21, 23 Abs. 2 und 3, 27 Abs. 2 S. 2, 30 Abs. 1 S. 2, 35 Abs. 1 S. 2HS2 StGB. Minder schwere Fälle im Besonderen Teil sind z.B. §§ 213, 249 Abs. 2 StGB, besonders schwere Fälle z.B. §§ 212 Abs. 2, 253 Abs. 4 StGB.
2. Qualifikationen und Privilegierungen
49Anders als bei den vom Regelungsbereich des § 12 Abs. 3 StGB erfassten Strafschärfungen und -milderungen ist der Deliktstypus betroffen, wenn eine Qualifikation oder Privilegierung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn ein Grundtatbestand durch Hinzutreten weiterer tatbestandlich beschriebener Gesetzesmerkmale so geändert wird, dass ein neuer Tatbestand entsteht, der eine höhere (dann Qualifikation) oder mildere (dann Privilegierung) Strafdrohung vorsieht. Grundtatbestände beschreiben die Grundform des Deliktstypus anhand von Mindestmerkmalen. Bsp. für eine Qualifikation ist somit die gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 StGB) gegenüber dem Grundtatbestand der (einfachen) Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB). Bsp. für eine Privilegierung ist die Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) gegenüber dem Grundtatbestand des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB).[48]
3. Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte
50Gem. § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, es sei denn, das Gesetz bedroht fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe. Dementsprechend ist zwischen Vorsatzdelikten, die voraussetzen, dass der Täter mit Vorsatz handelt (z.B. die Sachbeschädigung in § 303 Abs. 1 StGB), und Fahrlässigkeitsdelikten, die ein fahrlässiges Verhalten des Täters ausreichen lassen (vgl. etwa die fahrlässige Tötung in § 222 StGB), zu unterscheiden.
4. Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte
51Erfolgsdelikte sind solche, die tatbestandlich den Eintritt eines objektiven Ereignisses voraussetzen, den Erfolg (z.B. den Tod eines Menschen bei § 212 Abs. 1 StGB). Es gibt aber auch Straftatbestände, die keinen bestimmten Erfolg, sondern lediglich eine bestimmte Tätigkeit voraussetzen (z.B. das Tätigen einer Falschaussage in den von §§ 153, 154 StGB beschriebenen Fällen). Dies sind Tätigkeitsdelikte. Eine besondere Form der Erfolgsdelikte sind die sog. erfolgsqualifizierten Delikte, bei denen zu dem Erfolg des Grunddeliktes ein zumindest fahrlässig (§ 18 StGB) herbeigeführter weiterer Erfolg hinzutritt, |17|z.B. bei der Körperverletzung mit Todesfolge zum Verletzungserfolg des Grunddelikts der (zumindest fahrlässig verursachte) Tod des Verletzten, § 227 Abs. 1 StGB. Sie werden gem. § 11 Abs. 2 StGB als vorsätzliche Taten behandelt.
5. Verletzungs- und Gefährdungsdelikte
52Verletzungsdelikte kennzeichnen sich dadurch, dass die Tatbestandsverwirklichung eine Schädigung des Handlungsobjektes voraussetzt (z.B. Tod eines Menschen bei § 212 Abs. 1 StGB; Beschädigung einer Sache bei § 303 Abs. 1 StGB). Demgegenüber knüpfen die Gefährdungsdelikte an eine bloße Gefahrschaffung durch den Täter an. Die abstrakten Gefährdungsdelikte lassen es für die Tatbestandsverwirklichung ausreichen, dass der Täter eine Handlung vorgenommen hat, welche nach der gesetzlichen Vermutung generell gefährlich ist (z.B. Führen eines Fahrzeugs im Zustand der Fahruntüchtigkeit in § 316 Abs. 1 StGB). Die konkreten Gefährdungsdelikte setzen demgegenüber voraus, dass sich die Gefahr im konkreten Fall realisiert hat, dass es also zu einer Situation gekommen ist, in der das geschützte Rechtsgut tatsächlich gefährdet war. So liegt eine Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB nicht schon dann vor, wenn der Täter in fahruntüchtigem Zustand ein Fahrzeug führt, vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass es hierdurch tatsächlich zu einer Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert gekommen ist.
