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a) Anwendung des Territorialitätsprinzips bei einzelnen Deliktsgruppen
Оглавление63Unproblematisch gestaltet sich die Anwendung der §§ 3, 9 Abs. 1 StGB in der Regel bei vollendeten Begehungs- und schlichen Tätigkeitsdelikten.[58] Während hinsichtlich Ersterer deutsches Strafrecht Anwendung findet, wenn der Täter im Inland gehandelt hat und/oder der Erfolg im Inland eingetreten ist, ist für Letztere allein entscheidend, ob der Täter im Inland gehandelt hat. Bleibt die Tat im Versuchsstadium stecken, findet deutsches Strafrecht Anwendung, wenn der Täter die seine Strafbarkeit begründende Handlung im deutschen Inland vorgenommen hat und/oder der Erfolg nach der Vorstellung des Täters in selbigem eintreten sollte. Bei Unterlassungsdelikten erfolgt die Prüfung des deutschen Strafanwendungsrechts grundsätzlich parallel zu den Begehungsdelikten, jedoch liegt der Handlungsort hier nicht an dem Ort, an dem der |21|Täter gehandelt hat, sondern an demjenigen, an dem er hätte handeln müssen.[59] Ein zusätzlicher Erfolgsort wird bei den erfolgsqualifizierten Delikten durch den Ort begründet, an dem die besondere Folge eintritt.
64Schwierigkeiten bereitet die Anwendung des § 9 Abs. 1 StGB auf Gefährdungsdelikte. Unproblematisch anwendbar ist deutsches Strafrecht auch bei diesen, wenn der Handlungsort im Inland liegt, also bspw. ein PKW-Fahrer mit einer BAK von 1,4 ‰ durch Berlin fährt und hierdurch den objektiven Tatbestand von § 316 Abs. 1 StGB erfüllt. Für die Frage, ob die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auch unter Anknüpfung an den Erfolgsort begründet werden kann, ist demgegenüber entscheidend, ob ein konkretes oder abstraktes Gefährdungsdelikt vorliegt. Die konkreten Gefährdungsdelikte setzen für die Tatbestandsverwirklichung voraus, dass es tatsächlich zum Eintritt einer konkreten Gefahr kommt. Da sie mithin einen Erfolgsort vorsehen, kann deutsches Strafrecht über § 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB auch dadurch zur Anwendung gelangen, dass der Gefährdungserfolg im deutschen Staatsgebiet eintritt. Demgegenüber knüpfen die abstrakten Gefährdungsdelikte die Strafbarkeit allein an die Vornahme einer gefährlichen Handlung, unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer gefährlichen Situation gekommen ist. Dementsprechend wird teilweise vertreten, dass abstrakte Gefährdungsdelikte über keinen Erfolgsort i.S.v. § 9 Abs. 1 StGB verfügen und der Tatort somit allein durch den Handlungsort bestimmt wird.[60] Demgegenüber verweist die Gegenauffassung zutreffend darauf, dass auch die abstrakten Gefährdungsdelikte eine Erfolgskomponente aufweisen, nämlich das potenzielle Umschlagen in eine konkrete Gefahr oder eine Rechtsgutsverletzung.[61] Somit ist auch bei den abstrakten Gefährdungsdelikten der Tatort nicht nur am Handlungsort begründet, sondern auch an denjenigen Orten, an denen die Gefahr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in eine nachteilige Veränderung des geschützten Rechtsgutes umschlagen kann. Keinerlei Schwierigkeiten entstehen dementsprechend auch bei den abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikten, die eine bestimmte Eignung einer an sich abstrakten Gefahr voraussetzen (vgl. etwa § 130 Abs. 1 StGB: Eignung zur Gefährdung des öffentlichen Friedens). Der Erfolgsort ist hier an jedem Ort begründet, an dem die vom Tatbestand geforderte Eignung festgestellt werden kann.[62]