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Mein erstes und letztes Vorwort

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Neulich bin ich von einem Kollegen, einem österreichischen Kultkolumnisten, um ein Vorwort zu seiner neuen Kolumnensammlung gebeten worden. Das ist ein netter Herr, nicht mehr ganz jung, also habe ich zugesagt, obwohl es ja, glücklicherweise, viele nette, nicht mehr ganz junge Herren gibt auf der Welt. Wenn die alle Vorworte wollen, dann gute Nacht.

Warum hat Schiller keine Vorworte für Goethe geschrieben? Warum schreibt Walser keine Vorworte für Grass? Das ist ein minderes Genre. Ein Buch ist ein Baum. Eine Kolumne ist eine Staude. Ein Vorwort ist Löwenzahn. Vorworte reißen es irgendwie nicht. Nachrufe – ja! Aber ich wünsch keinem was Böses.

Also: Dies ist, ich schwöre es, das einzige Vorwort, das ich in meinem Leben verfasse. Sollte morgen Wolf Haas kommen, sage ich nein, sollte übermorgen Grass kommen, antworte ich nicht mal. Ich schreibe auch kein Supervorwort, ich schreibe eines, das gerade mal okay ist. Okay ist okay, es muss nicht immer super sein.

In den Kolumnen, die ich dann zugeschickt bekommen habe, ist mir als Erstes aufgefallen, dass darin vom Berliner Landwehrkanal die Rede ist, da wohne ich, und von der Schriftstellerin „Svealena Kutschke“. Dies ist in der vorliegenden Sammlung mein Lieblingsname und das exakte Gegenteil von „Klaus Nüchtern“. Eine Svealena Kutschke kann doch gar nicht poetischer oder origineller oder in sich Gebrochener schreiben, als sie sowieso schon heißt. Am besten zum Publizieren geeignet sind erwiesenermaßen klare, facetten- und spannungsarme Namen wie „Schiller“, „Grass“, „Haas“ oder „Nüchtern“, da kann man sich im Text noch steigern, auch wenn es nicht jedem gelingt. Witze über Namen – das ist unterste Schublade. Nun, gebt den Leuten eine Kommode, und sie werden die unterste Schublade öffnen.

Zu der Kunstform Kolumne ist zu sagen, dass sie kurz ist und nicht sehr systematisch und dass der Kolumnist immer über sich selber schreibt. Angeblich schreiben Kolumnisten über alles, in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall, sie schreiben immer über das Gleiche, ihre Befindlichkeit, aber jedes Mal auf eine andere Weise. Die Schallplatte, die der Kunstform Kolumne am nächsten kommt, stammt von der slowenischen Band Laibach und enthält zwölf verschiedene Versionen des Songs „Sympathy for the Devil“. Je länger man eine Kolumne schreibt, desto schwieriger wird es übrigens, das ist ähnlich wie beim Schraubenzudrehen.

Klaus Nüchtern, der das schon sehr lange tut, wobei er die Qualität nicht nur hält, sondern eher verschärft, ist wieder so ein Großer, Dünner. Österreicher sind ja seltsamerweise fast immer entweder ewig schlaksig und bubenhaft wie Udo Jürgens und Jörg Haider oder fett wie Hermes Phettberg und Helmut Qualtinger. Als ich unlängst erwachte, lag meine Frau neben mir und sagte: „Wenn du dich jetzt in einen Österreicher verwandelst, dann habe ich entweder großes Glück oder großes Pech. Also lass es lieber.“

Meine Lieblingssätze aus der vorliegenden Sammlung:

3. Gebt den Leuten eine Kommode, und sie werden die unterste Schublade öffnen. 2. Okay ist okay, es muss nicht immer super sein. 1. Als ich unlängst erwachte, lag meine Frau neben mir. Mein Lieblingswort aus der vorliegenden Sammlung: Popscherldoktor.

Harald Martenstein

ok ist eh ok

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