6. Begehungs- und Unterlassungsdelikte
53Begehungsdelikte sind Straftaten, die durch ein aktives Tun verwirklicht werden, während der Tatbestand von Unterlassungsdelikten durch Untätigbleiben erfüllt wird. Innerhalb der Unterlassungsdelikte ist zu unterscheiden zwischen sog. echten Unterlassungsdelikten, bei denen das strafbare Unterlassen im Besonderen Teil tatbestandlich speziell beschrieben ist (z.B. §§ 123 Abs. 1 Var. 2, 138, 323c StGB) und sog. unechten Unterlassungsdelikten. Das strafbare Unterlassen bei unechten Unterlassungsdelikten ist gesetzlich nicht speziell festgelegt, sondern in § 13 Abs. 1 StGB allgemein geregelt. Wenn jemand nicht verhindert, dass ein tatbestandlicher Erfolg eintritt, ist er nach § 13 Abs. 1 StGB hierfür nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg ausbleibt. Um Täter zu sein, muss ihn also eine besondere Pflicht, die sog. Garantenpflicht treffen. Eine solche hat bspw. ein Vater im Hinblick auf seine Kinder inne, so dass er nach §§ 212 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB wegen Totschlags durch Unterlassen schuldig ist, wenn er seinen Sohn nicht vor dem Ertrinken rettet, obwohl ihm dies möglich wäre.
|18|7. Vollendetes Delikt, versuchtes Delikt und Unternehmensdelikt
54Bei vollendeten Delikten erfüllt der Täter alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale. Beim versuchten Delikt liegt der subjektive Tatbestand (der beim Versuch als Tatentschluss bezeichnet wird) vollständig vor, während es an einem objektiven Tatbestandsmerkmal fehlt, insoweit also keine Vollendung eingetreten ist. Versucht (und nicht bloß vorbereitet) ist die Tat gem. § 22 StGB nur, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt hat.
55Unternehmensdelikte[49] sind Straftaten, bei denen nach der Legaldefinition des § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB Versuch und Vollendung gleichgestellt sind. Echte Unternehmensdelikte enthalten schon im gesetzlichen Tatbestand den Begriff „unternehmen“. Bei unechten Unternehmensdelikten fehlt dieser Begriff zwar, aber aus der Tatbestandsformulierung ergibt sich, dass die Vollendung schon bei Vornahme der Tathandlung gegeben sein kann, z.B. bei der Jagdwilderei gem. § 292 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB, die voraussetzt, dass dem Wilde nachgestellt wird (ohne dass es gefangen oder erlegt werden muss).
8. Allgemeindelikte und Sonderdelikte
56Bei der Einteilung der Delikte kann auch hinsichtlich des potenziellen Täterkreises unterschieden werden. Die meisten Delikte des StGB können von „jedermann“ verwirklicht werden und stellen daher Allgemeindelikte dar. Daneben existiert aber auch eine Reihe von Tatbeständen, deren Begehung von vornherein nur einem ganz bestimmten Täterkreis möglich ist, die sog. Sonderdelikte. So kann bspw. eine Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) nur ein Amtsträger begehen und eine Verletzung von Privatgeheimnissen nur durch eine der in § 203 Abs. 1, 2 StGB ausdrücklich genannten Personen verwirklicht werden.
9. Dauer- und Zustandsdelikte
57Im Strafrecht kann zeitlich zwischen der (grundsätzlich straflosen) Vorbereitungshandlung, dem Versuch, der Vollendung und der Beendigung unterschieden werden (hierzu noch Rn. 611ff.). Diese Unterscheidung wirkt sich bei den Dauer- und Zustandsdelikten aus. Bei den Zustandsdelikten ist mit der Vollendung, d.h. der Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale, grundsätzlich auch die Beendigung eingetreten. Bsp. für ein Zustandsdelikt ist die Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB. Dort kommt es mit Vornahme der Tathandlung zum Verletzungserfolg, die Tat ist gleichzeitig vollendet und beendet. Anders ist dies bei den Dauerdelikten. Dort fallen die Zeitpunkte der Vollendung und Beendigung auseinander. Der Täter hält den rechtswidrigen Zustand aufrecht und lässt dadurch den von ihm herbeigeführten Erfolg fortdauern. Ein Bsp. |19|für ein Dauerdelikt ist die Freiheitsberaubung nach § 239 StGB. Dort tritt mit der Tathandlung ebenfalls ein rechtwidriger Zustand (der Verlust der Freiheit) ein, dieser kann aber vom Täter aufrechterhalten werden. Beendet ist die Freiheitsberaubung daher erst dann, wenn das Opfer seine Freiheit wieder erlangt.[50]
10. Eigenhändige Delikte
58Einzelne Tatbestände im Besonderen Teil des StGB können nur durch eigenhändige Ausführung der Tathandlung durch den Täter erfüllt werden. Dazu gehören bspw. die Aussagedelikte nach §§ 153ff. StGB. Derjenige, der die Tathandlung nicht selbst ausführt, kann nicht Täter des eigenhändigen Delikts, sondern allenfalls Teilnehmer sein.[51]