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„Naja, muss ja. Und selber?“
ОглавлениеWenn Dirk Merbach, der Artdirector des Falter, und ich einander nach längerer Pause wieder in den Redaktionsräumlichkeiten begegnen, pflegen wir rituell den Standard sinnentleerter minimalistischer Bürokommunikation zu erfüllen: „Und?“ „Naja, muss ja. Und selber?“
Eh. Irgendwie muss man das alles ertragen, über die Runden kommen, zugleich aber auch aufpassen, dass das Leben nicht zu einem einzigen „Naja, muss ja“ verkommt. Die Zeit eilt im Sauseschritt, und man eilt mit, sollte aber doch unterwegs ein paar Pflöcke einschlagen und ein paar Faxen machen. Das ist auch der Grund, warum nun bereits der fünfte Sammelband mit Kolumnen erscheint: „Naja, muss ja. Und selber?“
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich mach das gerne. Ich muss das nicht machen, aber wenn ich schon mal da bin, kann ich auch gleich jahraus, jahrein Kolumnen schreiben. Und nachdem der Verlag meinen Hinweis, dass es jetzt wieder Zeit wäre, ein Buch draus zu machen, mit einem wohlwollenden „Okaaay“ quittierte, und ich darüber hinaus den Eindruck habe, dass jene Teile der Weltbevölkerung, in die Einblick zu haben ich mir einbilde, diesem Projekt eventuell nicht ganz unfreundlich gegenüberstehen, wird das jetzt eben einfach gemacht.
In einer wohlwollenden und, wie ich finde, klugen Besprechung (und das muss durchaus nicht Hand in Hand gehen) eines meiner ersten Kolumnenbände gefiel es dem Rezensenten, die Regellosigkeit des darin Versammelten und die Einsicht des Autors herauszustreichen, dass Kolumnenschreiben im Grunde vollkommen „pointless“ sei. But is it? Schon klar, das Zeug jener abertausenden Spaßvögel, Edelfedern und Gesinnungsclowns, die das auch machen, ist – von einigen glänzenden Ausnahmen abgesehen – totaler Mist, Müll und Missbrauch von Materie, aber meine Sächelchen sind mitunter doch ganz hübsch.
Es stimmt auch nicht ganz, dass ich damit nichts wollen würde. Es geht mir schon – worum sonst? – ums Gute, Wahre und Schöne. Ich versuche bloß, mich zwischen dem leitartikelnden Gedröhne der Bescheidwisser und dem relativistischen Gefasel postmoderner Weiß-auch-nicht-so-Genaus mit ein bisschen Anmut hindurchzuschlängeln. Als Schmiermittel gelangt dabei unter anderem (Selbst-)Ironie zum Einsatz, die aber oft missverstanden wird. Sie ist nämlich nicht dazu da, um sein Leben ständig in Gänsefüßchen zu setzen und – „kicher, kicher!“ – gegen jedes Ernsthaftigkeitsansinnen und jegliche Kritik zu immunisieren. Eher schon dient sie dazu, ernst sein zu dürfen, ohne Ernst machen zu müssen. Die Ironie, die ich meine, ironisiert vielleicht schon wieder die Ironie, indem sie deren zum Zwang und zur Manier gewordene Uneigentlichkeit unterläuft und etwas auch genau so meint, wie’s gesagt ist. Ich glaube, darüber sollten wir alle gemeinsam ein bisschen nachdenken.
Klaus Nüchtern