Читать книгу ok ist eh ok - Klaus Nüchtern - Страница 14
Umweltschutzkrippenspiele, nicht mit mir!
ОглавлениеMeine Geneigtheit, mich fürs eigen Fleisch und Blut zum Deppen zu machen, geht fraglos weit, ist aber auch nicht grenzenlos. Zwar halte ich die schleichende Umrüstung von Erziehungs- und Bestrafungsinstitutionen wie Schule und Elternhaus zu pädagogischen Dienstleistungszentren für ein ausgesprochen fragwürdiges Unterfangen, aber selbstverständlich erfülle ich nach kleinen cholerischen oder selbstmitleidigen Ausbrüchen zur Aufrechterhaltung eines letzten Rests von Selbstachtung fast jeden Wunsch auf dem Cateringsektor. Gerne trage ich also den mit Mandarinenschalen und Konfektstanniol überhäuften Teller in die Küche, reinige ihn dort mit einem Spülmittel der präferierten Duftnote (Ingwer-Lemongrass oder Bratapfel-Zimt) und serviere darauf den bestellten TV-Snack: diesfalls ein granatapfelkerngefülltes Bugles-Nacho-Käse-Stanitzel auf Mascarpone-Erdbeermarkfruchtspiegel mit Esterházy-Muster.
Auch zu persönlichen Verzichtsleistungen bin ich bereit, wenn sie nur der Umwelt, dem Weltfrieden und der Beruhigung des töchterlichen Gewissens dienen. Zwar habe ich mir schon als Sechsjähriger einen Philishave gewünscht, aber angesichts eines Bartwuchses, der locker von jeder unblonden 16-Jährigen überboten wird, die südlich von Treibach-Althofen auf die Welt gekommen ist, tut’s ein Nassrasierer mit Dreifachklinge auch. Gewiss, das Leben verliert an Geschmack und Glamour, wenn man der walfleischspeckgefüllten Klappstulle jäh entraten muss und zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit soll, anstatt den Miniscooter oder die Igeleskorte zu nehmen, aber wird man durch das ökologisch selbstgefällige Glänzen von Kinderaugen nicht reichlich entschädigt? Ja, von mir aus. Aber am Sonntag um fünf nach acht sämtliche Lichter ausmachen – nein, das ist mir jetzt echt zu blöd! Das lass ich mir nicht von meiner Tochter und schon gar nicht von irgendwelchen popeligen Boulevardzeitungen anschaffen, die sich nach mitteleuropäischen Binnenländern benennen. Es ist für die Umwelt?! Die Umwelt kann mich mal!! Ich habe monatelang mit schimmelndem Biomüll in einer Küche gelebt, während die sauberen Sudelredakteure des erwähnten Bumsblattes mit ihren SUVs großohrige Landwirbeltiere plattgefahren und bei hochwattiger Festbeleuchtung ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Dronten gehabt haben. Die sollen mir mit ihren tränendrüsendrückenden Umweltschutzkrippen-spielen vom Leib bleiben – bigotte Saubande!