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3. Verhältnis zum Angeklagten

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Durch Nichts und Niemanden darf sich der Vertheidigerabhalten lassen, das für den Schutz seines Clienten Nothwendigevorzukehren, auch nicht durch den Beschuldigten selbst(Vargha Die Vertheidigung in Strafsachen, 1879, § 215)

Das Verhältnis des Verteidigers zu seinem Mandanten, die „Vertrauensfrage“, der Umgang mit dem Tatverdacht und dem Zweifel, sind schwierige und grundsätzliche Fragen, die den Rahmen von Ausführungen zur Hauptverhandlung sprengen würden, und die in der Regel auch bereits bei der Anbahnung und der Begründung des Mandatsverhältnisses, jedenfalls nicht erst in der Hauptverhandlung, zu klären sind.[27] Sympathisch erscheint mir im Umgang mit dem Zweifel an scheinbar „unglaublichem“ Mandantenvorbringen die Auffassung, Strafverteidiger seien letztlich alle Agnostiker (oder sollten es sein), indem sie sich zum Zweifel bekennen und der Gewissheit verweigern.[28] Engagierte Interessenvertretung bedeutet indessen nicht die völlige Identifizierung mit dem Mandanten. Hat er Zweifel an der Sachverhaltsversion seines Mandanten, so muss er diese ihm gegenüber äußern. Über die Verurteilungswahrscheinlichkeit, die häufig vom Mandanten erfragt wird, muss der Verteidiger, wenn er dazu in der Lage ist, eine realistische Einschätzung abgeben. Alles andere wäre nicht nur ein Vertrauensbruch, sondern ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten.[29]

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Der Verteidiger ist auch gegenüber dem Angeklagten selbständig und, was die Verteidigungsführung im Einzelnen angeht, nicht weisungsabhängig. Besonders wichtig ist daher eine rechtzeitig vor der Hauptverhandlung besprochene gemeinsame Verteidigungsstrategie, die vom Verteidiger und vom Mandanten getragen wird. Ist dies nicht möglich, so muss das Mandatsverhältnis beendet werden, und zwar so rechtzeitig, dass dem Mandanten hieraus kein Schaden entsteht.[30] Treten Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten während der Hauptverhandlung auf, etwa weil der Angeklagte zu einer dem Verteidiger bekannten Lüge greift, so sollte es jener im Interesse seines Mandanten tunlichst vermeiden, diese Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung auszutragen. Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Spaltung die Verteidigungsposition insgesamt schwächt. Außerdem verbieten es die anwaltliche Beistands- und Schweigepflicht, dass der Verteidiger die Lügen seines Mandanten korrigiert, sich distanziert oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, dass der Angeklagte wahrheitswidrig aussagt.[31] Der Verteidiger kann in einem solchen Fall allenfalls eine kurze Unterbrechung der Hauptverhandlung beantragen, um in einem Gespräch mit dem Mandanten unter vier Augen die Sache zu klären. Er muss sich hierbei seiner Führungsposition bewusst sein, die sich aus seiner professionellen Kenntnis und Erfahrung herleitet, und diese auch dem Mandanten nochmals deutlich machen. Lässt sich eine Klärung nicht herbeiführen, weil der Mandant auf seinem Standpunkt beharrt (z.B. entgegen der Prozessvorbereitung eine für ihn objektiv schädliche Erklärung abzugeben), so befindet sich der Verteidiger in einem Dilemma, das nur unter dem Gesichtspunkt des geringst möglichen Schadens für den Mandanten zu lösen sein wird. Eventuell kann eine Erklärung des Verteidigers etwas retten. Die Niederlegung des Mandats in der Hauptverhandlung sollte jedenfalls nicht vorkommen.[32]

Teil 2 AllgemeinesIV. Die Stellung des Verteidigers und sein Verhältnis zu den Prozessbeteiligten › 4. Verhältnis zu Verteidigerkollegen, gemeinsame Verteidigung

Verteidigung in der Hauptverhandlung

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